63. Deutsche Filmpreisverleihung im Berliner Friedrichstadtpalast 2013, Teil 2

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) - Als Beste darstellerische Leistung für die weibliche Hauptrolle wurde Barbara Sukowa für ihre Darstellung im Film HANNAH ARENDT ausgezeichnet, der schon unter der Regie von Margarethe von Trotta den Silbernen Filmpreis erhalten hatte.

 

Wir gönnen ihr diesen Preis in der leidenschaftlichen Darstellung einer ungewöhnlichen Intellektuellen, die eigenständig dachte, was Barbara Sukowa als Hannah Arendt auch eigenständig spielt. Und dennoch hätten wir diesen Preis an Martina Gedeck für DIE WAND verliehen, die eine kaum darstellbare Rolle zum bewegenden menschlichen Existenzkampf auf der Leinwand gestalten konnte. Überhaupt erscheint einem dieser erstaunliche Film hier unter Wert gehandelt. Gerade einmal die Beste Tongestaltung erhielten Christian Bischoff, Uve Haußig und Johannes Konecny für DIE WAND.

 

Die Beste darstellerische Leistung in einer männliche Hauptrolle ging an Tom Schilling in

OH BOY. Auch das war konsequent, zieht man sich an, was später Michael Gwisdek thematisieren wird in der Differenz, eine Rolle zu spielen oder sie zu sein. Tom Schilling ist dieser Strizzi, na ja, das ist ein bißchen sehr salopp, aber er ist halt salopp in einem saloppen Film, in dem eben alles stimmt. Die Beste darstellerische Leistung in einer weibliche Nebenrolle ging an Christine Schorn für DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINGE, die schon deshalb ihrer Agentin dankte, weil sie selbst auf diese Rolle mit Alter, Tod und sonst was nicht neugierig war, diese ihr aber sagte: „Das machst Du!“.

 

Leider kam Margarita Broich für ihre herrlich dämlich-dusselige und gleichermaßen so liebenswerte Fabrikantengattin in QUELLEN DES LEBENS nicht zum Zuge. Das war mal keine Sozialstudie mit Tragik und Alter sowie Tod, sondern ein herrliches Stück sinnlichen Komödiantentums, das deshalb so gelungen ist, weil die Schauspielerin im Film weiterhin sehr lange die angepaßte, gut funktionierende großbürgerliche Gattintussi bleibt. Aber, daß nicht mal diese Darstellung einen Preis erhielt, ist genauso bedenklich wie die Tatsache, daß die Hauptdarstellerin Lavinia Wilson als Tochter aus gutem Haus nicht einmal für die Dreierauswahl als Beste Darstellerin nominiert war. Wir hätten zwar auch dann den Preis an Martina Gedeck gegeben, aber daß QUELLEN DES LEBENS überhaupt keinen Preis, OH BOY dann sechs und CLOUD ATLAS fünf Lolas erhielt, ist nicht angemessen.

 

Als Beste darstellerische Leistung in einer männliche Nebenrolle kommt Michael Gwisdek für OH BOY zum Zuge. Sein Auftritt bringt an diesem Abend die pittoreskeste Situation und den witzigsten Umgang mit ihr durch den Preisträger selbst. Unter den drei Nominierten ist auch Sohn Robert Gwisdek für DAS WOCHENENDE, dessen leibliche Mutter Corinne Harfouch ist. Da diese im Film WAS BLEIBT die Ehefrau von Ernst Stötzner spielt, der als dritter Mann nominiert ist, hatte das schon was, die Aussage von der Bühne, egal, wer hier gewinne, es bleibe ja in der Familie.

 

Gewinner Vater Michael erzählte dann eine nette Geschichte mit Pointe von den beiden Gwisdeks, die sich gegenseitig eine Szene vorspielten und die Aufnahmen davon gemeinsam interpretierten und beurteilten, wobei der Vater sein Bemühen um eine äußerst dramatische Gestaltung deutlich machte, was dem Sohn aber, als zu sehr geschauspielert, nicht gefiel. Diese ihn erst einmal negativ berührende Aussage des Sohnes habe dazu geführt, daß Gwisdek bei OH BOY dessen Rat befolgt habe und das exzessive Spielen gelassen habe, was ihm nun die Lola eingebracht habe, weshalb er dem Sohn danke, der ja leer ausging.

 

 

CLOUD ATLAS konnte fünf Lolas erhalten. Die Beste Kamera / Bildgestaltung ging an

John Toll und Frank Griebe, Bester Schnitt an Alexander Berner, Bestes Szenenbild an

Uli Hanisch, Hugh Bateup und auch Bestes Kostümbild Kym Barrett, Pierre und Yves Gayraud sowie Bestes Maskenbild an Daniel Parker und Jeremy Woodhead. Der Film ist interessant, aber angesichts der 100 Millionen Produktionskosten auch auf einem anderen Level. Inhaltlich würden wir durchaus streiten darüber, wer die bessere Maske bietet: dieser Film oder QUELLEN DES LEBENS, wo die Fünfziger hinreißend vor uns erscheinen und auch die Sechziger und Siebziger im Stil der Zeit perfekt sind.

 

Der Ehrenpreis für Werner Herzog war schon im Vorfeld bekannt gegeben worden, allein beim Publikumspreis gab es noch einmal Spannung, ob Till Schweigers KOKOWÄÄH 2, TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER oder SCHLUSSMACHER von und mit Matthias Schweighöfer den Sieg davon trage. Es war dann SCHLUSSMACHER, wobei wir das doch etwas dünn finden, daß – nachdem mit den Nominierungen der zwölf zuschauerstärksten Filmen des Vorjahres so etwas wie ein objektives, wenngleich zahlenmäßiges Kriterium vorhanden war – allein über die Leser einer Zeitschrift, TV-SPIELFILM, der Preis ermittelt wird. Eindrucksvoll auch, daß DIE VERMESSUNG DER WELT bei den Lolas überhaupt keine Rolle spielte. Sooo schlecht fanden wir den Film dann auch wieder nicht. Und daß der Bernd-Eichinger-Preis überhaupt nicht verliehen wurde, sagt wohl etwas über das Filmjahr 2012 aus, um das es auf der LOLA-GALA am 26. April 2013 ging.

 

 

 

INFO: Der DEUTSCHE FILMPREIS – die renommierteste und höchst dotierte Auszeichnung für den deutschen Film – ist mit Preisgeldern in einer Gesamthöhe von knapp 3 Millionen Euro des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien dotiert und wird nach der Wahl durch die Mitglieder der DEUTSCHEN FILMAKADEMIE von Kulturstaatsminister Bernd Neumann verliehen. Die Verleihung ist eine Veranstaltung der DEUTSCHEN FILMAKADEMIE in Zusammenarbeit mit dem BKM, produziert von der DFA Produktion GmbH.

 

Die Ergebnisse finden Sie zum Download unter http://www.deutsche-filmakademie.de/deutscher-filmpreis/auswahlverfahren/ergebnisse.html.

Die DEUTSCHE FILMAKADEMIE läßt ausrichten, sie gratuliert allen LOLA-Gewinnern herzlich!