Doku-Drama im Ersten am 6. Januar 2021
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - 1946 kehrt Hansi Burg (Picco von Groote) in der Uniform eines britischen Offiziers aus England nach Deutschland zurück. Sie ist Jüdin und lebte seit 1938 acht Jahre im Exil und arbeitet mittlerweile als Rundfunkreporterin für die britische Armee. Sie lässt sich nach Garatshausen bringen, denn dort in einer Villa am Starnberger See lebt Hans Albers (Ken Duken), der vor dem Krieg viele Jahre lang ihr Lebenspartner war.
Hans Albers ist in Deutschland geblieben und hat auch unter dem NS-Regime Filme gedreht, obwohl er ganz sicher kein Anhänger des Nationalsozialismus war. Jetzt lebt er in der gemeinsamen Villa mit einer anderen Frau, die von Hansi Burg erst einmal aus dem Haus geworfen wird.
Dann kommt es ein ganze Nacht lang zu einer sehr emotionalen Aussprache, in der Hansi Burg ihren ehemaligen Geliebten mit recht unangenehmen Fragen zu seiner Haltung und zu seinen Moralvorstellungen konfrontiert. Warum hast Du weiterhin Filme gedreht, die auch Propaganda für das Regime waren? Warum hast du nicht verhindert, dass Hansis Eltern und viele deiner Freunde ermordet worden sind? Wieso hast du dich zwar von Goebbels und anderen Nazi-Größen ferngehalten, aber bereitwillig mit deinen Filmen doch dem Nazi-System gedient? Hast du überhaupt etwas gegen die Nationalsozialisten unternommen?
Für Hansi Burg und Hans Albers wird es eine Nacht der unbequemen Fragen und der schmerzvollen Wahrheiten werden, dabei sparen beide kein noch so unangenehmes Thema aus. Nach dieser Nacht wird Hansi Burg entscheiden, ob sie bei Hans Albers bleiben wird oder sich am nächsten Tag von einem englischen Militärfahrzeug wieder abholen lässt...
Hans Albers (1891 - 1960), der "blonde Hans" ist vor allem bei den Älteren als Schauspieler und Sänger ein Idol gewesen. Er hat bereits als Stummfilmdarsteller begonnen und seine letzten Filme sind 1960 in die Kinos gekommen. Daneben hat er auch immer wieder Theater gespielt, allerdings nicht während der Zeit des Nationalsozialismus. Er hat aber während dieser Zeit etwa 20 Filme gedreht, die teilweise sehr wohl eine Verherrlichung des herrschenden Regimes waren, teilweise waren es auch einfach nur Durchhaltefilme. Die bekanntesten waren sicher "Der Mann, der Sherlock Holmes war" (1937), "Wasser für Canitoga" (1939) oder "Münchhausen" (1943). Sein wohl bekanntester Film war vermutlich "Große Freiheit Nr. 7", der während des Krieges gedreht wurde und auch seine Premiere im Dezember 1944 in Prag hatte. Da er den Nazis nicht gefiel, hatte er erst im September 1945 seine Premiere in Berlin und kam damit als einer der ersten Nachkriegsfilme in Deutschland in die Kinos.
"Die Liebe des Hans Albers" wirft ein neues Licht auf das Leben von Hans Albers und Hansi Burg in den 1930er und 1940er Jahren. Die Österreicherin Hansi Burg (1898 - 1975) mag zwar vor allem als Lebenspartnerin von Hans Albers in Erinnerung bleiben, sie war allerdings selbst Schauspielerin und später dann die Managerin des "blonden Hans".
Regisseur Carsten Gutschmidt inszeniert den Film nach einem Drehbuch von Dirk Eisfeld und einer Vorlage von Nina Koshofer über das Wiedersehen der beiden konsequent aus der Sicht von Hansi Burg. Dabei werden in Rückblenden immer wieder die Karrierestationen des Hans Albers von Hamburg St. Georg bis auf die große Bühne in Berlin sowohl mit Originalaufnahmen als auch mit nachgestellten Szenen gezeigt. Es werden auch die Probleme des bekannten Stars mit Alkohol und Glücksspiel nicht außen vor gelassen.
Die Dreharbeiten zu dem Doku-Drama starteten Mitte Januar 2020 an einigen Orten in Niedersachsen, z.B. in Bückeburg. Sie wurden in Bremen und Bremerhaven fortgesetzt, u.a. auf dem ehemaligen Kaffee-Hag-Gelände in der Überseestadt in Bremen Walle. Zuletzt wurden auch noch Szenen an Originalschauplätzen am Starnberger See gedreht - wo Hans Albers Villa in Garatshausen inzwischen unter Denkmalschutz steht.
Wichtig ist allerdings vor allem Albers Umgang mit den immer größer werdenden Repressalien gegen seine Lebensgefährtin und seine Weigerung Deutschland zu verlassen. Obwohl Albers eine erstaunliche Kreativität entwickelt, um Hansi Burg zu schützen (die zum Schein eine norwegischen Staatsbürger heiratet), entscheidet sie sich letztendlich allein gerade noch rechtzeitig über die Schweiz nach England zu fliehen.
Die Hauptrollen werden von einem blond gefärbten Ken Duken als Hans Albers und von Picco von Groote als Hansi Burg sehr gut gespielt. Als weitere Darsteller sind in kleineren Rollen Dirk Martens als Josef Goebbels, Christian Aumer als Hans Hinkel, der Leiter der Reichkulturkammer, Sebastian Nakajew als Herbert Selpin, ein Regisseur mit dem Albers zusammenarbeitete und der von einem Kollegen denunziert wurde und im Gefängnis starb, oder Dirk Böhling als Carl Froelich, der Präsident der Reichsfilmkammer, zu sehen.
Insgesamt ist "Die Liebe des Hans Albers" weniger eine Biografie über den "blonden Hans" als ein Film über dessen Haltung in der Zeit zwischen 1933 und 1945, zu der sich der berühmte Schauspieler zeitlebens nie wirklich geäußert hat. Das macht das Doku-Drama auch für Zuschauer unbedingt sehenswert, die keine Fans des Schauspielers und Sängers waren oder sind.
Foto 1: Ken Duken als Hans Albers und Picco von Groote als Hansi Burg © NDR/Zeitsprung Pictures/Michael Ihle
Foto 2: Ken Duken als Hans Albers und Christian Aumer als Hans Hinkel © NDR/Zeitsprung Pictures/Michael Ihle
Info:
Die Liebe des Hans Albers (Deutschland 2021)
Genre: Doku-Drama
Filmlänge: ca. 88 Min.
Regie: Carsten Gutschmidt
Drehbuch: Dirk Eisfeld (Vorlage von Nina Koshofer), nach einer Idee von Claude-Oliver Rudolph
Darsteller: Ken Duken, Picco von Groote, Dirk Martens, Christian Aumer, Sebastian Nakajew u.a.
TV-Start am Mittwoch, 06.01.2021 um 21:45 Uhr im Ersten