JudySerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Januar 2020, Teil 8

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - im Frühjahr 1969 lebt die einst gefeierte Sängerin und Schauspielerin Judy Garland (Renée Zellweger) zusammen mit ihren zwei jüngeren Kindern in Hotels. Die 46Jährige ist pleite und hat Steuerschulden. Sie tritt zusammen mit ihren Kindern, der etwa 15jährigen Lorna Luft (Bella Ramsey) und dem etwa 12jährigen Joey Luft (Lewin Lloyd) bei kleinen Shows in Los Angeles auf. Außerdem ist Judy abhängig von Tabletten und Alkohol.

Als sie die Hotelübernachtungen nicht mehr bezahlen kann, bittet sie ihren Ex-Mann Sid Luft (Rufus Sewell) sie und die Kinder kurzzeitig aufzunehmen. Der verlangt allerdings von ihr, dass sie die Kinder bei ihm lässt, damit sie ein regelmäßiges Leben haben.

Als sie kurz danach eine Party ihrer ältesten Tochter Liza Minnelli (Gemma-Leah Devereux) besucht, trifft sie dort auf den deutlich jüngeren Barbesitzer Mickey Deans (Finn Wittrock).

Um ihre Schulden und den Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Mann bezahlen zu können, nimmt sie ein fünfwöchiges Engagement in London im bekannten Nachtclub Talk of the Town des Theater-Impresario Bernard Delfont (Michael Gambon) an, obwohl sie eigentlich den Gedanken nicht erträgt, von ihren jüngeren Kindern getrennt zu sein.

Nach einigen Problemen zu Beginn, z.B. weigert sich Judy mit ihren Begleitmusikern unter der Leitung von Burt Rhodes (Royce Pierreson) vor dem Konzert zu proben, werden Garlands Auftritte deutlich besser und ihre Konzerte sind nicht nur ausverkauft, sondern auch das Stadtgespräch in London.

Während der Zeit in London erinnert sich Judy immer wieder an ihre eigene Kinder- und Jugendzeit (jetzt: Darci Shaw), in der sie als 16Jährige, obwohl sie dringend Erholung brauchte, immer wieder von Louis B. Mayer (Richard Cordery) durch Drohungen an die Arbeit und auch zum Hungern gezwungen wurde und ihr auch schon damals wahllos Tabletten gegen ihre Hungergefühle und ihre Schlafstörungen gegeben wurden.

Dann taucht plötzlich Mickey Deans in London auf. Da Judy immer noch romantische Vorstellungen vom Leben hat, heiratet sie den deutlich jüngeren Mann recht schnell als ihren fünften Ehemann. Doch auch er sollte sich als unfähig erweisen, ihr das zu geben, was sie sich eigentlich wünscht - ein ruhiges Leben und einfach nur zu Hause bei ihren Kindern zu sein. Denn ohne den Rückhalt ihrer Kinder wird sie auch in London zu einem seelischen Wrack und das macht sich dann auch bei ihren Shows bemerkbar. Deshalb stellt sich nicht nur ihr Management die Frage, wie lange sie noch in der Lage sein wird, ihren Verpflichtungen nachzukommen...


Judy Garland (1922 - 1969) war eine sehr bekannte amerikanische Sängerin und Schauspielerin, die vor allem in den 1950er und den früher 1960er Jahren in den USA große Erfolge als Sängerin feierte. Sie starb am 22. Juni 1969 in London an einer versehentlichen Überdosis von Schlaftabletten.

Bekannt geworden ist sie als 17jährige in der Hauptrolle der Dorothy Gale in "Der Zauberer von Oz" (1939), in dem Film sie singt auch Over the Rainbow. Allerdings stand sie schon als Zweijährige zusammen mit ihren Schwestern auf der Bühne.

"The Wizard of Oz" war so erfolgreich, dass von Judy verlangt wurde, in den nächsten Jahren immer wieder ähnliche Musicalfilme zu drehen. Da sie auf ihr Gewicht achten musste und wegen der andauernden Überforderung an Schlafstörungen litt, wurde sie schon früh von Tabletten und Alkohol abhängig.

Wenn der Film "Judy" von Regisseur Rupert Goold nach dem Drehbuch von Tom Edge beginnt, sind Judy Garlands große Erfolge allerdings schon einige Zeit Vergangenheit, denn der Hauptteil beschränkt sich auf die fünf Wochen, in denen sie in London im Nachtclub Talk of the Town auftritt. Goold zeigt dabei vor allem die Schattenseiten des Erfolges auf. Denn Garland wurde schon als junges Mädchen vom MGM Studioboss Louis B. Mayer skrupellos ausgenutzt, um ihre Kindheit gebracht und unter Druck gesetzt. Darci Shaw zeigt als junge Judy hervorragend deren Probleme auf, wenn sie versucht, sich ein bisschen Freiheit zu verschaffen, so springt sie z.B. im Studio in den Pool, was ihr dann gleich den Ruf einbringt schwierig zu sein. Gerade in der Poolszene sieht man aber auch, wie Judy sich in diesem kurzen Moment entspannt und glücklich fühlt.

