Klassiker und Raritäten: Film über Niki de Saint Phalle, Mittwoch, 15. Mai 2013
Elisabeth Römer
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Am Mittwoch, 15. Mai, wird in der Reihe „Klassiker und Raritäten“ ein Film Peter Schamonis vorgeführt, der sich mit dem Werk der Künstlerin Niki de Saint Phalle auseinandersetzt. Anja Jungclaus, langjährige Lebensgefährtin von Peter Schamoni, stellt den Film vor, an dem sie intensiv mitgearbeitet hat.
NIKI DE SAINT PHALLE: WER IST DAS MONSTER - DU ODER ICH?
Deutschland/Schweiz 1995. R: Peter Schamoni
Dokumentarfilm. 93 Min. 35mm
Der Film NIKI DE SAINT PHALLE stellt das Werk und die künstlerische Entwicklung der Malerin und Bildhauerin vor. Dabei werden Interviewaufnahmen von ihr, ihrem Lebensgefährten Jean Tinguely und weiteren Weggefährten mit dokumentarischem Material und Ausschnitten aus den Filmarbeiten der Künstlerin verbunden. Mit offener persönlicher Sympathie für sein Objekt bereitet Schamoni einen sinnlich und intellektuell erfahrbaren Zugang zum Werk Niki de Saint Phalles.
Niki de Saint Phalles zählt zu den interessantesten, auch tragischsten Künstlerfiguren des 20. Jahrhunderts, Künstlerinnenfiguren müßte man korrekt sagen, denn ihr, der Künstlerin, war nicht die Korrektheit wichtig, sondern ihre Weiblichkeit, ihr Frausein. Von außen her betrachtet war ihr Leben voller Glanz. Die Familie ging 1936, als sie sechs Jahre alt war, in die USA, wo sie großbürgerlich aufwuchs. Woher ihre Wut und auch ihre daraus resultierende Kraft kam, war lange unbekannt. Sie wurde von ihrem Vater sexuell mißbraucht und sie hat immer gesagt, daß ihr zusammen mit einer Therapie (u.a. 10 Elektroschocks) dies den Weg zur Kunst ermöglicht hätte.
Die berühmten Schießbilder beispielsweise sind dann schon Ausdruck einer offenen Auseinandersetzung mit dem sexuellen Aggressor: ihrem Vater. Sie galt als Aktionskünstlerin, denn auch diese Bilder entstanden in der Öffentlichkeit. Sie hatte männliche Gipsbilder geschaffen, die an sich Farbbeutel trugen, auf die sie während der Vorführung schoß. Das machte Aufsehen, zumal Niki besonders jung und besonders hübsch war.
Sie selbst hatte schon mit 18 Jahren heimlich geheiratet und hatte 1955 mit 25 Jahren bereits zwei Kinder, die Ehe wurde 1960 geschieden. Seit 1952 lebte sie wieder in Paris und in der Bekanntschaft, dann Liebe und Ehe mit dem Schweizer eigenwilligen Künstler Jean Tinguely (Wasserschöpfer im Brunnen von Basel) entwickelte sie ihre überall erkennbaren prallen Figuren: die Nanas, die sie ab Mitte der Siebziger Jahre dann für immer aus Polyester fertigte und die auf der ganzen Welt bekannt sind und in Deutschland vor allem in Hannover stehen. Allein diese Ehe dieser beiden so ganz speziellen Künstler schien wie das Glück auf Erden, zumal beide künstlerisch erfolgreich waren und sich auch an manchen Werken beim anderen beteiligten.
Dabei wurden Nikis Stücke gerne zum Skandal. Die Skulptur „Sie“ beispielsweise, die sie 1966 als liegende Frau mit gespreizten Beinen vor dem Moderna Museet in Stockholm mit einer Länge von fast 30 Metern schuf, wurde durch die Vagina betreten und im Inneren konnte man Filme sehen und an der Bar sitzen. Eine weitere Besonderheit wurde ihr Tarot-Garten in der Toskana, den sie 1980 begann. Damals wurde schon eine Lungenkrankheit festgestellt und sie selber hat ihre vielen Atemwegserkrankungen auf die Vergiftungen durch die Dämpfe beim Umgang mit Polyester und Chemikalien zurückgeführt. Sie litt jahrelang und starb schon 2002 mit 71 Jahren. Tinguely war schon 1991 mit 66 gestorben, nachdem sich beide nach 20 Jahren Ehe getrennt hatten.