f britt1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. Juni 2019,      Teil 11

Redaktion

Stockholm (Weltexpresso) - Im Moment sind Pernilla August und Tuva Novotny mit dem Film Britt-Marie war hier auf der Leinwand zu sehen. Ein berührender Film darüber, aufzubrechen und sich zu trauen, seine Träume zu leben. „Es ist ein tolles Gefühl, das schwedische Filmjahr mit einem echten Girlpower-Film über ein 60jähriges Mädel zu eröffnen“, sagt Tuva Novotny.

Vor ziemlich genau einem Jahr wurde bekannt, dass Fredrik Backmans zweiter Roman Britt-Marie war hier verfilmt werden soll. Und das, nachdem die erste Verfilmung von Ein Mann namens Ove ein richtiger Kassenschlager war – mit über 1,7 Millionen verkauften Eintrittskarten in Schweden, drei Guldbaggar (dem schwedischen Filmpreis) und einer Oscarnominierung.

Dieses Mal führt jedoch nicht Hannes Holm Regie, sondern Tuva Novotny – und dies ist ihr erster schwedischer Spielfilm als Regisseurin. Die weibliche Hauptrolle spielt keine Geringere als Pernilla August.

„Mich freut es besonders, dass es sich um einen Film handelt, den man gerne mit anderen Leuten anschaut. Ein Familienfilm mit einer tiefgründigen Botschaft, der alle Altersgruppen anspricht“, erklärt Pernilla August.

Der Film hat am 25. Januar Premiere in Schweden und handelt von Britt- Marie. Eine Frau 60 plus, die mehr oder weniger dafür lebt, die Wohnung zu putzen und den Mann, mit dem sie die letzten 40 Jahre verbracht hat, zu umsorgen. Punkt sechs steht das Essen auf dem Tisch und die Hemden wäscht und bügelt Britt-Marie stets auf ein und dieselbe Art und Weise. Doch als Britt-Marie ihren Mann mit einer jüngeren Frau ertappt, fasst sie plötzlich einen Entschluss: Sie schmeißt ihr Hausfrauenleben kurzerhand hin.

Kurze Zeit später landet sie in der kleinen Gemeinde Borg und findet dort eine Anstellung als Freitzeitbetreuerin Jugendbetreuerin und Fussballtrainerin.

Ordnung ist dort Mangelware und Britt-Marie wird gezwungen, sich mit sich selbst und mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen. Nach und nach verwandelt sich ihre tiefe Verzweiflung in Hoffnung - und bald merkt Britt- Marie, dass es nie zu spät ist, ihr Leben in die Hand zu nehmen.

„Es ist schon lange Zeit klar gewesen, dass uns Frauen auf der Leinwand fehlen – wenn es dann endlich mal eine weibliche Hauptfigur gab, stellte sich heraus, dass es sich um überintelligente, durchtrainierte Superfrauen handelt. Deshalb ist es mir so eine Freude, das schwedische Filmjahr 2019 mit einem Film über eine starke Frau zu eröffnen. In Lara Croft aus Tomb Raider findet man sich nicht wieder, in Britt-Marie durchaus“, sagt Tuva Notvotny.

Britt-Marie war hier ist also eine Geschichte über den Mut zum Träumen – mit der Botschaft, dass es nie zu spät ist, Dinge zu ändern, die aus dem Ruder gelaufen sind. Egal, wie alt man ist, wo man wohnt und wie man lebt. Aber woran liegt es, dass wir das Filmjahr 2019 mit einem Streifen über eine „ganz normale Frau“ einläuten? Tuva Novotny glaubt, dass die #metoo-Bewegung eine große Rolle gespielt hat.

„Seit ich im Filmgeschäft bin, erlebe ich einen ständigen Kampf gegen die Ideale, die in der Branche gängig sind. Und dass man diese Ideale dank #metoo immer in Frage stellt, ist ein befreiendes Gefühl. Diese Entwicklung bahnt den Weg für neue Geschichten - anders als diejenigen, die wir üblicherweise zu hören bekommen. Wenn ich ehrlich sein soll, würde ich sagen, dass es vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen wäre, einen Film über Britt-Marie zu machen“, sagt Tuva Novotny.

