Weit wegSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. März 2020 Teil 2

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Die Bewohner des Dorfes Niederkirchbach müssen wegen des anrückenden Braunkohletagebaus ihre Häuser räumen und ihr Dorf verlassen. Zu den Bewohnern gehört auch die Familie des 11 jährigen Ben (Yoran Leicher), der allerdings zusammen mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester nicht ins neu erbaute Neu-Niederkirchbach zieht, sondern nach Dülmen. Ben verliert dadurch nicht nur seine Freunde, sondern muss auch seine Fußballmannschaft verlassen, in der er der Stürmerstar ist.

Der Abschied fällt Ben schwer, denn er hat Probleme sich in der neuen Umgebung einzuleben. In der Schule wird er allein an einen Tisch gesetzt und in der neuen Fußballmannschaft wird das bisherige Stürmerass gegen seinen Willen in der Abwehr eingesetzt. Auch sitzt er jetzt immer mal wieder auf der Ersatzbank. Das passt dem ehemaligen Stürmerstar überhaupt nicht, leider sind seine gelegentlichen Alleingänge nach vorne nicht gerade von Erfolg gekrönt.

Kurz darauf kommt noch ein weiterer neuer Schüler in Bens Klasse und wird auch gleich an seinen Tisch gesetzt. Es ist der ebenfalls 11jährige Tariq (Sobhi Awad), ein junger Flüchtling aus Syrien. Tariq taucht auch beim Fußball-Training auf und wird gleich in den Sturm gestellt. Ben muss allerdings zugeben, dass Tariq der bessere Spieler ist und auch ein paar tolle Tricks mit dem Ball auf Lager hat.

Ben selbst hat auch Heimweh nach seinem alten Dorf und seinen alten Freunden. Heimlich fährt er mit dem Regionalzug in seine alte Heimat. Dort merkt er allerdings, dass sich in Neu-Niederkirchbach und auch bei seiner alten Fußballmannschaft einiges geändert hat und er nicht mehr dazu gehört.

Doch langsam lernen sich die beiden Jungen besser kennen. So beobachtet Ben, dass Tariq regelmäßig auf einer Bank am Bahnhof sitzt. Er erfährt auch, dass Tariq als unbegleiteter Flüchtling nach Dülmen gekommen ist und in einem Kinderheim wohnt.

Ben und Tariq freunden sich an. Als Tariq bei Ben übernachten darf, lernt Ben, dass der syrische Junge nach seinem älteren Bruder sucht, den er auf der Flucht verloren hat. Jetzt zeigt sich, dass Bens neue Fußballmannschaft und auch seine Klasse eine große Hilfe sein können, denn sie machen sich zur Aufgabe, Tariqs Bruder über das Internet ausfindig zu machen.

Doch das große Abenteuer steht den beiden Jungen noch bevor, wenn Ben und Tariq sich heimlich in sein altes Dorf aufmachen, das inzwischen abgeriegelt ist. Benn will Tariq zeigen, wo er früher gewohnt hat und die Beiden an Bens altem Haus heimlich im Zelt übernachten wollen...


Regisseurin Sarah Winkenstette hat in ihrem Langfilmdebüt "Zu weit weg - Aber Freunde für immer!" nach dem Drehbuch von Susanne Finken Themen wie Zuwanderung, Integration, Verlust der Heimat, Braunkohlenabbau und die Folgen kindgerecht aufgearbeitet.

Dabei werden neben der Haupthandlung, bei der es sowohl um die Probleme von Tariq als auch um die Veränderungen im Leben von Ben geht, weitere Themen in Nebenhandlungen dargestellt, wie z.B. dass der beste Stürmer der neuen Fußballmannschaft ein Mädchen ist, das sich toll behaupten kann. Schön auch die Idee, dass die Kids bei der Suche nach Tariqs vermisstem älterem Bruder ganz selbstverständlich das Internet als Hilfsmittel einsetzen.

Für das junge Publikum wird vermutlich zu allererst die Geschichte rund um die wachsende Freundschaft von Ben und Tariq sowie Bens Probleme innerhalb der Fußballmannschaft interessant sein. Doch es werden in dem Film auch Themen angesprochen, die vor allem Erwachsene beschäftigen. Sarah Winkenstette hat nun versucht, diese auch für Kinder und Jugendliche interessant zu machen.

Die Regisseurin zeigt aber auch, dass Heimat ist da, wo du dich wohlfühlst und nicht unbedingt da, wo du wohnst. Dieses Wohlfühlen kann aber im Laufe der Zeit kommen und dann kann auch der neue Ort zur Heimat werden.

Sarah Winkenstette konnte sich dabei auf die tollen schauspielerischen Leistungen der beiden jungen Darsteller Yoran Leicher als Ben und Sobhi Awad als Tariq verlassen, die ihre Rollen natürlich und überzeugend spielen. Die beiden Jungen schaffen es, die anspruchsvolle Geschichte von Vertreibung, Flucht und Neuanfang auch für ein jugendliches Publikum absolut glaubhaft darzustellen. Der Film zeigt zudem, dass es auch hier in Deutschland möglich ist, aus seiner Heimat vertrieben zu werden und welche Verwundungen das mit sich bringt, auch wenn Ben am Ende klar wird, dass seine Probleme klein sind im Vergleich zu Tariqs.

Der Film wurde von der FBW-Jugendfilm Jury mit 3,5 von 5 Sternen bewertet. Die Jury empfiehlt ihn ab einem Alter von 11 Jahren. Dabei zählt für die Zielgruppe der 10- bis 12-jährigen vorrangig die Freundschaft, die die beiden Jungen verbindet.

Insgesamt arbeitet "Zu weit weg - Aber Freunde für immer!" Themen wie Vertreibung, Umsiedlung, Migration und Integration sensibel und verständlich für Kinder und Jugendliche auf. Der Regisseurin ist dadurch ein Film gelungen, der den Sorgen und Nöte seiner jungen Protagonisten auf Augenhöhe begegnet und der sie dadurch ernst nimmt. Er ist deshalb ausgesprochen realitätsnah und er spiegelt einfühlsam die kindliche Erlebniswelt wider.

Dies macht "Zu weit weg" zu einem spannenden und humorvollen Jugendfilm, der nicht nur für die direkte Zielgruppe, sondern für die ganze Familie unbedingt sehenswert ist und dem man wünscht, dass er neben den teuren Kinderfilmen auch von der Zielgruppe wahrgenommen wird.

Foto: Yoran Leicher als Ben und Sobhi Awad als Tariq © Farbfilm Verleih

Info:
Zu weit weg - Aber Freunde für immer! (Deutschland 2019)
Genre: Kinder- und Familienfilm, Sport, Migration
Filmlänge: 88 Min.
Regie: Sarah Winkenstette
Drehbuch: Susanne Finken
Darsteller: Yoran Leicher, Sobhi Awad, Anna König, Andreas Nickl, Anna Böttcher, Petra Nadolny u.a.
Verleih: Farbfilm Verleih
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 12.03.2020