Bildschirmfoto 2019 09 26 um 22.50.18Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. September 2019, Teil 16

Redaktion

Frankfurt am Main  (Weltexpresso) - Als dunkles Märchen über eine trauernde Frau, die sich inmittenalterheidnischerRituale verwandelt, konzentriert sich MIDSOMMARauf Dani, wiesie sich von Christian und ihrer Vergangenheit zurückziehthin zu einerneuen Familie in einerfremdenKultur.Der Film beginnt in einerMännerwelt, in derChristian und seine Kumpel um beruflichen Erfolg kämpfen und dabei grobe Witze über die Frauen in ihrem Leben machen.
Mit demEintrittin die Welt der Hårga wird die Geschichte jedoch zunehmend von Frauen dominiert, was in einem Fruchtbarkeitsritus gipfelt, der zu den mächtigsten Leinwandbildern der jüngsten Zeitgehört, einemtrotzigen Statementzur weiblichen Handlungsfähigkeit in einer Zeit, in der Männer immer nochregelmäßigversuchen, dieKörper von Frauen zu regulieren und zu kontrollieren. 

„In Hårga herrscht ein Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen, aber Frauen haben eindeutig mehr Macht“, sagt Aster. „Einige der Jungs im Film sind Idioten, aber ich bin nicht losgezogen, umeine Polemik über toxischeMännlichkeitzumachen. Esentpuppt sich letztendlich als eine Geschichte weiblicher Ermächtigung, wenn auch eine, die bittersüß und nicht gerade eindeutig ist. Dani ist ermächtigt–aber istes auch nicht.

“Im Laufedes Films ist eine weitere packende und eindrucksvolle Szene zu sehen, die Dani zeigt, wie sie an den Feierlichkeiten zur Maikönigin teilnimmt.Sie tanztzusammen mit jungen Frauenaus dem Dorfum den Maibaumund um die Ehre, zur Maikönigin gekrönt zu werden –bis einenach der anderen vor Erschöpfung zusammenbrichtund schließlichdie Gewinnerin übrigbleibt.

Während die Amerikaner in die archaischen Bräuche der Hårga eingeführt werden, erfährt Dani Akzeptanz, Ermächtigung und sogar eine Art Vergötterung durch Pelles Gemeinschaft, eine Art Wiedergeburt durch alte Rituale. „Sie fängt an, den Schmerz und die Gefühle, die sie unterdrückt hat, zuzulassen“, sagt Pugh. „Es ist das erste Mal, dass sie auf ihren Schmerz hört und ihn akzeptiert.“Aster fügt hinzu: „Es ist eine perverse Geschichte der Wunscherfüllung. Die Hårga übernehmen die Funktion, Dani das zu geben, was in ihrem Leben fehlt und das wegzunehmen, für dessen Entfernung ihr der Mut fehlt.

“Durch Asters eindringliche Regiearbeit wird das Publikum an der Seite vonDani in dieseWelt hineingesogenund bekommt einen Vorgeschmack auf die wahren Motive der Hårga. Doch diese Rituale und Traditionen werden mitzutiefst beunruhigendenAuswirkungenpräsentiert. Aster gibt Hinweise auf eine subtilere, zeitgemäßere Botschaft inmitten der sonnigen Feierlichkeiten, vergleichbarmit seiner Betrachtung vonAbstammungund Erbe inHEREDITARY –DAS VERMÄCHTNIS.

In MIDSOMMAR sind diewahren Bösewichte nicht die Dorfbewohner selbst, die die Rituale ausführen, wiesie es seit Jahrhunderten haben, sondern eher ihre Ideen, Werte und Bräuche, die in Dani ein neues Zuhause finden. Dass sich Dani durchdiese veralteten Traditionen transformiert, verleiht dem Film seine Kraft und seinen Schrecken: Wir spüren oft nicht, dass giftige Ideen in der Welt zirkulieren, bis sie bereits in uns eingepflanzt sind. Sobald sie Wurzeln schlagen, kann es zu spät sein.

Foto:
© Verleih

Info:
Darsteller

Dani             Florence Pugh
Christian      Jack Reynor
Mark            Will Poulter
Josh .          William Jackso
Pelle            Vilhelm Blomgren

Regie & Buch Ari Aster
Kamera:Pawel Pogorzelsk

USA 2019, 147 Minuten

Abdruck aus dem Presseheft