Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Januar 2020, Teil 3
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - „Sei neugierig. Sei furchtlos. Hab keine Angst, wenn Du noch auf der Suche nach einem Platz in der Welt bist. Und vergiss nie deine Mütze.“
Jan Strathmann, Drehbuch
Nach dem überwältigenden Erfolg von DER KLEINE RABE SOCKE (2012) wurde Produzent Dirk Beinhold bei der Suche nach dem Stoff für einen weiteren Animations-Hit schnell fündig – und zwar in der eigenen Biografie. Dank nordrhein-westfälischer Eltern war der gebürtige Berliner quasi mit der Sage der Kölner Heinzelmännchen aufgewachsen. Die winzigen Hausgeister „rupften und zupften, putzten und schabten“, wie es in der Gedichtfassung des Malers und Dichters August Kopisch heißt. „Und eh ein Faulpelz noch erwacht, war all sein Tagewerk bereits gemacht!“
„Als Kind war mir die Sage sehr präsent“, erinnert sich Beinhold. „Ich hab mir damals immer ein Heinzelmännchen gewünscht. Deswegen hatte ich als Produzent ausnahmsweise mal selbst die Idee zu einem Film. Aber natürlich folgte danach noch ein sehr langer Prozess.“
Auch Regisseurin Ute von Münchow-Pohl kannte schon aus Kindheitstagen die „Geschichte vom neugierigen Schneidersweib, das die helfenden Heinzelmännchen vertrieben hat. Ganz klar, Heinzelmännchen machen für einen die Arbeit, auf die man keine Lust hat.“ Und Drehbuchautor Jan Strathmann erinnert sich an eine Hörspielkassette mit deutschen Sagen, auf der auch die Geschichte der Heinzelmännchen zu Köln enthalten war. Während seiner Studentenzeit kam er dann unweit des Kölner Doms regelmäßig am Heinzelmännchen-Brunnen vorbei.
Modern und ein bisschen anarchisch
Gemeinsam mit Strathmann, Autor von Filmen wie DAS SANDMÄNNCHEN – ABENTEUER IM TRAUMLAND (2010) und DIE TIGERENTENBANDE – DER FILM (2011) und Skript-Consultant bei DER KLEINE RABE SOCKE, begann Beinhold mit der Entwicklung des Drehbuchs. „Wir haben dann bald festgestellt, dass die ursprüngliche Idee – ein Kind freundet sich mit einem Heinzelmännchen an – nicht so gut funktionierte“, konstatiert Beinhold. „So sind wir irgendwann bei unserem Heinzelmädchen Helvi als Heldin gelandet. Sie lernt einen verzweifelten Bäckermeister kennen, der gerade dabei ist, sein ganzes Leben aufzugeben.“
Eine 1:1-Adaption der ursprünglichen Sage stand dabei nie zu Debatte. „Die ursprüngliche Geschichte hätte allenfalls für einen Kurzfilm gereicht“, meint Beinhold. „Wir wollten das Ganze ja auch entstauben und in die Gegenwart holen, so dass es die heutigen Kids anspricht. Eine Geschichte, die modern und ein bisschen anarchisch ist. Deshalb haben wir das Wort ‚Heinzels‘ gewissermaßen mit dazu erfunden, um etwas Neues zu erschaffen und um deutlich zu machen, dass das Ganze in der Gegenwart spielt.“
„Wir haben uns gefragt, was aus den kleinen Hausgeistern eigentlich geworden ist, nachdem ihnen so übel mitgespielt wurde“, ergänzt Strathmann, „denn das erzählt die Sage nicht. Man hätte unsere Geschichte natürlich auch in der damaligen Zeit, also im frühen 19. Jahrhundert belassen können. Aber es ist spannender, lustiger und dramatischer, wenn man die kleinen Wichte in eine Welt schubst, die sie nicht kennen.“
Trotzdem blieb die Sage ein Faktor, den der Film nicht unterschlagen durfte – die Ursprungsgeschichte der Heinzelmännchen sozusagen. „In Deutschland ist die Sage relativ bekannt“, erklärt Strathmann, „aber nicht im Ausland. Man muss sie aber kennen, um die Motivation der Hauptfigur Helvi zu verstehen. Wir haben dann nach einigem Ausprobieren die Lösung mit der Theatervorstellung am Anfang des Films gefunden. Der Zuschauer bekommt früh die nötigen Informationen und erfährt zugleich, warum Helvi so auf Kriegsfuß mit der selbstgewählten Isolation der anderen Heinzelmännchen steht.“
Insgesamt dauerte die Arbeit am Drehbuch rund drei Jahre. Ab 2015 beteiligte sich auch Regisseurin Ute von Münchow-Pohl an der Konzeptarbeit. Für die Animations-Spezialistin ist DIE HEINZELS – RÜCKKEHR DER HEINZELMÄNNCHEN nach DER KLEINE RABE SOCKE 1 & 2 (2012 & 2015) und DIE HÄSCHENSCHULE – JAGD NACH DEM GOLDENEN EI (2017) bereits das vierte Regieprojekt für Beinholds Produktionsfirma Akkord Film.
