Redaktion
Los Angeles (Weltexpresso) - Mit VERGIFTETE WAHRHEIT begibt sich der von der Kritik gefeierte Filmemacher Todd Haynes auf neues Terrain, um die fesselnde, auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte eines Gesundheits- und Korruptionsskandals zu erzählen, der höchste Kreise von Industrie und Politik berührte. Ins Rollen gebracht wurde das Ganze durch Nathaniel Richs Artikel im New York Times Magazine vom 6. Januar 2016 über den Anwalt Rob Bilott aus Cincinnati. Der Angestellte der Kanzlei Taft Stettinius & Hollister LLP war überraschend gegen diejenigen ins Feld gezogen, die er zuvor vor Gericht vertreten hatte: Er deckte die Gefahren einer Chemikalie auf, die seit Jahren den Boden einer Gemeinde schwer verseucht hatte, und startete einen Feldzug, um einen einflussreichen Chemieriesen juristisch zur Verantwortung zu ziehen.
Der Ausgangspunkt der Geschichte ähnelt einem Horrorszenario: Die Familie Tennant bewirtschaftet bereits seit Generationen ihre ausgedehnten Weideflächen. Plötzlich stirbt ihr Vieh auf seltsame Weise. Die sonst sanftmütigen Tiere zeigen aggressives Verhalten. Sie weisen überall Verletzungen auf, haben rotgeränderte Augen, sondern weißen Schleim ab und ihre Zähne verfärben sich schwarz. Eines der toten Kälber hat ein stahlblaues Auge. Wilbur Tennant ist zwar überzeugt, dass die giftigen Absonderungen von DuPonts Werk Washington Works auf dem nahegelegenen Deponiegelände schuld daran sind, kann es aber nicht beweisen.
Er wendet sich schließlich verzweifelt an Bilott, der als Kind viel Zeit in Parkersburg, West Virginia, verbrachte, ganz in der Nähe von Tennants Farm. „Als die Tennants uns kontaktieren und baten, ihnen dabei zu helfen aufzudecken, was in dieser Deponie vor sich ging, lebte ich in einer Welt, in der es geregelte Abläufe gab und gelistete Materialien. Wir dachten, das sollte schnell zu klären sein“, erinnert sich Bilott. „Wir finden heraus, was in der Deponie angeliefert wird und schauen uns die Genehmigungen an. Dann haben wir einen Überblick über die eingehenden Chemikalien und können nachvollziehen, ob eventuell zu viele verklappt werden.“
Ein Jahr später entdeckte Bilott, womit sie es tatsächlich zu tun hatten: „Eine Chemikalie verstieß gegen die Regularien. Die Spur führte zu einem noch größeren, ganz anders gelagerten Projekt.“ Die verdächtige Substanz heißt PFOA, Perfluoroctansäure. Sie wird seit 1951 eingesetzt, also knapp zwei Jahrzehnte vor der Gründung der Umweltschutzbehörde EPA.
„Unglücklicherweise konzentrierte sich die Umweltschutzbehörde in ihren Bundesgesetzen und Vorschriften in den 1970ern hauptsächlich auf neue Chemikalien. Schon länger eingesetzte Chemikalien hatten sie gar nicht auf dem Schirm. Die kamen weiter zum Einsatz, ohne dass ihre Wirkung genauer unter die Lupe genommen wurde“, erläutert Bilott.
Der Anwalt machte eine schockierende Entdeckung: DuPont wusste seit langem, dass PFOA weitreichende, sogar tödliche Wirkung haben konnte. Das hatte DuPont laut Richs Artikel nicht daran gehindert, bis 1990 insgesamt 7.100 Tonnen mit PFOA angereicherten Schlamm in besagter Deponie zu verklappen. Von dort gelangte vergiftetes Abwasser auf die Weiden, auf denen Tennants Vieh graste. Bilott beschloss daraufhin, es zu seiner Mission zu machen, den Tennants und all den anderen Menschen, die der langlebigen Risiko-Chemikalie PFOA ausgesetzt waren und deren Körper sie nicht mehr abbauen konnte, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Als Mark Ruffalo den Artikel von Rich las, läuteten bei ihm alle Alarmglocken. Dem bereits dreimal für den Oscar nominierten Schauspieler und engagierten Umweltschützer war es ein besonderes Anliegen, Bilotts Kampf als künstlerisch-politisches Statement zu verfilmen. Im März 2011 hatte Ruffalo, der Klimawandel nicht für eine Bagatelle hält und sich für erneuerbare Energien einsetzt, die Organisation Water Defense mitgegründet, um in der Öffentlichkeit auf die schädlichen Folgen von Fracking und die zunehmende Verunreinigung des Grundwassers aufmerksam zu machen. 2012 brachte er das Solutions Project mit auf den Weg, als Schnittstelle von Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur bei der Entwicklung erneuerbarer Energien.
