dvd charmegeld„Ein brillanter Film, sarkastisch und urkomisch“, DVD bei MFA

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eine Satire kann bitterböse sein, aber sie kann auch einen ironischen Zeitkommentar abgeben, witzig dazu. Um eine solche geht es erneut in diesem neuen Film des Kanadiers Denys Arcand, der durch seine Filme „Der Untergang des amerikanischen Imperiums“ (1986) und „Die Invasion der Barbaren“2003) dafür bekannt wurde.

Am besten ist es, sich diesen Film einfach anzusehen, denn man ist so schnell eingewickelt in das Geschehen, das sich von selbst erklärt und Sie immer wieder zu lauten Gelächter hinreißt. Phantastisch ausgedacht. Und die Unwahrscheinlichkeit des Geschehens macht gar nichts, denn unsere Welt ist so verrückt, daß man sich alles sehr gut als real vorstellen kann.

Der Anfang ist rasant, als eine Bank überfallen wird, gleichzeitig aber ein weiterer Bankräuber von hinten die Bank betritt und sich die zwei Bankräuber gegenseitig abknallen, ein weiterer es mit den Geldsäcken nach draußen schafft, aber angeschossen ohne diese das Weite sucht.

Nutznießer ist ein hochehrenwerter Postpaketzusteller, der gerade dort mit seinem Wagen ein Paket abliefern wollte, der sich selbst vorstellt als: Arbeiterfamilie, Universitätsabschluß, noch nie straffällig geworden. Am stärksten aber ist er ein Philanthrop und arbeitet ehrenamtlich in der Obdachlosenhilfe. Er nutzt die herrenlosen Geldsäcke, die sich später als 10-12 Millionen Dollar herausstellen, und fährt mit ihnen davon. Aber was tun mit dem Geld? Das erste ist, einen Escortdienst zu bestellen, aber nicht irgendeinen, sondern Aspasia (Maripier Morin), die sich nach der Freundin von Sokrates so nennt, aber kein leichtes Mädchen ist, sondern Männern das Leben verschönt. Auch das von Pierre-Paul.

Dieser dient sich einem Ex-Sträfling an, der als Externer aus dem Gefängnis heraus die Vorlesungen über Finanztransaktionen der Uni besuchen durfte und nun weiß, wie man rechtens mit viel Geld umgeht. Pierre Paul hatte ihn im Fernsehen erlebt und trifft sich mit ihm. Doch der will keine krummen Geschäfte mehr und fordert Bankbeläge etc., die Pierre-Paul natürlich nicht bieten kann. Daraufhin sagt er dem Ex-Knacki, Experten Sylvain, bekannt als „The Brain“ Bigras (Rémy Girard) , die Wahrheit und nimmt ihn mit in die Zelle seines Mietlagers, wohin er die Taschen verbracht hatte.

Nun gibt es zwei Verfolgergruppen. Die eine sind diejenigen, denen das Geld gestohlen wurde. Das war nämlich ein angeblich ehrenwerter Geschäftsmann, der als Drogenhändler dort sein Geld gebunkert hatte und sich selbst berauben wollte, um die Versicherungssumme zusätzlich zu kassieren. Die zweite Gruppe sind die Polizei, deren arrogante Haltung ihnen selber zum Verhängnis wird. Wie unsere Helden beiden Gruppen entgehen, ist der rote Faden des Films, der aufregend gestrickt wird.

Doch die äußere Handlung ist nur das eine, die feine Personenzeichnung das andere. Wenn beim Prozeß des Verliebens die wunderschöne und kluge Aspasia zu unserem Helden sagt: „Ich bin schrecklich oberflächlich. „, antwortet er: „Ich bin Doktor der Philosophie und kann für die Tiefe sorgen.“ Und mit Aspasia lacht der Zuschauer mit. Wir sehen also auch einer zarten Liebesgeschichte zu, denn die Kurtisane ist von seiner Hingabe und Verliebtheit berührt. So etwas hat sie noch nie erlebt, sie, die sonst gekauft wird und jetzt von ihm verehrt. Auch ihr erzählt er offen seine Geldgeschichte.

Und sie, wirklichkeitsnah, hat auch Ideen, wie man das Geld offiziell macht. Zusammen mit Sylvain, dessen wichtigste Regel lautet: Du änderst nichts. Kein Auto, nichts...kommt sie mit einem Ex-Liebhaber und Finanzmogul auf die Ideen, wie man das Geld für Hilfe für Bedürftige sinnvoll und durch die Behörden nicht nachvollziehbar verwenden kann. Es wird eine mildtätige Organisation gegründet, die auch echt mildtätig vorgeht. Dabei hilft ein Ex-Kunde von Aspasia Notar Wilbrod Taschereau (Pierre Curzi), der das Geld über die Welt wandern läßt, was ihn dann die Polizei büßen läßt, denn an den Geldfluß kommt sie nicht heran, wohl aber an seine Vorliebe an zu junge Mädchen.

Wenn Sie noch nicht wußten, was Sie mit Ihren Millionen anfangen, können Sie hier viel lernen. Und wenn kein Geld vorhanden ist, lernen Sie trotzdem mit viel Spaß etwas hinzu!
Das ist wunderbar gemacht und die Geschichte viel feinsinniger und witziger als hier erzählt, wofür ja auch 123 Minuten Zeit ist.


Spezial auf der DVD
Ein Mister Trudeau führt ein Interview mit Regisseur und Drehbuchschreiber Denys Arcand. Die zwei weißen älteren Männer lachen sich selber schief bei der Erörterung, wie Arcand auf die Idee kam, Geld und Wohltätigkeit in einen solchen Zusammenhang zu bringen, wie es der Film tut. Die Mischung von Geist, Kriminalität, sanften Menschenfreunden, brutalem Banküberfall etc. stößt auf die Wirklichkeit, daß die Menschen nicht das sind, was sie zu sein vorgeben – und das nicht im schlechten Sinne. Seine Figuren haben alle zwei Seiten, die man nach und nach entdeckt. Es ist eine Entlarvung von Klischees. Tolles Interview, in dem Arcand auch sagt, er sei sicher, daß in 300 Jahren über unsere Zeit gesprochen werde, als „der Untergang des amerikanischen Imperiums“, just sein damaliger Filmtitel!

Foto:
© Verleih

Info:
DVD
Regie und Buch: Denys Arcand
Originaltitel: LA CHUTE DE L'EMPIRE AMÉRICAIN
Land: Kanada
Jahr: 2018
Genre: Komödie, KriminalfilmLaufzeit: 128 Min.
Specials: Interview mit Denys Arcand
Sprachfassung: dtF, OmUFormat: DCP, Blu-ray
Kinostart: 01.08.2019
FSK: 12

Darsteller
Pierre-Paul     Daoust Alexandre Landry
Aspasia / Camille      Lafontaine Maripier Morin
Sylvain „The Brain”   Bigras Rémy Girard
Pete LaBauve            Louis Morissette
Carla McDuff             Maxim Roy
Wilbrod Taschereau  Pierre Curzi
Jean-Claude             Vincent Leclerc
Jacmel Rosalbert      Patrick Émmanuel Abellard
Linda                         Florence Longpré
Vladimir François Eddy King
Nicole Geneviève Schmidt