f verachtungSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. Juni 2019, Teil 18

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zugegeben, hierbei bin ich nicht objektiv. Ich kenne die Fälle für Carl Mørck aus den dicken Bänden von dtv, die deutsche Erstausgabe von VERACHTUNG gab‘s 2012 und 2013 kam dann die erste Verfilmung, also ERBARMEN , die am 23. Januar 2014 mit großem Erfolg in Deutschland anlief.

Ich bin deshalb nicht objektiv, weil ich seit dem ersten Film und dem Gespann Nikolaj Lie Kaas als ewig schlecht gelaunter Carl Mørck und Fares Fares als dessen willigen Gehilfe und Fußabtreter Assad, die folgenden Romane über die beiden – gerade kommt auf Deutsch der achte Fall heraus – nie wieder lesen konnte, ohne diese beiden Gesichter und ihr gegenseitiges Verhältnis vor mir zu sehen. Darum kann man auch nicht ernst nehmen, was als Mißton den Beginn begleitet, will doch Assad in eine andere Abteilung wechseln, - mehr Geld, Aufstieg - ,weshalb für den neuen Fall, der sich auftut, nur noch sieben Tage Aufklärung zeit bleiben. Die schlechte Laune Carl Mørcks muß wieder einmal die Sekretärin/Assistentin Rose (Johanne Louise Schmidt) kompensieren, die ihr Möglichstes tut und auch unter dem Weggang Assads leidet.

Das wissen wir doch dank unserer Lektüre besser, nie wird Assad das Sonderdezernat Q verlassen, denn das Mienenspiel zwischen Carl und Assad ist der stimmige Grundton dieser Kriminalromane, die sich nun immer unbedingt Thriller nennen müssen, auf jeden Fall im Titel allein den Namen Carl Mørcks tragen. Und beim Niederschreiben fällt einem ein, daß es gut sein kann, daß dieser Assad durch die geniale Darstellung Fares Fares‘ ein zunehmend stärkeres Gewicht bekommen hat. Fares auf jeden Fall hat für seinen Assad im vorliegenden Film in Dänemark den Preis als bester Nebendarsteller gewonnen.

Die Geschichte selbst ist wüst und greift tief in die bis heute nicht völlig aufgeklärte Geschichte Dänemarks zu Zeiten deutscher Besatzung, bzw. den faschistischen Wurzeln in Dänemark selbst, die, da nie aufgearbeitet, mit dem Begriff der Herrenrasse auch nach 1945 Unheil trieb. Wer das zuvor schon weiß, wird nicht so schockiert sein, wie andere, die auf einmal im Film erleben, daß es dänische Rassisten gab und gibt. Belassen wir es bei der Vergangenheit, die hier auf die Sechziger Jahren festgelegt sind. Es wird nämlich von Handwerkern ein zugemauerter Raum entdeckt, der für andere nicht sichtbar, nun etwas Schauriges enthüllt. Drei mumifizierte Leichen, gefesselt, sitzen um einen Eßtisch und haben als Festmahl ihre eigenen Geschlechtsorgane vor sich: zwei Männer und eine Frau und ein leerer Stuhl.

Das Ganze ist zugeschnitten auf das Sonderdezernat Q, und die gerufenen Mørck und Assad finden erst einmal viele Papiere vor, die sofort die Leichen identifizieren helfen. Es geht einmal um Nete Hermansen, die Prostituierte Rita Nielsen und den Anwalt Philip Nørvig. Aber wer auf dem vierten Stuhl gesessen hat, wird nun die wichtige Frage. Doch zuerst geht die Alltagsarbeit vor. Der Anwalt hatte eine Frau, die ihn vor 12 Jahren als vermißt bei der Polizei gemeldet hatte, dann aber ihre Meldung zurückzog, weil sie glaubte, er sei mit seiner Geliebten nach Spanien abgehauen. Die Mieterin der aufgelassenen Wohnung, in der das Zimmer zugemauert war, wird auch ermittelt. Es ist Gitte Charles, einst Krankenschwester, jetzt pensioniert und spurlos verschwunden, obwohl ihre Überweisungen pünktlich kommen. Allerdings kommen die aus Malaga, wohin doch dieser Anwalt Philip Nørvig mit seiner Geliebten abgehauen ist, der aber doch nun tot am Tisch sitzt.

Nein, die verwickelte Geschichte kann nicht im Detail erzählt werden, aber alles hat seinen Anfang in einer Frauenklinik auf der Insel Sprogø, in der bis 1961 grausame Experimente, Abtreibungen und Zwangssterilisationen an den Patientinnen durchgeführt wurden. Nete (Fanny Leander Bornedal) und Rita (Clara Rosager) waren dort Zimmergenossinnen, Gitte (Luise Skov) Krankenschwester, und Philip der spätere Anwalt des damaligen Anstaltsleiters Dr. Curt Wad (Elliott Crosset Hove).

Klar, daß Mørck, Assad und Rose sofort auf die Insel fahren und das verlassene Anwesens unter die Lupe nehmen. Dabei erfahren sie, was damals los war, daß nämlich unter dem Deckmantel einer Frauenklinik das Gegenteil getrieben wurde. Daß man Mädchen und Frauen aus dem ganzen Land zusammengekarrt habe, gerade die, die lebenslustig waren und einen drauf machten, was ihnen vergangen ist, als sie auf der Insel entmündigt und mißhandelt wurden. Am schlimmsten habe es – erzählt Brandt (Nicolas Bro), der sie herumführt - der Anstaltsleiter Wad getrieben. Doch dieser ist heute ein angesehener Arzt und ein Fruchtbarkeitsspezialist dazu, betreibe aber in seinem Institut noch immer finstere Machenschaften.

Verwendet man die Stichworte „nordische Rassen“, „Rassenreinheit“, „genetische Säuberungen“, wird alles noch klarer. Die Durchsuchungen auf der Inseln fördern Dinge zutage, die sich die Heutigen nicht träumen ließen. Tatsächlich wäre Wad schon damals aufgeflogen, es gab eine Klage wegen Zwangssterilisation, doch von wem? Wir sind im Film dabei, wenn sich alles klärt und wir wissen, wer sich hinter Akte 64 verbirgt. Doch die Drei sind nicht schnell genug, auch Brandt wird noch umgebracht und der mangelnde Schutz vom Vorgesetzten gefährdet auch Mørck, und Assad.

Als dann beide nur noch einen Tag zur Aufklärung der Tat haben, zerstreiten sie sich und um ein Haar....mehr im Kino.

Foto:
© Verleih

b adlerverachtungInfo:
Verachtung
Regie: Christoffer Boe
Besetzung: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Fanny Leander Bornedal, Clara Rosager, Elliott Crosset Hove, Anders Hove

Das Buch zum Film, als Taschenbuch neu
Jussi Adler-Olsen Verachtung Akte 64. Der vierte Fall für Carl Mørck Sonderdezernat Q ,Thriller Aus dem Dänischen von Hannes Thiess 544 Seiten, ISBN 978-3-423-08663-9 Erscheinungstermin: 24.05.2019
Der Beititel AKTE 64 taucht erst jetzt beim Taschenbuch auf. Er entspricht dem Originaltitel, der lautet: Journal 64.