Ruffalo sprach Bilott in einem Telefonat auf einen Punkt an, der in dem Artikel nur angerissen wurde. „Ich wollte von Rob wissen, ob es nicht eher hinderlich war, seine Mission von einer Kanzlei aus voranzutreiben, die Firmen aus der Chemiebranche repräsentierte. Rob versprach, mich detailliert in die Hintergründe einzuweihen. Das war für mich der entscheidende Ansatzpunkt für das Projekt.“
„Ein Held befindet sich unter andauerndem Beschuss aus den Reihen diverser Kontrahenten, das ergibt eine spannende Geschichte“, erläutert Ruffalo. „Je komplexer die Widrigkeiten und Gegenkräfte ausfallen, desto mehr muss sich der Held anstrengen und desto bewundernswerter ist sein Einsatz. Anfangs sieht Rob hinter diesen Unternehmen in erster Linie noch Menschen, die ihrer Verantwortung nachkommen. Doch am Ende wird ihm klar, dass DuPont vierzig Jahre lang die Vergiftung der Umwelt billigend in Kauf nahm und keine Skrupel hatte, sie zu vertuschen.“
Bilott sah in dem Filmprojekt eine zusätzliche Gelegenheit zu kommunizieren, wie wichtig die aktuelle Gefahr für die Gesundheit der Menschen ist. „Die Leute müssen davon in Kenntnis gesetzt werden, in welchem Maße die Natur und unsere Gesundheit bedroht sind. Und sie sollen nachvollziehen können, wie so ein massiver Umweltskandal in einem Land, das zu den am weitesten entwickelten Nationen der Welt gehört, passieren konnte.“
Jeff Skoll komplettierte mit seiner Firma Participant das Produktionsteam. Bekannt für Filme wie den Oscar-prämierten SPOTLIGHT, in dem Ruffalo in der Rolle des Journalisten Michael Rezendes zusammen mit seinen Kollegen vom Boston Globe die systematische Vertuschung von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche aufdeckt, war die Firma ein idealer Partner für ein Projekt, das sich einem ähnlich brisanten und wichtigen gesellschaftspolitischem Thema widmet. Drehbuchautor Matthew Michael Carnahan, der bereits für Participant einen weiteren realen Umweltskandal für den Film DEEPWATER HORIZON als packendes Drama zu Papier gebracht hatte, sollte Bilotts Geschichte für die Leinwand adaptieren. Ruffalo schickte Ende 2017 bereits eine erste Fassung an Regisseur Todd Haynes, um herauszufinden, ob er Interesse hätte, die Regie zu übernehmen.
Obwohl Ruffalo und Haynes bis dahin noch nie zusammengearbeitet hatten, schätzten sie einander sehr. Haynes hatte das Thema des notorischen Außenseiters in seinen Filmen CAROL und dem Oscar-nominierten DEM HIMMEL SO FERN bereits ästhetisch reizvoll umgesetzt. Auch dem Thema Umweltverschmutzung hatte er sich mit SAFE und POISON gewidmet.
Haynes sprang sofort auf Bilotts Geschichte an und fand es reizvoll, sich in einem neuen Genre zu versuchen. „VERGIFTETE WAHRHEIT bewegt sich etwas außerhalb der Art von Filmen, mit denen ich assoziiert werde. Doch auch hier handelt es sich um einen Genrefilm, wenn man ihn über das Hauptmotiv des Whistleblowers definiert“, sagt Haynes, der zwei Meilensteine dieses Genres, DIE UNBESTECHLICHEN und INSIDER, zu seinen Lieblingsfilmen zählt.
