Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Warum haben Sie sich für das Genre Liebesfilm entschieden? Es war keine bewusste Entscheidung für den Liebesfilm, sondern zunächst mal ein Interesse an der Dynamik einer solchen Figurenkonstellation.
Wie kamen Sie auf diese ungewöhnliche Konstellation der beiden? Was war Ihnen bei der Ausarbeitung der Figuren besonders wichtig?
Die Konstellation ergab sich aus den Beobachtungen, die ich in Marmaris gemacht habe. Oft waren dies aber traurige Beziehungen, in denen die Frau sehr naiv an die bedingungslose Liebe des jungen Lovers glaubte, wohingegen dem Mann andere Interessen wichtig waren, etwa der wirtschaftliche Aufstieg. Mir war wichtig, dieses Klischee umzudrehen – besonders die Frau nicht derart gutgläubig zu erzählen.
Marion ist eine unabhängige, selbstbewusste Frau, die sich beruflich verwirklichen konnte und auch privat scheinbar ein erfülltes Leben führt. Was treibt sie dazu, dieses große Wagnis einzugehen? Warum hilft sie Baran und stellt dabei auch ihr eigenes Leben komplett auf den Kopf?
Da spielen viele Faktoren mit. In den ersten Buchfassungen gab es einige Bestrebungen, ihrem Entschluss mehr externe Motivation zu geben. Beispielsweise gab es eine Fassung, in der Baran einem Bombenanschlag nur knapp entkommt und ihn Marion daraufhin heiratet, weil sie Mitleid mit ihm hat. Irgendwann haben wir aber festgestellt, dass diese Entscheidung nicht durch äußere Einflüsse herbeigeführt werden darf. Und dass es stark sein kann, wenn die Figur ein Geheimnis hat, das auch Baran über weite Strecken ratlos lässt.
Baran landet als Loverboy am türkischen Strand von Marmaris. Er hat nichts zu verlieren. Auf der Suche nach einem besseren Leben ergreift er jede Chance, seinen Traum wahr werden zu lassen. Dabei gerät er zunächst unentwegt in Abhängigkeiten. Was macht das mit ihm?
Es macht ihn zu einem Menschen, der einen Ausweg sucht.
Ihre Protagonisten verhalten sich komplett entgegen der allgemeinen stereotypen Erwartungen. Inwieweit wollten Sie mit Ihrem Film auch Klischees beiseite räumen?
Beim Schreibprozess ist das Klischee zunächst mal dein Freund. Es hilft, um ein Gerüst für die Geschichte zu bauen. Aber die Gefahr dabei ist, dass man erwartbar wird. In unserem Fall war das Klischee der Lover, der seine Liebe vorgaukelt und die ältere Frau, die unsterblich in ihn verliebt ist. Dieses Klischee wollten wir brechen: er liebt sie wirklich. Und sie ist diejenige, die ein Geheimnis hat.
Ist eine Liebesgeschichte, die viele kritische Aspekte unseres heutigen Gesellschaftsbildes offenbart und sich den Klischees entgegenstellt, ein Wagnis?
Wagnis ist ein großes Wort und vermutlich auch Definitionssache. Es war aber schon eine Überwindung, eine ehrliche Liebesgeschichte jenseits von Ironie zu erzählen. Einfach, weil man immerzu am Reflektieren ist: Kann man das machen? Ist das nicht zu kitschig? Werden wir gerade sentimental? usw.
Beim Drehbuch arbeiteten Sie erneut mit dem Schriftsteller Nils Mohl zusammen, der auch das Drehbuch und die Romanvorlage für Ihren letzten Film ES WAR EINMAL INDIANERLAND lieferte. Erzählen Sie uns bitte ein wenig über die Drehbuchentwicklung von ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!
Nils und ich haben schon an Marion und Baran geschrieben, als INDIANERLAND noch nicht gedreht war, also seit 2016. Mit Nils macht es immer großen Spaß, weil er a) ein wahnsinnig guter Geschichtenbauer ist und b) tolle Dialoge schreibt. Trotzdem war es eine recht lange Buchentwicklung, weil wir immer wieder in Klischeefallen getappt sind und umschreiben mussten. Wir haben viel gegrübelt, viele Spaziergänge gemacht, viel Wein getrunken. Letzteres geht mit Nils auch sehr gut.
Wie lange dauerte es ES GILT DAS GESPROCHENE WORT filmisch zum Leben zu erwecken?