„Erzählerisch war die Herausforderung, dass wir recht viel Background in die Geschichte einbauen mussten, bevor die Handlung richtig losgehen konnte“, berichtet von Münchow-Pohl. „Wir konnten nicht voraussetzen, dass die alte Heinzelmännchen-Geschichte bekannt ist, und natürlich mussten wir dazu auch unsere Annahmen erzählen, wie die Heinzels seitdem unterirdisch leben.“
Die Welt von Groß und Klein
Im Anschluss an die Konzept- und Drehbuchentwicklung begann im Mai 2017 die Vorproduktion. Deren kreatives Herz schlug im Akkord Film-Studio in Hamburg-Ottensen, wo Ute von Münchow-Pohl gemeinsam mit ihrem Storyboarder-Team und Art Director Heiko Hentschel das Design zu DIE HEINZELS – RÜCKKEHR DER HEINZELMÄNNCHEN entwickelte. Die Arbeit an den ersten Storyboards dauerte rund fünf Monate, an die sich – verteilt über etwa vier Wochen – die Sprachaufnahmen anschlossen.
Eine besondere animationstechnische Herausforderung bestand in der Kombination aus Groß und Klein: Da ständig kleine Heinzels mit großen Menschen interagieren, mussten die Räume sehr detailreich und komplex gestaltet werden. Alles musste für Totalen und menschliche Perspektiven genauso funktionieren wie für Einstellungen, in denen die Kamera nah die Heinzels herangeht. Für den Look war auch die Abgrenzung zwischen unterirdischer Heinzels-Welt und dem heutigen Köln außerordentlich wichtig. „Die Welt der Heinzels untertage ist eng und nur von Kerzenlicht beleuchtet, auch farblich begrenzt. Oben in der offenen Menschenwelt wird es hell und es tauchen ganz andere Farben auf“, erklärt von Münchow-Pohl. „Dann gibt es die Backstube von Theo in warmen Tönen. Das ist eine Welt mit liebevollen Details, man möchte alles anfassen. In Brunos Fabrik ist dagegen alles glatt, kühl und automatisiert. In diesen Kontrasten bewegt sich der Film.“
Insgesamt dauerte die Produktion über zwei Jahre – etwas länger als ursprünglich geplant. 70 Figuren wurden in dieser Zeit erschaffen, dazu 400 Gegenstände und 700 Effekte. Der Film hat nicht weniger als 65 Schauplätze, die in 1333 Einstellungen präsentiert werden. Rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren am eindrucksvollen Schöpfungsprozess beteiligt.
Zu ihnen zählte auch der Komponist Alex Komlew. Sein Score wurde von 50 Musikern des Deutschen Filmorchesters Babelsberg eingespielt. Außerdem schrieb er den HEINZELS-Song „Wir heinzeln das“, „der hoffentlich zum Klassiker wird“, wie Dirk Beinhold sagt.
Foto:
© Verleih
Info:
BESETZUNG
Helvi JELLA HAASE
Kipp LOUIS HOFMANN
Butz LEON SEIDEL
Theo DETLEF BIERSTEDT
Vendla ELKE HEIDENREICH
Brimur BILL MOCKRIDGE
Rosa MARIE-LUISE MARJAN
Bruno ROLF BERG
Harriet RANJA BONALANA
u.v.a.
STAB
Regie UTE VON MÜNCHOW-POHL
Drehbuch JAN STRATHMANN