f cres1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. Januar 2020, Teil 3 b

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Die europäische Kulturbeauftragte  Karla de Fries gewinnt den weltberühmten Dirigenten Eduard Sporck für ihr Projekt. Anlässlich  diplomatischer Friedensverhandlungen im Nahen Osten  soll der Professor von der Frankfurter Musikhochschule ein Konzert auf die Beine stellen, in dem junge israelische und palästinensische Musiker zusammen in einem Orchester musizieren. Soweit das Setting des Films.

Es ist unübersehbar inspiriert von dem West-Eastern Divan Orchester, das der Dirigent Daniel Barenboim 1999 gegründet hat, auch wenn es darauf nicht explizit Bezug nimmt.

Der israelische Regisseur Dror Zahavi erzählt eine rein fiktive Geschichte. In ihr geht  es um die ungleichen Bedingungen und Spannungen, die mit einem solchen politisch hochaufgeladenen Orchesterprojekt verbunden sind.

Und so sind es im Film „Crescendo –# make music not war“ wie im wirklichen Leben allerhand Schikanen an den Checkpoints, die den palästinensischen Kandidaten die Teilnahme am Auswahlverfahren erschweren. Der Frust nimmt zu, als nach dem objektiven Probespiel hinter einem Vorhang überwiegend Israelis als die größeren Talente das Rennen machen. Als Dirigent Eduard Sporck zum Ausgleich  die Palästinenserin Layla als Konzertmeisterin einsetzen will, sind die Konflikte vorprogrammiert.

Bei den Proben, die er aus Sicherheitsgründen auf neutralem Boden in seiner Heimat in Südtirol ansetzt, kommt Maestro Sporck dann schnell auf das Kernproblem zu sprechen: „Ihr spielt gegeneinander, hört einander nicht zu, bildet kein Team. Ihr kommuniziert nicht.“

Im Kampf gegen die eskalierenden Feindseligkeiten auf beiden Seiten greift Sporck zu therapeutischen Methoden. In einer dieser Übungen sollen die verfeindeten Lager sich hinter einer Trennlinie gegenüberstehen. Fünf Minuten lang dürfen sich die  Musikerinnen und Musiker, die bemerkenswert von Laiendarstellern verkörpert werden,  gegenseitig anschreien, um ihrem Hass Luft zu machen. Nur zwei Regeln müssen sie beachten: Sie dürfen die Linie nicht übertreten und sich nicht anfassen. Die Angriffslust ist schnell geweckt, die jungen Leute ergehen sich in wüsten Beschimpfungen. Ihre Stimmen werden zusehends lauter, der Ton aggressiver.

Eine großartige schauspielerische Leistung erbringt allen voran Peter Simonischek. Dieser Eduard Sporck strahlt Ruhe und Autorität aus und ist als Sohn mörderischer Nazieltern vielleicht geradezu prädestiniert, zwischen den  verfeindeten Lagern zu vermitteln.

Als seine Schützlinge endlich begreifen, worauf es ankommt und anfangen, fairer miteinander umzugehen, sieht es so aus, als liefe der Film auf ein bemühtes Happy End hinaus. Doch diese Erwartungshaltung wird am Ende gekonnt enttäuscht.

„Crescendo“ überzeugt auch deshalb als Musikfilm mit einer starken Botschaft.

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© Verleih

Info:
CRESCENDO
von Dror Zahavi, D/I/A 2019, 102 Min.
mit Peter Simonischek, Bibiana Beglau, Daniel Donskoy, Sabrina Amali, Mehdi Meskar, Götz Otto
Drama / Start: 16.01.2020