Bildschirmfoto 2019 11 13 um 20.26.08Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. November 2019, Teil 2

Redaktion

Los Angeles (Weltexpresso) - Hatten Sie schon länger den Traum, einen Film zu drehen?

Ja, den hatte ich – es ging nur darum, den Mut zu finden, es endlich zu tun. Früh in meiner Karriere wurde mir klar, dass ich am liebsten Zeit mit den KreativVerantwortlichen eines Films verbrachte. Ich liebte den Austausch am Set zwischen Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann sowie den kreativen Prozess von der Vorproduktion bis zur Postproduktion. Und ich machte bestimmte Erfahrungen, die sozusagen meinen Appetit anregten. Ich drehte 2014 den Film DRINKING BUDDIES – ERWACHSEN WERDEN IST SCHWER, bei dem wir das ganze Skript in einem kleinen Team improvisierten und ihn mit wahren Guerilla-Filmtechniken drehten. Da bekam ich wahrscheinlich das erste Mal ein Gefühl für eigenes kreatives Schaffen, das mich dazu inspirierte, selbst hinter die Kamera zu treten und etwas Eigenes zu erschaffen. Meine Erfahrung als Produzentin lehrte mich auch viel über den Prozess des Entwickelns. So tastete ich mich immer weiter an die spannendste Arbeit heran. Irgendwann fing ich damit an Kurzfilme und Musikvideos zu drehen. Dabei stellte ich fest, dass ich als Regisseurin am glücklichsten am Set war. Also ja, es war schon länger ein Traum, aber ich habe fast zehn Jahre gebraucht, um den Mut zu finden, es auch wirklich zu tun.


Wie entstand BOOKSMART?

BOOKSMART kam in mein Leben dank der großartigen Produzentin Jessica Elbaum, die Gründerin und Leiterin von Gloria Sanchez, einem frauenfokussierten Ableger von Will Ferrells und Adam Mckays Gary Sanchez Productions. Das Skript entstand 2009 und wurde von verschiedenen Autoren, darunter Emily Halpern, Sarah Haskins und Susana Fogel, überarbeitet. Als ich dazu kam, gab es Interesse seitens der Ko-Produzenten ANNAPURNA, den Film nochmal zu überdenken. Also fragte ich, ob wir es neu schreiben könnten und sie gaben mir dafür grünes Licht. Ich holte Katie Silberman (SET IT UP) an Bord, um das Skript mit mir komplett neu zu denken. Sie übernahm auch die Funktion als Produzentin und wurde meine eigentliche kreative Mistreiterin. Danach konnten wir es kaum erwarten, loszulegen.


Wonach haben Sie in der Besetzung gesucht?

Insgesamt suchte ich nach Authentizität und nach einer Diversität, die zu dieser Authentizität führen würde. Ich wollte in diesem Film die amerikanische Highschool von heute sehr genau repräsentieren. Und ich wollte Schauspieler finden, die von Grund auf interessant sind, nicht einfach Menschen, die in irgendeine physische Beschreibung passen, die wir uns ausgedacht haben. Weil wir das tatsächlich nicht getan haben – wir hatten keine Ahnung, wie die Charaktere aussehen sollten.


Wie sehr, glauben Sie, spiegeln sich die Erfahrungen heutiger Jugendlicher in Ihren eigenen wider und wo gehen sie auseinander?

Das ist, glaube ich, das Außergewöhnliche an Highschool-Filmen. Sie scheinen so nahbar, weil universelle und damit generationsübergreifende Themen angesprochen werden. Es ist eine unglaublich bedeutende Lebensphase, in der alle Heranwachsenden damit kämpfen, ihre Individualität zu entdecken, sich von den Eltern zu lösen und intime Beziehungen mit Freunden aufzubauen. Es ist eine Zeit voll lähmender Unsicherheit, aber auch unglaublicher Euphorie. Diese Themen wird es immer geben, unabhängig von Highschool-Erfahrungen oder Generationen. Was es konkret und aktuell macht, ist, dass diese Generation – ich glaube, sie wird Generation Z genannt – bereits so erwachsen ist. Sie hat eine Art Reife, welche viell vielleicht mit dem frühen Umgang von Social Media oder der politischen Situation, in die wir sie gesetzt haben, zusammenhängt und mit ihrem Verlangen danach, für sich selbst in diesem Umfeld einzustehen. Ich finde diese Generation einfach sehr spannend.


