Bildschirmfoto 2019 09 21 um 02.41.28Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. September 2019, Teil 17

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main  (Weltexpresso) – Regisseur Thomas Moritz Helm  traut sich was. Ein junges Paar in Berlin, Niels (Maximilian Hildebrandt) und Maria (Paula Knüpling), seit zwei Jahren liiert, versucht auf verschiedene Weise auch einen Dreier, egal, ob Mann oder Frau, auf jeden Fall spielerisch, so daß man den Eindruck gewinnt, der Versuch gilt mehr als das Ergebnis. Bis Chloe (Tala Gouveia) auftaucht...

Daß Sommer ist und viel Zeit da ist, gehört dazu, in diesem Film, der Leichtigkeit ausstrahlen möchte, das auch kann und ein speziellen Jugendsommerlebensgefühl vermitteln will, was er auch kann. Bei den kleinen Scharmützeln ergreift man unwillkürlich Partei, die – klar – Maria gilt. Denn Niels ist dann doch der leicht arrogante Schnösel, den junge Männer abgeben, wenn junge Frauen ihnen zu deutlich zeigen, daß sie Gefallen an ihnen finden. Niels hat auf einmal etwas Gockelhaftes, wenn er siegessicher seine Gespielin anblickt, wenn sie sich im Bett - danach - sein Sperma von ihrer Brust wischt. Kann schon sein, daß junge Paare heute immer noch die alte Leier spielen, aber das ein freieres Leben, auch ein freieres Sexualleben doch immer noch zu Kosten der Frau geht, muß doch nicht sein.

Ob sie sich doch nicht so viel zu sagen haben, die zwei? Denn bei den ständigen Versuchen, einen Dritten zum Liebesspiel zu animieren, wächst zwar etwas Komplizenhaftes zwischen ihnen, in der Art, wie man am besten einen Dritten verführt, aber man spürt auch eine Leere und eine Kindsköpfigkeit. Sie sind gerade in einer phantastischen Situation. Der Onkel von Niels hat ihnen seine große Wohnung, einschließlich Schwimmbad für den Sommer überlassen, Maria fühlt sich wie eine Prinzessin und sie besucht Niels häufig bei seinem Sommerjob in der Bar, wo er ihr und denen, die sie mitbringt, Getränke spendiert, was ihn am Ende den Job kostet.

Soll man sie beneiden, daß sie so sorglos in den Tag leben können? Daß man das Binnenverhältnis von Niels und Maria durchaus kritisch sehen kann, bringt der Film auf einen Nenner, wenn deutlich wird, daß uns Maria immer nur in ihrer Beziehung zu einem anderen gezeigt wird. Zuerst mit Niels und dann mit Chloe (Tala Gouveia), die beide beim Busfahren erblicken und wie fast immer, eine kleine Wette daraus machen, ob sich Maria traut, sie anzusprechen. Die traut sich, gibt sich allerdings mit einigen Radieschen zufrieden, die ihr die dunkelheutige Fremde noch aus ihrem Gemüseeinkauf rüberreicht, ehe sie aussteigt. Daß sie Chloe heißt und eine Doktorandin aus London ist, erfährt Maria erst, als sie sie tagsdrauf zufällig wieder trifft.

Da ist sie in die attraktive Fremde schon etwas verschossen, was ihr Niels gleichtut, als er sie kennenlernt und sofort stärker als Maria aufs Ganze geht und Chloe umwirbt. Die erst verblüfften, dann beleidigten Blicke von Maria, die es doch war, die Chloe erwärmte, sprechen für sich. Bis sie sich auch richtig traut und das entsteht, was als Ménage-à-trois auf den Begriff gebracht ist.

Ob das sein mußte, daß Erdenschwere eintritt, die aber von den dreien wie eine Nebensächlichkeit behandelt wird: Chloe ist schwanger. Es muß gleich bei den ersten Malen mit Niels passiert sein. Doch für keinen ist es ein Drama. Ein Kind, das die Mutter nicht will. Kein Problem. Doch wie wäre es, wenn....

Chloe ist diejenige, die durchblickt und auch ihre Dreierbeziehung als das sieht, was sie war, ein Sommergefühl. Schön ist der Schluß, wenn die erwachsene Chloe heimlich früh morgens mit gepacktem Koffer die Wohnung verläßt und an der Tür auf die in Löffelhaltung auf der Matratze liegenden Niels und Maria blickt, die das Vertrautsein der zwei sinnbildlich widerspiegelt, an der Chloe teilhatte, und die sie jetzt auf dem Weg nach London in ihr eigenes Leben verläßt...

Foto:
© Verleih

Info:
Heute oder morgen
ein Film von Thomas Moritz Helm
DE 2019, 93 Minuten,
deutsch-englische OF, teilweise mit deutschen UT

Darsteller
PaulaKnüpling                Maria
MaximilianHildebrandt    Niels
TalaGouveia.                   Chloe