Als Haynes die erste Drehbuchfassung in den Händen hielt, saß er gerade an der Postproduktion seines ungewöhnlichen Kinderfilms WONDERSTRUCK. Trotzdem wusste er sofort, dass er VERGIFTETE WAHRHEIT als nächstes Projekt machen wollte. Mit Christine Vachon und Pamela Koffler von Killer Films holte er zwei seit langem vertraute Produktionspartnerinnen mit ins Boot. Vachon faszinierte besonders der Aspekt, wie jemand zum Whistleblower wird: „Immerhin stellt so eine Entscheidung dein ganzes Leben auf den Kopf, und das nicht gerade im positiven Sinn. Die meisten von ihnen sind sich darüber im 12 Klaren, dass sie vieles von dem, was ihrem Leben Stabilität verleiht, aufs Spiel setzen. Diese psychologische Zuspitzung fasziniert mich.“
Koffler überzeugte besonders, wie die Drehbuchadaption die vielen technischen Informationen verarbeitet, ohne den Fluss der Erzählung zum Stocken zu bringen: „Die Geschichte streift gleich mehrere Fachgebiete: Chemie, Justiz und Umweltpolitik. All die dafür notwendigen Hintergrundinformationen auf Spielfilmlänge so aufzubereiten, dass dabei ein packendes Drama herauskommt, war eine große Herausforderung. Und ich finde, das Resultat ist sehr gut gelungen.“
Um sicherzustellen, dass das Drehbuch bis ins Detail möglichst authentisch ist, heuerten Ruffalo und Haynes Drehbuchautor Mario Correa für die Überarbeitungen an und reisten mit ihm im Mai 2018 nach Cincinnati, um vor Ort mit Bilott und seinen Unterstützern zu sprechen. Dazu gehörte vor allem Bilotts Vorgesetzter Thomas Terp.
Bilott war beeindruckt, mit welcher Leidenschaft und Empathie Ruffalo ans Werk ging: „Er nahm sich viel Zeit, um sich anzuhören, was dieser Fall, der über zwanzig Jahre unser Leben entscheidend geprägt hatte, für uns bedeutete. Nicht nur, was das aufwändige juristische Verfahren anging, sondern auch auf der persönlichen Ebene. Die Auswirkungen auf die Familien all derer, die darin involviert waren.“
Haynes und Correa reisten auch nach Parkersburg, West Virginia, und trafen dort zusammen mit Bilott diejenigen, die den Stein ins Rollen gebracht hatten. Sie besuchten dort auch das riesige Gelände von Washington Works. „Die Fabrik spuckte Unmengen von Rauch aus“, erinnert sich Haynes. „Du hast das Gefühl, als würden diese Emissionen dir direkt in die Haut ziehen. Du bist umgeben von einem Nebel, der dein Sehvermögen noch nach Verlassen des Geländes beeinträchtigt.“
Obwohl auch in seinen früheren Filmen einige Figuren von realen Personen inspiriert waren, stellte VERGIFTETE WAHRHEIT in Sachen Authentizität einen weitaus größeren Anspruch an Haynes. „Das war für mich die größte Herausforderung: den Fakten treu zu bleiben und diese einmalige Erfahrung, die diese Menschen durchlaufen haben, visuell so umzusetzen, dass sie unverfälscht beim Zuschauer ankommt und ihn gleichzeitig fesselt.“
Er wendet sich schließlich verzweifelt an Bilott, der als Kind viel Zeit in Parkersburg, West Virginia, verbrachte, ganz in der Nähe von Tennants Farm. „Als die Tennants uns kontaktieren und baten, ihnen dabei zu helfen aufzudecken, was in dieser Deponie vor sich ging, lebte ich in einer Welt, in der es geregelte Abläufe gab und gelistete Materialien. Wir dachten, das sollte schnell zu klären sein“, erinnert sich Bilott. „Wir finden heraus, was in der Deponie angeliefert wird und schauen uns die Genehmigungen an. Dann haben wir einen Überblick über die eingehenden Chemikalien und können nachvollziehen, ob eventuell zu viele verklappt werden.“
Ein Jahr später entdeckte Bilott, womit sie es tatsächlich zu tun hatten: „Eine Chemikalie verstieß gegen die Regularien. Die Spur führte zu einem noch größeren, ganz anders gelagerten Projekt.“ Die verdächtige Substanz heißt PFOA, Perfluoroctansäure. Sie wird seit 1951 eingesetzt, also knapp zwei Jahrzehnte vor der Gründung der Umweltschutzbehörde EPA.
