Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. September 2019, Teil 13
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Besnik (Arben Bajraktaraj) ist Ziegenhirte in einer wunderschönen, völlig abgelegenen Hochgebirgsgegend in einem kleinen albanischen Bergdorf, aber Besnik ist auch der Sohn einer katholischen Mutter und eines kommunistischen Vaters, der gut hinzuhören und gut hinzuschauen gelernt hat, denn in der Moschee des Ortes fällt ihm ein Fleck an der Wand auf, an dem er zum Entsetzen der anderen kratzt, ihn immer größer macht und auf eine christliche Wandmalerei stößt.
Irritation, Entsetzen, Daskannunddarfnichtsein. Denn das heißt ja, daß der Kirchenbau vor der Moschee eine katholische Kirche war. Es gibt Christen in diesem Dorf, aber die müssen zu ihrer Messe ins nächste Dorf gehen, denn die Mehrheit sind Muslime, die die Moschee nicht teilen wollen. Bisher. Aber jetzt sieht das anders aus, denn, wenn doch die Moschee einst christlich war, dann könnten sich vielleicht doch die Gläubigen, die muslimischen wie christlichen, die alle an den einzigen Gott glauben, den Bau teilen?
Damit sind wir dem Film aber schon weit voraus, denn erst einmal werden diese Spuren einer Malerei vom zuständigen Ministerium überprüft. Es kommen zwei junge Frauen, die eine ist Kunsthistorikerin und trägt die Übermalung nach und nach ab, so daß die Vermutung, daß ein christliches Motiv in der Moschee an der Wand abgebildet ist, Wahrheit wird. Schon diese Szenen zeigen die Kunst des Regisseurs, die vielfachen Verwicklungen in diesem Dorf bildhaft darzustellen. Hinzukommt, daß Besnik, dem der Vater einst die große Liebe und Braut wegen falscher Zugehörigkeit verboten hatte, die Anwesenheit der Restauratorin genießt, auch weil er erstaunt merkt, welches Interesse sie an ihm entwickelt und wie sie ihn stabilisiert, seine Vorstellungen von der gemeinsamen Kirche durchzusetzen.
Längst hatten wir bemerkt, daß uns EIN LICHT ZWISCHEN DEN WOLKEN auf eine doppelte Reise schickt, denn das, was die Gemeinde an religiösem Widerspruch nicht in den Griff kriegt, sprengt die Familie von Besnik erst recht. Besnik lebt mit dem alten, kranken Vater allein in dem Familienhaus, in das die Geschwister zu Besuch kommen. Es gilt zu entscheiden, wie es weitergeht. Der Vater will sein Testament machen. Der andere Sohn, der aus Griechenland anreist, wo er seiner Frau zuliebe den christlich-orthodoxen Glauben annahm, schließlich war ja auch seine Mutter katholisch, aber hier in Albanien hat man muslimisch zu sein, worüber sich der Vater, der ja eigentlich kommunistisch ist, die an Religionen nicht glauben, sieht fassungslos, wie nicht einmal die Kinder miteinander auskommen dürfen. Denn als der muslimische Cousin vom Teller seines christlichen Sohnes einen Gabelbiß nimmt, schreit dessen Mutter auf und fängt an, den großen Tisch auseinanderzurücken und zwei daraus zu machen, denn im Essen der Christen könnte ja Schweinefleisch sein.
Der Vater entzieht sich, wird lieber sterbenskrank, und Besnik wundert sich über die Aufgeregtheiten der anderen, die sich bei jeder Gelegenheit streiten und keinen familiären Frieden wollen, den Besnik so erseht wie der Vater auch.
Was diesen Film so liebenswert macht, ist neben der Darstellung des Besnik, die eindringlich und so autistisch wie einfühlsam ist, die Einbettung der Geschichte in die Natur, die mitsamt den Ziegen eine Idylle von Frieden verbreitet, die in diametralem Gegensatz zu den menschlichen Streitigkeiten steht. Für die Befindlichkeit des Besnik findet die Kamera poetische Bilder, die ihn als Wanderer zwischen den Welt gleichzeitig zu der Figur machen, die harmonischen Ausgleich zu Wege bringt.
Wie es weitergeht, wird die Zukunft zeigen, aber hier – im Dorf und in der Familie – ist etwas in Bewegung geraten.