Auch wenn Britt-Marie einem näher steht, als Lara Croft, hat Pernilla August sich schwer getan, in diese Rolle zu schlüpfen. „Ich mag Britt-Marie unheimlich. Sie liegt mir wirklich am Herzen. Aber ehrlich gesagt war mir eine Rolle noch nie so fremd wie diese. Britt-Marie ist wie von der Gesellschaft ausgeschlossen und lebt ein völlig anderes Leben, als ich. Ich bin ein Mensch, der in seinem Beruf aufgeht – sie hingegen ist die klassische Hausfrau, die sich ein Leben lang um Mann und Heim gekümmert hat“, erklärt Pernilla August.

Um in ihre Rolle zu finden und sich in Britt-Marie zu verwandeln, spielte die Kleidung der Figur und ihr Aussehen eine große Rolle. Mit der Kostümbildnerin Kicki Ilander näherte sich Pernilla August der Person Britt- Marie an und sie waren sich einig, dass sie nicht das Alte-Tanten-Klischee mit Stock, Tasche und Hut aufwärmen wollten.

„Britt-Marie ist ja nur zwei Jahre älter als ich. Und ich laufe nicht mit Stock durch die Gegend“, argumentiert Pernilla August.

Nach langem Überlegen kamen sie zu der Entscheidung, dass Britt-Marie am liebsten etwas zu kleine Kleidung und 7/8-Hosen trägt - und diese gern bunt.

„An der Stelle hatte ich mit meiner eigenen Eitelkeit zu kämpfen. Heutzutage will man gern noch gut dastehen, auch wenn man älter wird. Ich erlebe es selbst so, dass man andauernd an den Klischees von Schönheit und Jugend gemessen wird. Aber für eine Schauspielerin ist es wichtig, sich zu trauen, in wirklich in eine Rolle einzusteigen, den Bauch nicht mehr einzuziehen und den Menschen hinter der Fassade zu zeigen.“

Vor ihrem Regiedebüt in Schweden hat Tuva Novotny in dem Drama Blind Spot Regie geführt. Ihr norwegisches Debüt, das in dieser Woche nun auch in Schweden Premiere feiert. Und im Herbst ist sie als Schauspielerin in dem dänischen Streifen Suicide Tourist zusammen mit dem Game of Thrones- Schauspieler Nikolaj Coster-Waldau zu sehen. Zudem steht Tuva Novotny in den Startlöchern für ihren nächsten dänischen Film.

„Ich liebe es, die Regiearbeit und die Schauspielerei zu kombinieren. Da kann ich eine Zeitlang einen Nine-to-Five-Job machen und habe einen geregelten Tagesablauf, was mir sehr entspricht. Dann kommen die nächsten Dreharbeiten und es geht ganz unregelmäßig mit der Arbeit weiter. Das stellt für mich zeitweise eine riesige Herausforderung dar.“

Pernilla August hingegen hat vor, es in der nächsten Zeit etwas ruhiger angehen zu lassen. „Ich habe den ganzen Herbst über wahnsinnig viel gearbeitet, so dass ich mir jetzt eine Pause gönne und mich darauf konzentriere, Manuskripte zu lesen, Energie zu tanken und neue Inspiration zu finden. Mein nächstes Projekt, das ich ins Auge fasse, wird sicherlich eine Regiearbeit für Film und Fernsehen werden.

Fotos:
© Verleih

Info:
VOR DER KAMERA
PERNILLA AUGUST (Britt-Marie)
PETER HABER (Kent)
ANDERS MOSSLING (Polizist und Sven)
MALIN LEVANON (Bank)

HINTER DER KAMERA
TUVA NOVOTNY (Regie & Drehbuch)
FREDRIK BACKMAN
JONAS ALARIK (KAMERA)
NICKLAS WIKSTRÖM NICASTRO (Produktion)

Aus der schwedischen Frauenzeitschrift Må bra, Januar 2019
Abdruck aus dem Presseheft