f laraeSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. November 2019, Teil 16

Redaktion

Berlin  (Weltexpresso) - Wie kam das Projekt zu Ihnen? Und wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Regisseur Jan-Ole Gerster?

Die Musik-Supervisorin des Projekts, Lena Obara, hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, ein Klavierkonzert zu einem Film zu schreiben und schickte mir das Drehbuch von Blaž Kutin. Ich war begeistert vom Buch und von der Idee, einen Film im Milieu der klassischen Musik stattfinden zu lassen.


Wie war Ihre Reaktion auf das Drehbuch? Konnten Sie sich in die Geschichte, aber auch in die Figur des jungen Komponisten hineinversetzten? Gab es möglicherweise Parallelen zu Ihrem eigenen Werdegang?

Das Sujet bringt es mit sich,  dass ich mich an vielen Stellen in der Filmfigur Viktor wiederfinden kann. Ich habe als Klavier-Student auch erlebt, unter welchem Druck klassische Musik schon in jungen Jahren erlernt wird, um die sportive Perfektion zu erreichen, die man oft als Zeichen von Talent wahrnimmt. Das kann – wie bei Lara – ein künstlerisches Dasein brechen. Das war zwar bei mir nicht der Fall, aber psychologische Demütigung, hierarchische Kategorien sowie die bedingungslose Akzeptanz von Autorität habe auch ich erlebt. Meiner Meinung nach ist das der Preis des Geniekultes des 19. Jahrhunderts – nach wie vor eine der tragenden Marketingsäulen der klassischen Musik. Welche Auswirkungen das für das Innenleben von Künstlern hat, wird bei Lara deutlich. Der bedingungslose Glaube an das Genie und das „Gerichtetwerden“ durch eine vermeintliche Autorität haben Lara vom Traum,  Pianistin zu werden, entfernt. Und auch Viktor kämpft darum, sein künstlerisches Ich gegen die Haltung seiner Mutter durchzusetzen.


Was macht LARA aus Ihrer Perspektive zu einem besonderen Film?

Ich habe noch keinen Film gesehen, der den  innersten Kampf um das künstlerische Dasein auf eine so zarte und persönliche Art und Weise erzählt. Bis ein Konzert auf der Bühne erklingt, sind so viele Dialoge, Haltungen und Erfahrungen freizukämpfen, damit am Ende hoffentlich der ehrlichste Ausdruck des Künstlers zum Vorschein kommt. Davon merkt das Publikum meistens nichts. In LARA kann man es erleben.


Was waren die Herausforderungen, wie haben sie sich der Musik für den Film genähert?

Ich wollte ein Klavierkonzert so  schreiben, als wäre ich Viktor. Die  Inspiration dazu kam von Tom Schilling. Seinetwegen habe ich gespürt, wer Viktor ist, wie er fühlt, wie fragil und gleichzeitig willensstark seine Persönlichkeit ist. Er hat mir Schubert als Komponisten ans Herz gelegt und die ersten Takte des Klavierkonzertes selbst interpretiert. Ich kann mir keine intensivere Symbiose von Musik und Film vorstellen.


Wie haben Sie die Zusammenarbeit empfunden?

Die Zusammenarbeit war großartig. Jan-Ole war immer ein Partner bei der Suche nach der besten und präzisen Form seiner Vorstellung. Er ist ein Regisseur, der weiß, dass das Gesamtkunstwerk Film nur zu einem solchen wird, wenn die einzelnen Mitwirkenden ihre Fähigkeiten als Künstler einbringen, als wäre es ihr eigenes Werk.


Das Klavierkonzert spielt eine zentrale Rolle. Wie haben Sie die restliche Musik für den Film gefunden?

Die Filmmusik habe ich ganz eng mit Jan-Ole entwickelt. Wir saßen in meinem Studio, ich habe verschiedene Richtungen vorgegeben, Jan-Ole hat ständig mitgeformt. Das war die beste Herangehensweise. Die Musik ist Teil der Charakterzeichnung, keine Illustration oder musikalische Erhöhung eines filmischen Moments. Die Musik spricht, wenn Lara schweigt. Für mich ist sie Laras innerer Dialog.


Warum ist Alice Sara Ott die ideale Pianistin für den Soundtrack?

Alice ist eine der besten Pianistinnen unserer Zeit, ich liebe ihre Interpretationen von Ravel bis Grieg, aber auch ihren Beethoven. Sie kann alte klassische Musik in einer modernen Klarheit neu formen. So war es mir eine Freude, für sie zu schreiben und bei ihrer Interpretation der Repertoire-Stücke live dabei zu sein. Ihr Spiel hat genau die richtige Sensibilität, um Viktors, aber auch Laras Charakter über das Klavier zu definieren.


Wie war es für Sie als Musikkritiker, Ihr eigenes Stück kommentieren zu dürfen?

Für mich war es eine tolle Abwechslung und Erfahrung, die Seiten für einen Moment zu wechseln. Die Tatsache, dass ich mein eigenes Konzert kritisiere, trägt vielleicht im Subtext die Message, dass jeder Künstler im besten Fall sein größter Kritiker ist – und sein muss. Es gibt nichts mutigeres, als zur Emotion zu stehen und die Schönheit  des Melodischen in der zeitgenössischen  Musik wieder zu entdecken.

FORTSETZUNG FOLGT

Foto:
Verleih Studiocanal

Info:
„Lara“, D 2019, 98 Minuten, Filmstart 7. November
Regie Jan-Ole Gerster
Mit Lara               Corinna Harfouch
Viktor             Tom Schilling
Herr Czerny   André Jung
Reinhofer       Volkmar Kleinert
Viktors Vater  Rainer Bock

Abdruck aus dem Pressehef