Einige Szenen in den Rückblenden sind doch recht schwer zu ertragen, z.B. wenn sie an ihrem 16. Geburtstag nur eine künstliche Torte vorgesetzt bekommt oder wenn die junge Judy zusammen mit ihrem Filmpartner Mickey Rooney (Gus Barrie) am Tisch sitzt und er einen großen Hamburger isst und sie hungrig zusehen muss. Wenn sie dann versucht hineinzubeißen, bekommt sie sofort Ärger und wird von einer Aufpasserin mit Appetitzüglern abgespeist.

Der Film lebt aber vor allem von der grandiosen schauspielerischen Leistung von Renée Zellweger als ältere Judy Garland, die auch selbst einige von Garlands Liedern singt. Goold fokussiert sich dabei auf eine inzwischen ziemlich abgehalfterte Frau, die Steuerschulden hat und deren Ex-Mann ihr jetzt auch noch die Kinder wegnehmen will, damit diese eine stabilere Umgebung haben und regelmäßig in die Schule gehen können. Sie ist ein ehemaliger Star, der eine schreckliche Kindheit hatte - an die sie sich in Rückblenden wieder erinnert - und die eigentlich nichts anderes kann, als auf der Bühne zu singen, auch wenn die Stimme durch die frühe Überforderung deutlich nachgelassen hat.

Renée Zellweger überstrahlt alle anderen Schauspieler. Sie und Regisseur Rupert Goold haben versucht Judy Garland so realistisch wie möglich darzustellen, dazu gehört auch, dass Zellweger in manchen Szenen die Autogramme mit der linken Hand schrieb, da Judy Garland Linkshändern war.

Von den weiteren Charakteren interessieren eigentlich nur noch Jessie Buckley als Rosalyn Wilder, Judys Assistentin in London, die immer wieder relativ ruhig versucht, die Diva in die Spur zu bekommen, Rufus Sewell als Sidney Luft, ihren Ehemann Nummer Vier sowie Finn Wittrock als Mickey Deans, den sie auf einer Party ihrer Tochter Liza Minelli kennengelernt hat, der ihr nach London gefolgt ist und den sie kurz entschlossen in London heiratet, bis sie merkt, dass auch er der nächste Fehlgriff ist.

Neben den realen Charakteren treten im Film noch zwei fiktive homosexuelle Männer auf, die nach einer Show in London am Hintereingang auf sie warten, sich als große Fans herausstellen und mit denen Judy einen netten und entspannten Abend verbringt. Die beiden treten noch einmal in der sehr emotionalen Schlussszene auf und retten Judys Over the Rainbow. Hiermit soll wohl gezeigt werden, dass Judy Garland vor allem in der Schwulenszene noch lange viele treue Fans hatte.

Insgesamt ist "Judy" eine toll gespielte, wunderbar fotografierte und berührende Biografie der großen Sängerin und Schauspielerin. Es geht dem Regisseur vor allem um die Schattenseiten der Filmindustrie und wie schnell ein Star nicht nur als schwierig gilt, sondern auch in Medikamenten- und Alkoholabhängigkeiten gedrängt werden kann, aus denen er sich nicht mehr selbst befreien kann. Vor allem Renée Zellweger macht mit ihrer grandiosen schauspielerischen Leistung und ihren emotionalen Gesangseinlagen den Film unbedingt sehenswert. Sie hat für ihre tolle Darstellung der Judy Garland bei den Golden Globe Awards eine Nominierung als Beste Hauptdarstellerin im Bereich Drama erhalten.

Zusatz:
Der Soundtrack zum Film wurde im September 2019 veröffentlicht. Das Album enthält 12 von Renée Zellweger als Judy Garland gesungene Lieder, zwei davon sind Duette mit Sam Smith bzw. Rufus Wainwright. Hier ist die Trackliste:
01. By Myself (4:14)
02. Get Happy - mit Sam Smith (2:52 Min.)
03. For Once in My Life (3:00)
04. Zing Went the Strings (3:22)
05. You Made Me Love You (2:29)
06. Talk of the Town (3:42)
07. Come Rain or Come Shine (3:44)
08. Have Yourself a Merry Little Christmas - mit Rufus Wainwright (2:58)
09. The Trolley Song (2:29)
10. The Man That Got Away (4:21)
11. San Francisco (2:45)
12. Over the Rainbow (3:35)

Foto: Renée Zellweger als Judy Garland © Entertainment One Germany (eOne)

Info:
Judy (Großbritannien 2019)
Originaltitel: Judy
Genre: Biopic, Drama, Musik
Filmlänge: 118 Min.
Regie: Rupert Goold
Drehbuch: Tom Edge
Darsteller: Renée Zellweger, Jessie Buckley, Finn Wittrock, Rufus Sewell, Michael Gambon, Darci Shaw, Bella Ramsey, Gemma-Leah Devereux u.a.
Verleih: Entertainment One Germany (eOne)
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 02.01.2020