f kanin4Nachtrag: Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Dezember 2019, Teil 15

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) – „Lassen Sie mich noch einmal auf den Antrieb zum Schreiben zurückkommen – ich wollte Kinder damit vertraut machen, wie das mit Hitler zuging. Niemand hatte es bis dahin so richtig versucht, ich meine in Form einer erzählten Familiengeschichte von Flucht und Exil. Da uns – ich sage es noch einmal – nichts Schreckliches passiert war,
was sich etwa mit Anne Frank vergleichen ließ, wurde die Geschichte für Kinder vielleicht zugänglicher. Das, so glaube ich, begründete den Erfolg.“ (Judith Kerr)

Alles begann mit einem Familienurlaub in der Normandie. Jochen Laube, der mit Fabian Maubach die Sommerhaus Filmproduktion leitet, war mit Frau und Kindern an die französische Atlantikküste gereist. Das Surfen stand im Vordergrund, doch auch die vielen alten Bunker und Militäranlagen am Strand weckten die Neugier der damals sieben und neun Jahre alten Kinder. „Es folgten Tage auf dem Campingplatz, in denen wir viel über den Zweiten Weltkrieg, den Nationalsozialismus und die Verfolgung der Juden sprachen“, erinnert sich Jochen Laube. „Wir versuchten, so kindgerecht wie möglich die Zeit von 1933 bis 1945 zu beschreiben, und erinnerten uns auch an ein Buch, das wir in unserer Schulzeit gelesen hatten: ,Als Hitler das rosa Kaninchen stahl‘.“

Der Roman enthält die Kindheitserinnerungen der Autorin Judith Kerr an die Flucht ihrer jüdischen Familie aus Berlin im Jahr 1933. Dabei veränderte sie den Familiennamen von Kerr zu Kemper, übernahm aber recht genau die eigene Familienkonstellation: Aus ihrem Bruder Michael wurde Max, hinter dem Vater Arthur verbirgt sich der berühmte Theaterkritiker Alfred Kerr, und die Mutter Julia wurde im Roman zu Dorothea. Judith Kerr schrieb 1971 aus der Perspektive ihres kindlichen Alter Egos, der neunjährigen Anna Kemper, über den Verlust der Heimat und die Suche nach einem neuen Zuhause in der Schweiz, in Paris und schließlich in London. In englischer Sprache verfasst und von Annemarie Böll ins Deutsche übersetzt, wurde „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ 1974 mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Seit mehr als 40 Jahren wird das Buch an Schulen gelesen, um Jungen und Mädchen behutsam an die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dessen Folgen heranzuführen.

„Als wir aus dem Urlaub zurück waren, haben wir sofort das Buch gekauft und Abend für Abend die Geschichte von Anna und ihrer Familie gelesen“, sagt Jochen Laube. „Anna muss alles zurücklassen, darunter ihr geliebtes rosa Stoffkaninchen, das sinnbildlich für ihre bislang unbeschwerte Kindheit steht. Doch auf der Flucht wächst sie über sich hinaus und erkennt, dass ihre Familie alle tragischen Momente und Entbehrungen überstehen kann, wenn alle nur zusammenhalten und sich gegenseitig Halt und Geborgenheit geben.“ Jochen Laube sieht in der Romanheldin Anna „eine wunderbare Identifikationsfigur, durch die junge Leser die vielen Abenteuer und die großen Emotionen einer Flucht miterleben können“.

Jochen Laube und Fabian Maubach überlegten, welchen Filmen es gelingt, ein junges Publikum an dieses einschneidende Kapitel der deutschen Geschichte heranzuführen, ohne die Kinder zu überfordern. „Erschreckenderweise haben wir keinen solchen Film gefunden“, sagt Jochen Laube. Zwar gab die Freiwillige Selbstkontrolle im Jahr 2016 „Das Tagebuch der Anne Frank“ in einer Neuverfilmung mit Lea van Acken ab zwölf Jahren frei, doch Jochen Laube mahnt zur Vorsicht: „Ich denke, dass Zwölfjährige dieser Geschichte, die mit Anne Franks Tod endet, emotional noch nicht gewachsen sind.“

Foto:
© Verleih

Info:
DARSTELLER
Riva Krymalowski, Anna Kemper
Oliver Masucci, Arthur Kemper 
Carla Juri, Dorothea Kemper 
Justus von Dohnányi, Onkel Julius 
Marinus Hohmann, Max Kemper. 
Ursula Werner, Heimpi 
Caroline Link, Regie, Drehbuch. 
Anna Brüggemann, Drehbuch
Judith Kerr, Buchvorlage
Jochen Laube, Produktion 
Fabian Maubach, Produktion. 
Bella Halben, Kamera. 

 
HINTER DER KAMERA

Caroline Link, Regie, Drehbuch 
Anna Brüggemann, Drehbuch 
Judith Kerr, Buchvorlage 
Jochen Laube, Produktion 
Fabian Maubach, Produktion 
Bella Halben, Kamera.  

Abdruck aus dem Presseheft