„Unglücklicherweise konzentrierte sich die Umweltschutzbehörde in ihren Bundesgesetzen und Vorschriften in den 1970ern hauptsächlich auf neue Chemikalien. Schon länger eingesetzte Chemikalien hatten sie gar nicht auf dem Schirm. Die kamen weiter zum Einsatz, ohne dass ihre Wirkung genauer unter die Lupe genommen wurde“, erläutert Bilott.
Der Anwalt machte eine schockierende Entdeckung: DuPont wusste seit langem, dass PFOA weitreichende, sogar tödliche Wirkung haben konnte. Das hatte DuPont laut Richs Artikel nicht daran gehindert, bis 1990 insgesamt 7.100 Tonnen mit PFOA angereicherten Schlamm in besagter Deponie zu verklappen. Von dort gelangte vergiftetes Abwasser auf die Weiden, auf denen Tennants Vieh graste. Bilott beschloss daraufhin, es zu seiner Mission zu machen, den Tennants und all den anderen Menschen, die der langlebigen Risiko-Chemikalie PFOA ausgesetzt waren und deren Körper sie nicht mehr abbauen konnte, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Als Mark Ruffalo den Artikel von Rich las, läuteten bei ihm alle Alarmglocken. Dem bereits dreimal für den Oscar nominierten Schauspieler und engagierten Umweltschützer war es ein besonderes Anliegen, Bilotts Kampf als künstlerisch-politisches Statement zu verfilmen. Im März 2011 hatte Ruffalo, der Klimawandel nicht für eine Bagatelle hält und sich für erneuerbare Energien einsetzt, die Organisation Water Defense mitgegründet, um in der Öffentlichkeit auf die schädlichen Folgen von Fracking und die zunehmende Verunreinigung des Grundwassers aufmerksam zu machen. 2012 brachte er das Solutions Project mit auf den Weg, als Schnittstelle von Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur bei der Entwicklung erneuerbarer Energien.
Ruffalo sprach Bilott in einem Telefonat auf einen Punkt an, der in dem Artikel nur angerissen wurde. „Ich wollte von Rob wissen, ob es nicht eher hinderlich war, seine Mission von einer Kanzlei aus voranzutreiben, die Firmen aus der Chemiebranche repräsentierte. Rob versprach, mich detailliert in die Hintergründe einzuweihen. Das war für mich der entscheidende Ansatzpunkt für das Projekt.“
„Ein Held befindet sich unter andauerndem Beschuss aus den Reihen diverser Kontrahenten, das ergibt eine spannende Geschichte“, erläutert Ruffalo. „Je komplexer die Widrigkeiten und Gegenkräfte ausfallen, desto mehr muss sich der Held anstrengen und desto bewundernswerter ist sein Einsatz. Anfangs sieht Rob hinter diesen Unternehmen in erster Linie noch Menschen, die ihrer Verantwortung nachkommen. Doch am Ende wird ihm klar, dass DuPont vierzig Jahre lang die Vergiftung der Umwelt billigend in Kauf nahm und keine Skrupel hatte, sie zu vertuschen.“
Bilott sah in dem Filmprojekt eine zusätzliche Gelegenheit zu kommunizieren, wie wichtig die aktuelle Gefahr für die Gesundheit der Menschen ist. „Die Leute müssen davon in Kenntnis gesetzt werden, in welchem Maße die Natur und unsere Gesundheit bedroht sind. Und sie sollen nachvollziehen können, wie so ein massiver Umweltskandal in einem Land, das zu den am weitesten entwickelten Nationen der Welt gehört, passieren konnte.“
Jeff Skoll komplettierte mit seiner Firma Participant das Produktionsteam. Bekannt für Filme wie den Oscar-prämierten SPOTLIGHT, in dem Ruffalo in der Rolle des Journalisten Michael Rezendes zusammen mit seinen Kollegen vom Boston Globe die systematische Vertuschung von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche aufdeckt, war die Firma ein idealer Partner für ein Projekt, das sich einem ähnlich brisanten und wichtigen gesellschaftspolitischem Thema widmet. Drehbuchautor Matthew Michael Carnahan, der bereits für Participant einen weiteren realen Umweltskandal für den Film DEEPWATER HORIZON als packendes Drama zu Papier gebracht hatte, sollte Bilotts Geschichte für die Leinwand adaptieren. Ruffalo schickte Ende 2017 bereits eine erste Fassung an Regisseur Todd Haynes, um herauszufinden, ob er Interesse hätte, die Regie zu übernehmen.
