Neu auf DVD und Blu-ray ab dem 24. Dezember 2020
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt (Weltexpresso) - Ende des 19. Jahrhunderts versucht der junge serbische Ingenieur Nikola Tesla (Ethan Hawke) in den USA Fuß zu fassen. Er arbeitet zuerst als Angestellter in Thomas Edisons (Kyle MacLachlan) Electric Light Company. Doch recht bald kommt es zum Bruch, da Edison auf den Gleichstrom setzt und Wechselstrom für gefährlich hält, während Tesla glaubt, dass dem Wechselstrom die Zukunft gehört.
Nachdem sich Tesla mit Edison überworfen hat, wendet sich der etwas unbeholfene junge Mann an Edisons Konkurrenten George Westinghouse (Jim Gaffigan), den er dazu bringt die Arbeit an seinem Stromsystem zu unterstützen, denn auch Westinghouse hält den Wechselstrom für zukunftsweisender. Zu dieser Zeit (zu Beginn der 1890er Jahre) arbeitet Tesla auch noch mit seinem ungarischen Freund Anton Szigeti (Ebon Moss-Bachrach) zusammen.
Ein Problem von Nikola Tesla ist, dass er regelmäßig voller neuer Ideen steckt und immer wieder zusätzliche Projekte beginnt. So interessiert er sich Mitte der 1890er Jahre für die Röntgenstrahlen aber auch für Fotografie und Telefonie. Er lässt sich seine Arbeit von dem Bankier J.P. Morgan (Donnie Keshawarz) finanzieren, dem Vater seiner guten Bekannten Anne Morgan (Eve Hewson). Dabei folgt der Film Teslas Experimenten und Entdeckungen dieser Zeit, darunter der Teslaspule und auch der ersten Hinrichtung von William Kemmler (Blake DeLong) 1890 durch den elektrischen Stuhl, bei dem erstmalig hochenergetischer Wechselstrom eingesetzt wurde.
1899 baut Tesla in Colorado Springs ein größeres Labor, in dem er drahtlos Nachrichten von den USA zu einer noch zu bauenden Empfangsstation in Frankreich übertragen will. Dazu entwickelt er einen Käfig mit einem Eisenmast, mit dem er Blitzentladungen einfangen kann. Er konnte dabei auch die stehenden Wellen beschreiben (und auch fotografieren), sie allerdings noch nicht einordnen.
In Colorado Springs besucht ihn auch Sarah Bernhardt (Rebecca Dayan); Nikola Tesla zeigt aber nur Interesse an seinen Beleuchtungsversuchen für ihr Bühnen-Programm und nicht an ihr persönlich.
Doch letztendlich ist Nikola Tesla, obwohl eigentlich ein genialer Erfinder, nicht in der Lage, sowohl seine Versuchsergebnisse zu vermarkten als auch seine Beziehungen zu Männern und Frauen längerfristig aufrecht zu erhalten...
"Tesla" ist der zweite Film in den letzten Jahren, der sich mit dem Kampf um Gleichstrom oder Wechselstrom beschäftigt, nachdem vor wenigen Wochen "Edison - Ein Leben voller Licht" (2017) endlich auch als DVD und Blu-ray erhältlich ist. In diesem Film wird der junge Nikola Tesla vom englischen Schauspieler Nicholas Hoult dargestellt, während Benedict Cumberbatch als Thomas Edison und Michael Shannon als George Westinghouse zu sehen ist.
Regisseur von "Tesla" ist Michael Almereyda, der auch für das Drehbuch verantwortlich ist. Almereyda selbst beschreibt seinen Film als eine unkonventionelle Biografie über einen berühmten und rätselhaften Futuristen. Dabei will er bewusst nicht in die Chronologie des Lebens des Erfinders eintauchen, sondern er hat nur einige wichtige Stadien seiner Arbeit zwischen 1888 und 1901 behandelt.
Der Film öffnet mit einem Kommentar von Anne Morgan, die mit Tesla befreundet ist und regelmäßig direkt oder aus dem Off die weitere Handlung teilweise aus heutiger Sicht erzählt und die damit immer wieder "die vierte Wand" durchbricht. So stellt sie z.B. fest, dass es bei Google zwar unzählige Bilder von Thomas Edison gibt, aber nur ganz wenige von Nikola Tesla.
Anne Morgan ist dabei nicht nur die Erzählerin des Films, sondern sie manipuliert auch einige Szenen, die es so sicher nicht gegeben hat. So liefert sich Nikola Tesla mit Thomas Edison eine hitzigen Kampf mit Eiscreme, von dem sie kurz danach sagt, dass er vermutlich so nicht stattgefunden hat, auch ein freundschaftliches Gespräch 1893 in Chicago zwischen Thomas Edison und Nikola Tesla ist reine Fiktion, in dem Edison zugibt, dass der Wechselstrom sich letztendlich als zukunftsweisender erwiesen hätte.
