Bildschirmfoto 2020 07 17 um 09.13.31Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. Juli 2020,  Teil 9

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) -  In einem Fläschchen steckt ihr wissenschaftlicher Erfolg. Gegen den Widerstand der akademischen Männerwelt  entdeckt Marie Curie das Radium.  Sie hat die grün leuchtende Substanz immer bei sich - sogar unter ihrem Kissen, wenn sie schläft. Aus dem schwarzen Gestein Pechblende hat die Physikerin das Element extrahiert. Ihr Ehemann und Mitarbeiter Pierre hat sie dabei nach Kräften unterstützt, ihr auch sein Instrumentarium und Labor zur Verfügung gestellt, nachdem sie ihres gerade verloren hat.

„Marie Curie – Elemente eines Lebens“ ist ein Historienfilm, der die Wissenschaftlerin  auf dem Gipfel ihres Ruhms würdigt. Die ambivalente Beziehung mit Pierre Curie steht im Zentrum der Erzählung. Doch deckt das klassische Biopic mit Rückblenden bis in die Kindheit das gesamte Leben der Protagonistin ab.

Für die erste gemeinsame Nacht von Marie und Pierre findet die iranisch-französische Regisseurin Marjane Satrapi poetische Bilder von verschmelzenden Schatten der Liebenden, die in den Sternenhimmel aufsteigen.  Aber dann kommt es zum Streit, als Er alleine den ersten Nobelpreis entgegen genommen hat. Und mit den Konflikten werden die Dialoge plakativer.

Wie sehr die Forscherin um ihre Eigenständigkeit kämpfen musste, unterstreicht der Film etwas überdeutlich. Dies aber mit einer Hauptdarstellerin, die ihre Rolle facettenreich auslotet. Rosamund Pike ist eine unangepasste, willensstarke, eigensinnige, bisweilen auch etwas penetrante Marie Curie. Meist tritt sie energisch auf wie in der Szene, in der ihr die Pariser Sorbonne nach Pierres Unfalltod seine Professur anträgt.

In ihrem späteren Leben kämpft Marie Curie hartnäckig für die Finanzierung mobiler Röntgengeräte, die sie zusammen mit ihrer Tochter Irène entwickeln will, um auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs Hilfe zu leisten. Zu dem Zeitpunkt ist sie bereits eine zweifache Nobelpreisträgerin.

Als ein geschickter Kunstgriff in der Erzählung erweisen sich kurze Ausblicke in die Zukunft. Wie auch im Comic-Roman „Radioactive“ von Lauren Redniss, auf dem das Drehbuch basiert, berührt der Film Fragen zu Verantwortung und Missbrauch von Wissenschaft:  Ein krebskranker Junge erfährt in Cleveland 1957 den Segen der Strahlentherapie. Auf Hiroshima fällt 1945 die Atombombe, 1986 kommt es zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl.

Hat die Radioaktivität am Ende mehr Schaden angerichtet als genützt? Marjane Satrapi bewertet das nicht und das ist gut so. Auf die Weise gelingt das tiefgründige, ambivalente Porträt einer Forscherin zwischen Genialität und Tragik, das Marie Curie nur gelegentlich zu sehr auf ihre Rolle als Frau reduziert.

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