Helga Faber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) . Zum dritten Mal präsentiert TERZA VISIONE im Kino des DFF populäre Klassiker und obskure Entdeckungen des italienischen Genrekinos der 1950er bis 80er Jahre. Ein Streifzug durch unterschiedliche Filmgattungen, deren inhaltliche und formale Extravaganzen noch immer viele Regisseur/innen von Tarantino bis Scorsese beeinflussen.
Donnerstag, 25. Juli, 18 Uhr
PREGA IL MORTO... E AMMAZZA IL VIVO Der Mörder des Klans
Italien 1971. R: Giuseppe Vari. D: Klaus Kinski, Victoria Zinny, Paolo Casella
94 Min. 35mm. OmU
Eine Gruppe Gesetzloser verschlägt es nach erfolgreichem Beutezug in eine Poststation. Ein geheimnisvoller Pistolero entschließt sich, die Banditen weiterzuführen – geradewegs durch die Wüste im Grenzgebiet der Zivilisationen. Der vielseitige Vari macht in diesem „kammerspielartigen Psycho-Western“ (Christian Keßler) das karge Brachland zum Seelenbildnis, in das er mit strengen Winkelexperimenten und brutalen Nahaufnahmen menschliche Psychogramme zeichnet.
Einführung: André Malberg
Donnerstag, 25. Juli, 20:15 Uhr
LA MORTE SCENDE LEGGERA Sanft sinkt der Tod
Italien 1972. R: Leopoldo Savona. D: Stelio Candelli, Patrizia Viotti, Veronika Korosec. 86 Min. 35mm. OmeU
Nach einer durchzechten Nacht findet der Mafioso Giorgio Darica seine Frau ermordet in der gemeinsamen Wohnung vor. Aus Angst, selbst unter Tatverdacht gestellt zu werden, inszeniert er mit seiner Geliebten Liz eine Reise, die in einem leerstehenden Hotel endet. Dort tauchen bald weitere Leichen auf... Ein klaustrophobischer Psychothriller von De-Santis-Schüler Savona, der seinen engen Budgetrahmen durch seine geschickte Inszenierung und eine dichte Atmosphäre überwindet.
Donnerstag, 25. Juli, 22:30 Uhr
Dienstag, 30. Juli, 20:30 Uhr
SUSPIRIA
Italien/BRD 1977. R: Dario Argento. D: Jessica Harper, Stefania Casini, Flavio Bucci
92 Min. 35mm. DF
Die Ballettschülerin Suzy Bannion kommt nach München, um an einer renommierten Tanzakademie zu studieren. Dort ereignen sich mysteriöse Todesfälle, und Suzy kommt okkulten Umtrieben auf die Spur... Dario Argentos Hexen-Horrormärchen entfesselt mit artifiziellen Dekors, surrealen Farb-Experimenten und einem peitschenden Goblin- Soundtrack einen audio-visuellen Rausch, der nach langer Zeit erstmals wieder als authentische Technicolor-Farbdruckkopie zu erleben ist.
Einführung: Andreas Beilharz
Freitag, 26. Juli, 12:30 Uhr
L'ULTIMO PARADISO Das letzte Paradies
Italien 1955. R: Folco Quilici. D: Vairia Hatamou, Terei Autoroi, Marii Hatuguto
88 Min. 35mm. DF
Eine farbenprächtige Filmexpedition in die Südsee, die in Kulturfilm-Tradition direkte Einblicke in die Bräuche und den Lebensalltag der Einheimischen verspricht: Blütenkränze und Wasserballett, eine Unterwasser-Hochzeitsnacht und ausgelassene Feiern, Männlichkeitsrituale und kindliche Spiele. Darin ist der Film zugleich ein filmhistorisch interessanter Vorläufer der späteren spekulativen Mondo-Filme. Als gemütlicher Reisebericht mischt er unbekümmert dokumentarische Eindrücke und Spielszenen.
Einführung: Udo Rotenberg
Freitag, 26. Juli, 15:45 Uhr
QUESTO SI CHE È AMORE Am Tag, als der Weihnachtsmann weinte
Italien 1978. R: Filippo Ottoni. D: Christopher George, Gay Hamilton, Laura Trotter
102 Min. 35mm. OmU
Eine chronische Autoimmunerkrankung zwingt den 7-jährigen Tommy zu einem Leben unter ständiger ärztlicher Überwachung in einem aseptischen Isolationsraum. Während seine Mutter ihn täglich besucht, leidet Tommy unter der Abwesenheit seines erfolgreichen Vaters, dem der Anblick seines Sohns unter einer Glasglocke unerträglich ist... Ottoni inszeniert das Familienmelodram in der Tradition eines Rührstücks mit großer Erzähllust, die Kitsch mit Ernsthaftigkeit verbindet.