Obwohl Ruffalo und Haynes bis dahin noch nie zusammengearbeitet hatten, schätzten sie einander sehr. Haynes hatte das Thema des notorischen Außenseiters in seinen Filmen CAROL und dem Oscar-nominierten DEM HIMMEL SO FERN bereits ästhetisch reizvoll umgesetzt. Auch dem Thema Umweltverschmutzung hatte er sich mit SAFE und POISON gewidmet.
Haynes sprang sofort auf Bilotts Geschichte an und fand es reizvoll, sich in einem neuen Genre zu versuchen. „VERGIFTETE WAHRHEIT bewegt sich etwas außerhalb der Art von Filmen, mit denen ich assoziiert werde. Doch auch hier handelt es sich um einen Genrefilm, wenn man ihn über das Hauptmotiv des Whistleblowers definiert“, sagt Haynes, der zwei Meilensteine dieses Genres, DIE UNBESTECHLICHEN und INSIDER, zu seinen Lieblingsfilmen zählt.
Als Haynes die erste Drehbuchfassung in den Händen hielt, saß er gerade an der Postproduktion seines ungewöhnlichen Kinderfilms WONDERSTRUCK. Trotzdem wusste er sofort, dass er VERGIFTETE WAHRHEIT als nächstes Projekt machen wollte. Mit Christine Vachon und Pamela Koffler von Killer Films holte er zwei seit langem vertraute Produktionspartnerinnen mit ins Boot. Vachon faszinierte besonders der Aspekt, wie jemand zum Whistleblower wird: „Immerhin stellt so eine Entscheidung dein ganzes Leben auf den Kopf, und das nicht gerade im positiven Sinn. Die meisten von ihnen sind sich darüber im 12 Klaren, dass sie vieles von dem, was ihrem Leben Stabilität verleiht, aufs Spiel setzen. Diese psychologische Zuspitzung fasziniert mich.“
Koffler überzeugte besonders, wie die Drehbuchadaption die vielen technischen Informationen verarbeitet, ohne den Fluss der Erzählung zum Stocken zu bringen: „Die Geschichte streift gleich mehrere Fachgebiete: Chemie, Justiz und Umweltpolitik. All die dafür notwendigen Hintergrundinformationen auf Spielfilmlänge so aufzubereiten, dass dabei ein packendes Drama herauskommt, war eine große Herausforderung. Und ich finde, das Resultat ist sehr gut gelungen.“
Um sicherzustellen, dass das Drehbuch bis ins Detail möglichst authentisch ist, heuerten Ruffalo und Haynes Drehbuchautor Mario Correa für die Überarbeitungen an und reisten mit ihm im Mai 2018 nach Cincinnati, um vor Ort mit Bilott und seinen Unterstützern zu sprechen. Dazu gehörte vor allem Bilotts Vorgesetzter Thomas Terp.
Bilott war beeindruckt, mit welcher Leidenschaft und Empathie Ruffalo ans Werk ging: „Er nahm sich viel Zeit, um sich anzuhören, was dieser Fall, der über zwanzig Jahre unser Leben entscheidend geprägt hatte, für uns bedeutete. Nicht nur, was das aufwändige juristische Verfahren anging, sondern auch auf der persönlichen Ebene. Die Auswirkungen auf die Familien all derer, die darin involviert waren.“
Haynes und Correa reisten auch nach Parkersburg, West Virginia, und trafen dort zusammen mit Bilott diejenigen, die den Stein ins Rollen gebracht hatten. Sie besuchten dort auch das riesige Gelände von Washington Works. „Die Fabrik spuckte Unmengen von Rauch aus“, erinnert sich Haynes. „Du hast das Gefühl, als würden diese Emissionen dir direkt in die Haut ziehen. Du bist umgeben von einem Nebel, der dein Sehvermögen noch nach Verlassen des Geländes beeinträchtigt.“
Obwohl auch in seinen früheren Filmen einige Figuren von realen Personen inspiriert waren, stellte VERGIFTETE WAHRHEIT in Sachen Authentizität einen weitaus größeren Anspruch an Haynes. „Das war für mich die größte Herausforderung: den Fakten treu zu bleiben und diese einmalige Erfahrung, die diese Menschen durchlaufen haben, visuell so umzusetzen, dass sie unverfälscht beim Zuschauer ankommt und ihn gleichzeitig fesselt.“