Im Film wird der serbische Erfinder von Ethan Hawke dargestellt, nicht als unschuldigen, jungen Träumer, sondern Hawkes Tesla ist ein deutlich älteres, desillusioniertes, unverstandenes, stoisches und absolut humorloses Genie. Hawke schafft es, Tesla eine grüblerische Ausstrahlung einzuhauchen, die die Zuschauer gefangen nimmt.
Eve Hewson spielt Anne Morgan hochmütig und schroff, gekleidet in herrlich gruftigen schwarzen Kostümen. Die Kleidung wird allerdings noch von Rebecca Dayan als erotisch furchterregende Sarah Bernhardt übertroffen. Anne scheint sich zu Tesla hingezogen zu fühlen, vermutlich aber vor allem, weil er ein Künstler und Denker ist und sich dadurch doch sehr stark von ihrem dominierenden Vater unterscheidet.
Kyle MacLachlan spielt Thomas Edison als schlauen Charakter voller hinterlistigem Humor, der sich über Teslas Wechselstrom-Ideen lustig macht, so dass der nach kurzer Zeit die Zusammenarbeit mit Edison beendet hat.
Regisseur Michael Almereyda hat ganz sicher auf historische Genauigkeit geachtet, hat dabei aber bewusst nur einzelne besondere Ereignisse herausgegriffen. Wenn dann etwas übertrieben oder falsch dargestellt wurde, kam immer Eve Hewson als Anne Morgan ins Spiel und hat als Erzählerin darauf hingewiesen. Auch wurden immer wieder Beziehungen zur heutigen Zeit hergestellt, wenn Anne Morgan z.B. an einem Laptop sitzt und zusätzliche Details zur Erzählung oder auch geringfügige Korrekturen anbietet.
Dadurch integriert "Tesla" dokumentarische Techniken und seltsame Anachronismen in das Drama. Dabei wird dem Film durch Eve Hewsons Erzählerin einen ausgesprochen ungewöhnlichen Touch verliehen, der sicherlich nicht jedem Zuschauer gefallen wird. Die Ebene des Historienfilms wird auch durchbrochen, wenn Ethan Hawke, der ein hervorragender Sänger ist, bewusst mehr schlecht als recht Teile des Songs "Everybody Wants to Rule the World" der britischen Band Tears of Fears singt, der 1985 und damit Jahrzehnte nach Teslas Tod am 7.Januar 1943 in New York aufgenommen wurde.
Insgesamt ist "Tesla" ein Film, der ganz offensichtlich darauf verzichtet, Regeln der Filmgestaltung einzuhalten und der gerade dadurch einige unvergessliche Szenen geliefert hat. Wenn man sich als Zuschauer darauf einlässt, wird man den Film auch zu Hause ganz sicher genießen können.
Foto 1: Cover DVD © 2020 LEONINE
Foto 2: Ethan Hawke als Nikola Tesla © 2020 LEONINE
Foto 3: Eve Hewson als Anne Morgan © 2020 LEONINE
Info:
"Tesla" ist ab dem 24.12.2020 als DVD und Blu-ray im Handel verfügbar. DVD und Blu-ray enthalten jeweils eine englische und deutsche Fassung in Dolby Digital 5.1 bzw. in DTS-HD MA 5.1. Untertitel sind bei beiden Formaten in Deutsch für Hörgeschädigte. Das Bildformat ist auf der DVD in 1,85:1 (16:9 anamorph) und der Blu-ray in 1,85:1 (1080/24p). Auf DVD und Blu-ray befindet sich leider keine Hörfilmfassung für Blinde und Sehbehinderte.
Extras auf der DVD sind:
Interviews mit Cast & Crew (leider ohne deutsche Untertitel):
---- Ethan Hawke - Nikola Tesla (9:06 Min.)
---- Kyle MacLachlan - Thomas Edison (9:01)
---- Eve Hewson - Anne Morgan (10:15)
---- Jim Gaffigan - George Westinghouse (6:14)
---- Rebecca Dayan - Sarah Bernhardt (2:46)
---- Uri Singer - Produzent (6:06)
---- Isen Robbins - Produzent (4:05)
Original Kinotrailer (2:28)
Deutscher Kinotrailer (2:13)
Tesla (USA 2020)
Originaltitel: Tesla
Genre: Historien-Drama, Biopic
Filmlänge: ca. 102 Min.
Regie und Drehbuch: Michael Almereyda
Darsteller: Ethan Hawke, Eve Hewson, Kyle MacLachlan, Jim Gaffigan, Ebon Moss-Bachrach, Donnie Keshawarz u.a.
Verleih: LEONINE Distribution GmbH
FSK: ab 12 Jahren