Bildschirmfoto 2019 05 27 um 21.36.19Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. Mai 2019, Teil  8

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – WAS TUT SICH IM DEUTSCHEN FILM ist eine Reihe im Deutschen Filmmuseum Frankfurt, in der Urs Spörri meist den Regisseur, sonst Autoren oder Schauspieler dazu bringt, über ihren Film noch all das zu erzählen, was die Zuhörer und Zuschauer gerne erfahren wollen. Zeitlich ideal ist es, wenn, wie diesmal am Sonntagabend, der Film SUNSET OVER HOLLYWOOD gezeigt wird, der gerade am letzten Donnerstag in die deutschen Kinos kam.

Sonntagabend? Ja, nicht nur wegen des Tatorts ein schwieriger Termin, sondern diesmal durch die Europawahlen zusätzlich beschwert. Aber das hinderte Regisseur Uli Gaulke kein bißchen, aus dem Vollen zu schöpfen, wobei erst Rudolf Worschech (EPD Film) mit ihm ein Fachgespräch führte und dann die Diskussion mit dem Publikum folgte. f beigeUm 20.15 begann die Veranstaltung, die um 23.30 immer noch nicht zu Ende war...

Begonnen hatte es völlig anders und Urs Spörri der das ausgeheckt hatte, lachte am lautesten, als sein Konzept so aufging. Er bindet nämlich bei der von ihm betreuten Reihe jeden der Filme im WAS TUT SICH IM DEUTSCHEN FILM mit einem möglichst passenden Kurzfilm zusammen. Das ist schon eh eine gute Idee, denn oft gehen Kurzfilme einfach unter. Hier aber ergab sich mit dem Kurzfilm BEIGE von Sylvia Hohlbaum ein kongenialer Filmabend. Sie hat ihren 14minütigen Kurzfilm 2012 der Einheitsfarbe der Kleidung der Rentner gewidmet: BEIGE. Genau. Gleich fällt es einem wieder ein, daß das auf einen Schlag, meist noch dazu als Freizeitlook mit Westen und Mäntelchen, einem vor vielen Jahren selbst aufgefallen war. Die Ausgangssituation stimmte also schon mal und die Massenauftritte von Gebeigten und Vollgebeigten ist so hinreißend, zumal ein ausgesprochen kreativer Sprachgebrauch das Visuelle spiegelt.

Man muß an sich halten, nun nicht die ganzen witzigen Szenen, die Sylvia Hohlbaum unter Einbezug ihres Vaters und ihrer eigenen Person einfallen sind, erzählen zu wollen. Doch geht es ja an diesem Abend um SUNSET OVER HOLLYWOOD und darum nur der Hinweis, daß sich auch Uli Gaulke köstlich amüsierte und wie alle feststellte, wie gut dieser Vorfilm zu den Rentnern aus Hollywood paßt, gerade deshalb, weil dort niemand mit und in Beige zu sehen war!

Bildschirmfoto 2019 05 27 um 21.36.29Nach dem Film begann der Regisseur erst einmal zu berichten, wie er überhaupt auf die Idee kam, über dieses Altersheim einen Film zu drehen, das schon daniederlag und insolvent war und nur im Kraftakt von einigen prominenten Schauspielern und ihrem Geld gerettet und saniert wurde. Insgesamt hat sein ständiger und bewährter Kameramann Axel Schneppat 40 Stunden Filmmaterial angesammelt während der insgesamt vier Aufenthalte, die der Regisseur mit seiner Mannschaft im Altersheim zubrachte. Sich daraus auf einen Film von 96 Minuten zu beschränken, setzt ein Konzept des Schneidens des endgültigen Films voraus, das man im Nachhinein auch als Zuschauer erkennt und auf das Uli Gaulke auch zu sprechen kommt.

Er hat sich auf die Personen und Interviews mit ihnen beschränkt, die einerseits das Zusammenleben in diesem Altersheim charakterisieren und andererseits den kreativen Ansatz verdeutlichen, der durch Projekte die Filmarbeit der Senioren weiterführen, wie in der Filmbesprechung am Beispiel des Workshops herausgestellt wurde: den Kultfilm CASABLANCA weiterzuentwickeln, in dem sich Rick und Ilsa wiedersehen.

Zu den ausgewählten Personen, die weiter unten personell aufgezählt sind, hat Uli Gaulke nun noch viel zu erzählen, aus dem auch deutlich wird, warum er gerade diese im Film vorstellt. Die älteste Mitbewohnerin und absolute antibeige Schauspielerin Connie Sawyer, mit der der Film beginnt, ist mit 105 Jahren noch vor der Premiere gestorben, aber alle anderen haben den Film und sich in ihm sehen können, auch wenn das Sterben weitergeht und auch das zärtlichste und witzigste Liebespaar des Films auseinandergerissen ist. Das ist der Produzent Joel Rogosin und seine Frau Deborah, einst Psychotherapeutin. Wie beide vorsichtig mit zärtlichem Sprachwitz und Berührungen sich gegenseitig gute Laune machen und uns auch, kann der Film wundbar vermitteln. Er ist nun schwer krank und sie verzweifelt. Um so dankbarer ist sie für die Übersendung des Filmmaterials von beiden, das ihr Uli Gaulke zusandte.

Zwischen den Geschichtenerzählern aus dem Altersheim kommen auch andere in Interviews zu Wort, wobei uns persönlich Daniel Selznick besonders gefiel, weil er kleine Geschichten von bekannten Leuten weitererzählte. Nie gewußt zum Beispiel, daß der von ihm geförderte Film von George Lucas AMERICA GRAFFITI 75 000 Dollar gekostet hatte, aber sechs Millionen einspielte und damit der im Verhältnis finanziell erfolgreichste Film aller Zeiten wurde. Mit STAR WARS wurden die Filme von Lucas dann allerdings wesentlich teurer. Aber da mußte ihn schon keiner mehr fördern...

Fotos:
1+3 © Verleih
2 © vimeo.com
Info:
Connie Sawyer
SCHAUSPIELERIN
Tony Lawrence
AUTOR UND PRODUZENT
Madie Smith
SCHAUSPIELERIN
Dena Dietrich
SCHAUSPIELERIN
Anne Faulkner
SCHAUSPIELERIN
Daniel Selznick
PRODUZENT
Wright King
SCHAUSPIELER
Joel Rogosin
PRODUZENT
Deborah Rogosin
PSYCHOTHERAPEUTIN
Jerry Sedley Kaufmann
REGISSEUR
Phil Haberman
EDITOR
Brett Hadley
SCHAUSPIELER
Ted Witzer
AGENT
Maggie Malooly
SCHAUSPIELERIN
Duke Anderson
TONMEISTER