Von der ersten Idee bis zum fertigen Film wohl etwa zehn Jahre.
Welchen Herausforderungen mussten Sie sich bei der Umsetzung des Films stellen? Gab es Hindernisse zu überwinden?
Wie auch im Film war Sprache ein großes Hindernis. OĞULCAN ARMAN USLU, also unser Baran, konnte weder Deutsch noch Englisch, als wir ihn gecastet haben. Dies führte dazu, dass ich viel übersetzen musste, um zwischen ihm und ANNE RATTE-POLLE, unserer Marion, eine Arbeitsgrundlage zu schaffen.
Ihr Film umspannt drei Zeiteinteilungen: „Ich war“, „Ich bin“ und „Ich werde sein“. Warum haben Sie sich für diese Erzählform entschieden?
Der Film erzählt eine Zeitspanne von etwa drei Jahren. Wir wollten Einblendungen wie „Zwei Jahre zuvor“ oder „Sechs Monate später“ vermeiden. Unser Editor Sascha Gerlach hatte daraufhin die Idee, den Film in Kapitel einzuteilen, wie man sie auch in Sprachkursen hat: Präteritum, Präsens, Futur I.
Foto:
© Verleih
Info:
Besetzung
Anne Ratte-Polle (Marion)
Oğulcan Arman Uslu (Baran)
Godehard Giese (Raphael)
Jörg Schüttauf (Mark)
Ist eine Liebesgeschichte, die viele kritische Aspekte unseres heutigen Gesellschaftsbildes offenbart und sich den Klischees entgegenstellt, ein Wagnis?
Wagnis ist ein großes Wort und vermutlich auch Definitionssache. Es war aber schon eine Überwindung, eine ehrliche Liebesgeschichte jenseits von Ironie zu erzählen. Einfach, weil man immerzu am Reflektieren ist: Kann man das machen? Ist das nicht zu kitschig? Werden wir gerade sentimental? usw.
Beim Drehbuch arbeiteten Sie erneut mit dem Schriftsteller Nils Mohl zusammen, der auch das Drehbuch und die Romanvorlage für Ihren letzten Film ES WAR EINMAL INDIANERLAND lieferte. Erzählen Sie uns bitte ein wenig über die Drehbuchentwicklung von ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!
Nils und ich haben schon an Marion und Baran geschrieben, als INDIANERLAND noch nicht gedreht war, also seit 2016. Mit Nils macht es immer großen Spaß, weil er a) ein wahnsinnig guter Geschichtenbauer ist und b) tolle Dialoge schreibt. Trotzdem war es eine recht lange Buchentwicklung, weil wir immer wieder in Klischeefallen getappt sind und umschreiben mussten. Wir haben viel gegrübelt, viele Spaziergänge gemacht, viel Wein getrunken. Letzteres geht mit Nils auch sehr gut.
Wie lange dauerte es ES GILT DAS GESPROCHENE WORT filmisch zum Leben zu erwecken?
Von der ersten Idee bis zum fertigen Film wohl etwa zehn Jahre.
Welchen Herausforderungen mussten Sie sich bei der Umsetzung des Films stellen? Gab es Hindernisse zu überwinden?
Wie auch im Film war Sprache ein großes Hindernis. OĞULCAN ARMAN USLU, also unser Baran, konnte weder Deutsch noch Englisch, als wir ihn gecastet haben. Dies führte dazu, dass ich viel übersetzen musste, um zwischen ihm und ANNE RATTE-POLLE, unserer Marion, eine Arbeitsgrundlage zu schaffen.
Ihr Film umspannt drei Zeiteinteilungen: „Ich war“, „Ich bin“ und „Ich werde sein“. Warum haben Sie sich für diese Erzählform entschieden?
Der Film erzählt eine Zeitspanne von etwa drei Jahren. Wir wollten Einblendungen wie „Zwei Jahre zuvor“ oder „Sechs Monate später“ vermeiden. Unser Editor Sascha Gerlach hatte daraufhin die Idee, den Film in Kapitel einzuteilen, wie man sie auch in Sprachkursen hat: Präteritum, Präsens, Futur I.
Foto:
© Verleih
Info:
Besetzung
Anne Ratte-Polle (Marion)
Oğulcan Arman Uslu (Baran)
Godehard Giese (Raphael)
Jörg Schüttauf (Mark)