Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. Mai 2013, Teil 1
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Botox wird im Zusammenhang mit Filmschauspielerinnen immer wieder erwähnt. Aber bei keiner Berühmtheit so wie bei Nicole Kidman. Das erste Mal der Erinnerung nach bei AUTRALIA, wo sie blond, dünn und gestrafft wie ein Ausstellungsstück durch die Landschaft wehte. Und bei Stocker?
STOKER
Maskenhaft erscheint sie, die blonde Evelyn der Nicole Kidman, kühle Ehefrau des verstorbenen Architekten Stocker, der als Antipodin die brünette Tochter India, Mia Wasikowska, mit geballtem Zorn und nur mühsam in Zaum gehaltener Kraft, die mit völliger Apathie wechselt, gegenübersteht – und sitzt. Es ist das Hollywood-Debüt des durch OLDBOY und LADY VENGEANCE berühmt gewordenen Südkoreaners Park Chan-wook. Er spreche kein Englisch, erzählt Frau Kidman, sie habe sich darum das Drehen als schwierig vorgestellt. Das sei es aber nicht geworden.
Der Film wirkt durch die Macht seiner Bilder. Die sind teils surrealistisch, teils einfach schwelgerisch schön, so wie Maden im Fleisch, wenn sie in Großaufnahme gezeigt werden und man nicht weiß, um was es sich handelt, schön aussehen können. Denn „Schönheit“ vergeht, wenn es sich um etwas Ekliges oder Verdammtes handelt. So regelt das unser Gehirn. Von daher kommen immer dann andere Bilder heraus, wenn Menschen aus anderen Kulturkreisen Filme für andere Kulturen machen.
Stocker wird beerdigt. So fängt es an. Ein oft verwandter Topos, um die Geschichten vom Toten, als er noch lebte, zu erzählen. Aber Stocker wird gar nicht zur Hauptfigur, die bleibt die merkwürdig verstockte und widersprüchliche Tochter India, der wir in ihrem Zuhause in der Villa in der besten Lage, nämlich inmitten eines verwunschenen Garten von den Ausmaßen eines Parks zusehen, wie sie mit 18 Jahren auf den plötzlichen Tod des geliebten Vaters – Autounfall, echt oder arrangiert? – reagiert, bewacht von ihrer Mutter, die der Tochter durchaus stiefmütterliche Gefühle entgegenbringt, denn diese war der Liebling des Vaters.
Wenn nun zur Beerdigung überraschend ein unbekannter Onkel auftritt, sich Charlie nennt und als Bruder des Vaters ausgibt, kommt einem das Spanisch vor oder nach Hitchcock. Und es paßt in Horrorgeschichten, daß dieser von Matthew Goode dargestellte Typ freundlich und locker daherkommt. Darauf fliegt die eher labil gezeichnete Mutter und die Tochter lehnt diesen Mann von Anfang an entschieden ab. Wie es aber mit so überbordenden Gefühlsausbrüchen verhält, wechseln die öfter in ihr Gegenteil. Hier ist es so. Obwohl oder weil Verstörendes passiert und zwei Personen verschwinden, erst die Haushälterin, dann die nachfragende Tante, fasziniert der Onkel nun die junge Frau, wobei Erotik im Spiel ist. Und ob. Es ist aber auch Geheimnis im Spiel und der Film ist einfach spannend durch den ständigen Aufbau von neuem Unerklärlichen, den er weiterspinnt.
Am Schluß ist nichts so wie gedacht und es zeigt sich das Böse in der Unschuld. Die Frage bleibt, wievielt Grausamkeit zum Erwachsenwerden dazugehört oder auch, ob Märchen im realen Leben jeden Tag stattfinden und wir sie nur übersehen.
SCHIMPANSEN
Der Film wirkt auch, wenn man weiß, daß Disney ein bißchen nachgeholfen hatte, was hier so natürlich aussieht. Es geht um einen Schimpansenwaisen, der im Regenwald Westafrikas vom Anführer eines Affenclans adoptiert wird und überlebt.
BB KING: THE LIFE OF RILEY
Ein schöner und nicht unerwarteter Film über einen der wichtigsten Helden der Blueslegende, den Filmemacher Jon Brewer zwei Jahre begleitete und in den er andere musikalische Legenden durch Interviews verstrickt.
SMASHED
Hier geht’s um Alkoholismus, allerdings nicht den der Unterschichte, das proletarische Saufen, sondern das der gehobenen Stände. Noch dazu, was das zwischen zwei Menschen anrichtet, wenn beide süchtig werden, die eine aber die Abhängigkeit und deren Folgen erkennt, der andere das aber ganz gemütlich findet. Man leidet mit.