f kanin6Nachtrag: Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Dezember 2019, Teil 16

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) – Die beiden Produzenten packte der Ehrgeiz. Sie wollten Judith Kerrs Roman „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ für das Kino und ein junges Publikum adaptieren und damit genau jenen Kinder- und Familienfilm schaffen, der bislang fehlte. „Der Kontakt zu Judith Kerr und ihrem Agenten in London lief zunächst über die Produzentin Clementina Hegewisch, bei der zu diesem Zeitpunkt die Verfilmungsrechte lagen“, erklärt Jochen Laube.
„Natürlich mussten wir erst Judith Kerrs Vertrauen gewinnen, aber sie war sehr glücklich darüber, dass die Verfilmung ihres Buchs nun mit großen Schritten vorankam.“

„Wir mussten nicht lang überlegen, wen wir uns für die Regie wünschten“, sagt Fabian Maubach. Die Produzenten fragten bei Regisseurin Caroline Link an, die sich aufgrund ihrer Filmografie als Idealbesetzung empfahl: „,Nirgendwo in Afrika‘ erzählt eine historische und hoch emotionale Familiengeschichte zur Zeit des Nationalsozialismus und wurde zu Recht mit einem Oscar ausgezeichnet“, sagt Jochen Laube. „Auf der anderen Seite kann Caroline Link toll auf Kinder vor der Kamera eingehen, wie sie mit ,Pünktchen und Anton‘, ,Jenseits der Stille‘ oder zuletzt mit ,Der Junge muss an die frische Luft‘ bewiesen hat.“

Caroline Link kannte den Roman „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ noch aus ihrer Schulzeit: „Schon damals hat mich die Leichtigkeit der Erzählung überrascht“, sagt die Regisseurin. „Das war eine Geschichte über Vertreibung und Flucht aus Nazi-Deutschland, und trotzdem war der Ton optimistisch, fast unbeschwert.“ In Telefonaten mit Judith Kerr fand Caroline Link heraus, warum das so war: „Sie erzählte mir, dass sie die Jahre in der Schweiz und in Paris in überwiegend positiver Erinnerung hat. Für sie und ihren Bruder waren es vor allem abenteuerliche Jahre. Die enge Verbindung zu den Eltern und insbesondere die Nähe zu ihrem beeindruckenden Vater hat sie nachhaltig geprägt und gestärkt.“

Dass die Geschichte aus der Sicht eines neunjährigen Mädchens erzählt wird, gefiel Caroline Link besonders: „Kinder müssen sich vor dieser Geschichte nicht fürchten. Sie ist nicht grausam oder schrecklich, sondern hat auch viele positive Facetten, trotz aller Melancholie darüber, dass Anna und ihre Familie von einem Tag auf den anderen die Heimat, den Wohlstand und die Muttersprache verlieren, weil sich der politische Wind gedreht hat.“

Caroline Link verfasste die Drehbücher zu ihren bisherigen Regiearbeiten fast immer selbst. Da sie aber noch an „Der Junge muss an die frische Luft“ arbeitete, schrieb Anna Brüggemann die erste Fassung des Drehbuchs für „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“. „Wir haben mit Anna Brüggemann schon für „Kreuzweg“ und „3 Zimmer/Küche/Bad“ zusammengearbeitet“, sagt Fabian Maubach. „Wir fanden es spannend, ihre Handschrift und Caroline Links Handschrift im Drehbuchprozess zusammenzubringen: zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, die aus zwei Generationen stammen und für verschiedene Arten des Filmemachens stehen.“ Caroline Link telefonierte noch mehrmals mit Judith Kerr. „Dass ihr Roman für das Kino verfilmt wurde, hat dieser bezaubernden und sanften Frau sehr viel bedeutet“, sagt die Regisseurin. „Sie kannte meinen Film ,Nirgendwo in Afrika‘, der ja auch die Geschichte einer jüdischen Familie erzählt, die während der Nazi-Zeit ins Exil, in die Fremde geht.

Judith Kerr betonte, wie dankbar sie ihren Eltern war, dass sie damals die großen, existenziellen Sorgen vor ihr und ihrem Bruder versteckt haben.“ Caroline Link schrieb eine eigene Drehbuchfassung der Familiengeschichte: „Anna Brüggemann hatte sehr schöne Szeneneinfälle, von denen ich einige übernommen habe, aber wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht, drücke ich den Figuren gern meinen persönlichen Stempel auf.“ Dabei sei es nicht immer einfach gewesen, die 240 Seiten des Romans in einen Spannungsbogen zu verwandeln, der 90 Filmminuten trägt. „Ich habe versucht, diese Spannung atmosphärisch zu erzeugen“, sagt Caroline Link. „Genau wie bei Anna wächst auch beim Zuschauer die Erkenntnis, dass die Familie nicht mehr nach Berlin heimkehren wird. Das wollte ich durch den Kalender zum Ausdruck bringen, in dem Anna alle Tage abstreicht, bis sie wieder nach Hause kann.

Erst spät versteht sie: Ich muss nicht weiter Kreuze machen, wir kommen sowieso nie mehr nach Deutschland. Das ist diese innere Dramatik.“ Die Regisseurin wertet die neunjährige Anna als klassische Filmheldin: „Die Tapferkeit, mit der sie nach vorn blickt und ihren Weg in ein neues Leben sucht, hat mich immer sehr gerührt. Ihre Stärke und ihr Humor, ihre Empathie und ihre Feinfühligkeit bewegen den Kinozuschauer. Wir erleben die Diskriminierung und zunehmende Armut dieser Familie, aber auch die Geborgenheit durch die Eltern und die intellektuelle Unterstützung durch den Vater, der seinen Kindern immer wieder eintrichtert: Wer nur darüber klagt, was er verloren hat, dem wird das Neue, das Gute, was ein jeder Wandel mit sich bringt, entgehen. So bleibt Anna neugierig, gespannt und optimistisch, auch wenn sich der Alltag während der Flucht als zunehmend schwierig entpuppt.“


Foto:
© Verleih

Info:
DARSTELLER
Riva Krymalowski, Anna Kemper
Oliver Masucci, Arthur Kemper
Carla Juri, Dorothea Kemper
Justus von Dohnányi, Onkel Julius
Marinus Hohmann, Max Kemper.
Ursula Werner, Heimpi
Caroline Link, Regie, Drehbuch.
Anna Brüggemann, Drehbuch
Judith Kerr, Buchvorlage
Jochen Laube, Produktion
Fabian Maubach, Produktion.
Bella Halben, Kamera 

HINTER DER KAMERA

Caroline Link, Regie, Drehbuch
Anna Brüggemann, Drehbuch
Judith Kerr, Buchvorlage
Jochen Laube, Produktion
Fabian Maubach, Produktion
Bella Halben, Kamera.

Abdruck aus dem Presseheft