Was war die größte Herausforderung?

Ich würde sagen, die größte Herausforderung lag im Schnittraum. Die Szenen zu schneiden, auf die ich so stolz war, die so besonders waren, für die wir aber einfach keine Zeit hatten. Trotz der Tatsache, dass wir so wenig Zeit zum Filmen hatten, insgesamt nur 26 Tage, hatten wir mehr als genug Material, um einen dreistündigen Film zu machen. Da merkte ich, dass ich meine Lieblinge töten muss.


Eine der Stärken des Films ist die Balance zwischen Emotionalität und Komödie. Wie haben Sie das erreicht?

Unsere Intention war es, Sentimentalität immer mit Humor zu unterwandern und jede Situation auf Realität zu gründen. Immer wenn wir zu weit abdrifteten, brachten wir es zurück zu einem geerdeten und organischen Ort. Es war uns wichtig, in echte Emotionen einzutauchen, aber immer zu diesem geerdeten Ort zurückzukehren. Sozusagen „Gerade wenn du denkst, dass wir dich zu einem sehr sentimentalen Ort bringen, unterbrechen wir dich dort mit etwas wahnsinnig Komischem. Und gerade dann, wenn du denkst, es wird zu verrückt, bringen wir dich zurück in die Realität.“ Diese Art von Reise durch einen Film genieße ich selbst als Zuschauerin. Also war das auch das Ziel.


Der Film wurde seit seiner Premiere beim South by Southwest mit SUPERBAD verglichen.

Wir sollten über den Vergleich glücklich sein. Ich bin ein großer Fan von SUPERBAD. Neben der offensichtlichen Highschool-Umgebung haben wir gemeinsam, dass es bei beiden Filmen aufrichtig um Liebe zwischen Freunden geht. SUPERBAD funktioniert so gut, weil die Protagonisten wirklich zusammen durch dick und dünn gehen. Sie wollen beste Freunde bleiben und sind sehr aufgewühlt, dass ihre gemeinsame Zeit zu Ende geht. BOOKSMART ist ein Liebesbrief an diese intensiven Beziehungen, die in der Schule entstehen. Wir zeigen, wie tiefgründig diese sind. Wie intim sie sind. Oftmals sind sie unsere ersten echten Seelenverwandten. Das ist die Gemeinsamkeit, die ich auf jeden Fall sehe. Ich ärgere mich jedoch über die Tendenz, dass wir in unserer Kultur jeden weiblich fokussierten Film als eine weibliche Version von einem männlichen Klassiker betrachten. Natürlich haben wir nicht versucht SUPERBAD zu sein. Aber ich freue mich über diesen Vergleich, weil ich denke, dass dieser Film brillant ist.


Wie sieht die Zukunft aus? Werden Sie weiter Regie führen?

Ich habe auf jeden Fall Ambitionen, weiterhin Regie zu führen. Ich liebe es. Ich fühle mich dadurch sehr inspiriert. Und ich bin mir auch bewusst, Teil einer Bewegung zu sein. Es gibt viel zu wenige Frauen, die im Studiosystem als Regisseurinnen arbeiten – 4% in den letzten zehn Jahren. Ich möchte ein Teil der Lösung sein. Dafür wird es viele weibliche Regisseurinnen benötigen, die der Welt zeigen, dass unsere Stimmen es wert sind, gehört zu werden. Ich werde aber auch weiter schauspielern. Ich bin immer daran interessiert, mich Herausforderungen zu stellen und mich zu verbessern.

Foto:
© Verleih

Info:
Regie: Olivia Wilde
Drehbuch: Emily Halpern und Sarah Haskins Susanna Fogel Katie Silberman
Darsteller: Kaitlyn Dever,  Beanie Feldstein , Skyler Gisondo,  Billie Lourd,  Lisa Kudrow, Jason Sudeikis

Abdruck aus dem Presseheft