Einführung: Christoph Draxtra
Freitag, 26. Juli, 20 Uhr
IO NON PROTESTO, IO AMO Ich protestiere nicht, ich liebe
Italien 1967. R: Ferdinando Baldi. D: Caterina Caselli, Terence Hill, Livio Lorenzon. 97 Min. 35mm. OmU
Als Grundschullehrerin eines kleinen Fischerdorfs bedient sich Caterina progressiver Methoden: Sie lehrt bevorzugt musikalisch. Ihre Schüler/innen und der Bürgermeister des Dorfs sind begeistert, doch der konservative Baron Calò fürchtet um die moralische Kondition seines Heimatorts... Ein untypischer Vertreter des ‚musicarello‘, dessen antiautoritäre Spitzen sich als 68er-Vorbeben im fröhlich-beschwingten Gewand des populären Kinos erweisen. Eine Rarität in leider stark rotstichiger Kopie.
Einführung: Christoph Draxtra
Freitag, 26. Juli, 22:45 Uhr
L'ULTIMA ORGIA DEL III REICH Die letzte Orgie des Dritten Reichs
Italien 1977. R: Cesare Canevari. D: Adriano Micantoni, Daniela Poggi, Maristella Greco
95 Min. 35mm. OmU
Die in Rückblenden erzählte Liebesgeschichte zwischen einem NS-Lagerkommandant und einer jüdischer Insassin in einem Folter- und Todeslager. Im Gefolge von SALÒ und IL PORTIERE DI NOTTE gab es in Italien eine Reihe von Filmen, die drastische Darstellungen von Sex und Gewalt mit dem Dritten Reich verbanden. Unter diesen sticht die eigenwillig-radikale Vision des Stilisten Canevari mit ihrer schwer verdaulichen Verbindung von provokantem Melodram und schonungslosem Blick auf bestialischen Machtmissbrauch heraus.
Einführung: Robert Wagner
Samstag, 27. Juli, 14 Uhr
IL PIACERE Die Lust
Italien 1985. R: Joe D‘Amato. D: Andrea Guzon, Gabriele Tinti, Marco Mattioli
85 Min. 35mm. OmU
Ein in die Jahre gekommener und in Lethargie gefangener Lebemann verfällt kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs der Tochter seiner langjährigen Geliebten... Elegant fotografiertes, melancholisches Erotikmelodram über die Zersetzung der Freizügigkeit der 1920er Jahre im Konservatismus des italienischen Faschismus. Dabei ein schwelgerischer und zugleich morbider Film, bevölkert von Todessehnsüchtigen, verzweifelt Suchenden und hoffnungslos Verirrten.
Einführung: Arthur Pokorny
Samstag, 27. Juli, 16 Uhr
I FIDANZATI DELLA MORTE Die Verlobten des Todes
Italien 1957. R: Romolo Marcellini. D: Rik Battaglia, Sylva Koscina, Hans Albers
93 Min. 35mm. OmU
Ein wankelmütiger Motorradrennfahrer kehrt nach privaten und beruflichen Ausrutschern zu seiner Ehefrau zurück, die ihm als Beifahrerin zu neuen Erfolgen verhilft. Im damals ungemein populären Gespannsport kam es auf die funktionierende Einheit beider Fahrer/innen und der Maschine an. Der lange nicht gezeigte, vor allem in den halsbrecherischen Wettkampfszenen hervorragend fotografierte Rennfahrerfilm macht diese spezielle Dynamik greifbar und übt zugleich Kritik an der Kommerzialisierung des Sports.
Samstag, 27. Juli, 20 Uhr
MANIA
Italien 1974. R: Renato Polselli. D: Brad Euston, Ivana Giordan, Isarco Ravaioli
85 Min. 35mm. OmeU
Drei Jahre nach dem mysteriösen Tod des verschrobenen Wissenschaftlers Brecht wird dessen junge Witwe Lisa von schuldbewussten Schreckensvisionen geplagt – zum Zeitpunkt seines Todes betrog sie ihn mit seinem Zwillingsbruder Germano. Die Suche nach der Wahrheit über Brechts Tod führt Lisa zurück in dessen Haus, zu Germano und auf eine Reise in den Wahnsinn... Irrwitz und esoterische Verrenkungen in Dialogen und Bild verleihen dem jahrelang verschollen geglaubten B-Horrorfilm ausgesprochen psychotronische Qualitäten.
Einführung: Bilquis Castano Manias
Samstag, 27. Juli, 22:30 Uhr
JOCKS
Italien 1984. R: Riccardo Sesani. D: Russel Russel, Tom Hooker, Patricia Moore
104 Min. 35mm. OmU
Zwei Freunde verbindet der Traum, die größte Disco-Party aller Zeiten zu verwirklichen. Schließlich finden sie sogar eine Geldgeberin, doch dann verlieben sich beide in deren Nichte, die tanzbegabte Kim... Eine filmische Begleiterscheinung der großen italienischen Disco-Welle der 1980er Jahre, die die märchenhaften Selbstverwirklichungsnarrative ihrer US-Vorbilder ins seifenopernhaft Absurde überhöht. Ausgesprochen ansteckend und mitreißend wirken dabei das Lebensgefühl und die Musik der euphorischen Protagonist/innen.
Einführung: Sano Cestnik
Sonntag, 28. Juli, 13 Uhr
QUANTE VOLTE... QUELLA NOTTE Vier Mal heute Nacht
Italien/BRD 1971. R: Mario Bava. D: Daniela Giordano, Brett Halsey, Dick Randall
83 Min. 35mm. OmeU
Tina kommt weinend und mit zerrissenen Kleidern von einem Rendezvous mit Gianni zurück. Was geschah in der Nacht? Nacheinander erzählen Tina, Gianni und ein voyeuristischer Hausmeister widersprüchliche Versionen desselben Ereignisses. Die gutgelaunte Italo-Sexkomödien-Antwort auf Akira Kurosawas RASHOMON gehört zu den unterschätzten Filmen des begnadeten Stilisten Bava. Der tobt sich hier im psychedelischen Pop-Art-Dekor aus und erforscht die Kernthese seines Werks: Nichts ist so, wie es scheint...
Einführung: Katrin Doerksen
Sonntag, 28. Juli, 16:30 Uhr
LA VIOLENZA: QUINTO POTERE Gewalt: Die fünfte Macht im Staat
Italien 1972. R: Florestano Vancini. D: Enrico Maria Salerno, Gastone Moschin, Mario Adorf
90 Min. 35mm. DF
Um sich den lukrativen Auftrag für ein Bauprojekt in Sizilien zu sichern, konkurrieren zwei Ableger der Mafia mithilfe von Bestechung und Mord. Die Justiz versucht durchzugreifen, doch der Einfluss des organisierten Verbrechens bremst die Bemühungen aus. Der hochkarätig besetzte Gerichts- und Politthriller zeichnet ein ebenso präzises wie pessimistisches Bild der Methoden und Verflechtungen der Mafia – und liefert damit eine ungebrochen aktuelle gesellschaftskritische Bestandsaufnahme.
Einführung: Sven Safarow
Im Anschluss: Der in der deutschen Kinofassung fehlende Epilog der Originalfassung (12 Min., digital, OmU)
Sonntag, 28. Juli, 20:00 Uhr
SPELL (DOLCE MATTATOIO) Spell (Süßes Schlachthaus)
Italien 1977. R: Alberto Cavallone. D: Maria Pia Luzi, Martial Boschero, Angela Doria
104 Min. 35mm. OmeU
In einem katholischen Örtchen wird ein Feiertag zelebriert, während in der Dorfgemeinschaft Abgründe brodeln. Der radikale Regie-Außenseiter Cavallone stieß mit diesem Hauptwerk zu seinem Kernanliegen vor: das Sprengen aller Normen im Namen der Befreiung von der rückständigen Gesellschaft(smoral). Ein Fiebertraum zwischen dokumentarisch wirkender Dorffestbeschreibung und provokanten Wahnsinnsbildern voller Sex, Gewalt und Perversion – dabei surrealistische Avantgarde und barocker Exzess zugleich. Alternativtitel: L‘UOMO, LA DONNA E LA BESTIA
Einführung: Alexander Schultz
Sonntag, 28. Juli, 22:30 Uhr
QUELLA VILLA ACCANTO AL CIMITERO Das Haus an der Friedhofsmauer
Italien 1981. R: Lucio Fulci D: Catriona MacColl, Paolo Malco, Ania Pieroni
86 Min. 35mm. OmeU
Dr. Boyle zieht aus New York auf ein Anwesen in Neuengland und kommt dabei dem längst verstorbenen Hausbesitzer und dessen Experimenten zur Ermöglichung von ewigem Leben auf die Spur... Fulci verknüpft hier eine Geisterhaus-Variation mit Zombie-Splatter und lehnt seine präzise Inszenierung an den klassischen Schauerroman an, ohne an surrealistischer Intensität zu verlieren. Die Schock-Effekte sind gebettet in eine herbstlich-faulige Atmosphäre des Unheimlichen, inspiriert von Vorbildern wie H.P. Lovecraft und Henry James.
Foto:
© DFF
Info:
Alle Filme sind in raren 35mm-Kopien zu sehen, zumeist als importierte Unikate in der italienischen Originalfassung, wobei fünf Filme eigens für das Festival erstmals untertitelt wurden.
Dauerkarte: 75 Euro (60 Euro ermäßigt), bitte per E-Mail reservieren unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Alle Filme sind in raren 35mm-Kopien zu sehen, zumeist als importierte Unikate in der italienischen Originalfassung, wobei fünf Filme eigens für das Festival erstmals untertitelt wurden.
Dauerkarte: 75 Euro (60 Euro ermäßigt), bitte per E-Mail reservieren unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!