Jutta Bök
Mainz (Weltexpresso) - Fragen an Thomas Sarbacher (Geiselnehmer Armin Wiesner): Was war Ihre erste Reaktion, als Sie erfuhren, dass Sie den entflohenen Häftling Armin Wiesner spielen?
Als ich sah, ich habe Post vom Produzenten Eberhard Jost, dachte ich, dann ist das Buch von Thorsten Näter. Und wenn das Buch von Thorsten ist, dann spiele ich ganz bestimmt nicht den Guten im Film.
Und wie tickt Ihre Figur Armin Wiesner?
Wiesner ist ein intelligenter Mann, mit großem Potential, das er aber nie nutzen konnte. Was er von sich selbst nie würde sagen können: Neid, Misstrauen und Wut sind Quellen seiner kriminellen Energie, damit ist er für seine Umgebung unberechenbar, weil er kein Ziel hat. In der Geschichte ist es lediglich vordergründig sein Ziel, zu entkommen. Wie er das erreicht, ist ihm egal. Deshalb hat er auch keine Skrupel, den Bauern zu erschießen, auch der ist ihm egal.
"Tödliche Gier" ist ja nicht Ihr erster Film mit Autor und Regisseur Thorsten Näter. Was schätzen Sie vor allem an ihm?
Die Arbeit mit Thorsten macht mir schlicht und einfach Freude, weil ich mich auf ihn verlassen kann. Er ist ein Geschichtenerzähler, und ich mag die Art, wie er Geschichten erzählt, wie er sich zu seinen Figuren stellt. Außerdem hat Thorsten ein großes Gespür für die Atmosphäre in seinen Filmen. Er kennt seine Geschichten und seine Figuren so gut, dass ich mich seiner Aufmerksamkeit anvertrauen kann. Er wird immer zur Stelle sein, wenn etwas nicht stimmt. Das Besondere an seiner Arbeit ist auch, dass er als Autor und Regisseur den Film bereits fertig im Kopf hat. Ich bin als Schauspieler also gut beraten, mich entsprechend gründlich vorzubereiten.
Und was finden Sie besonders bemerkenswert an diesem Psychothriller?
Das Bemerkenswerte daran ist, dass alle Beteiligten von Beginn an komplett überfordert sind. Die Gangster haben die Situation zu keinem Zeitpunkt im Griff, weil sie untereinander nicht einig sind und der Plan nur hieß: Steine ausbuddeln und abhauen. Dass einer dabei draufgeht und dann noch Geiselnahme, darauf waren sie nicht gefasst, und Geiselnahme kann keiner von ihnen.
Dirk Borchardt (Geiselnehmer Hanno Pottek)
Was hat Sie vor allem überzeugt, im Psychothriller "Tödliche Gier" mitzuspielen?
Ich entscheide fast immer aus dem Bauch heraus beim ersten Lesen eines Drehbuchs: Das Buch hat mich interessiert.
Die Gier nach den versteckten Diamanten ist die Triebfeder bei Hanno Pottek und seinen Komplizen, auch als die Situation eskaliert. Denken Sie, dass Gier eine Eigenschaft ist, die zu jedem Menschen gehört und in unserer modernen Gesellschaft ziemlich verbreitet ist? "Gier frisst Hirn" – stimmt der Ausspruch Ihrer Meinung nach?
Gier frisst Hirn – ja! Aber Gier ist nicht unbedingt eine Eigenschaft des Menschen, sondern oft anerzogene und gelernte Verantwortungslosigkeit. Das sehen wir heute an Autokraten in der Politik, im Bankenwesen und der Wirtschaft bis hin zur Gewaltkriminalität – wie bei Hanno Pottek. Hanno treibt eine besonders dumpfe, direkte und gewalttätige Gier an. Er ist nicht intelligent genug, seine "Gewalt" besser zu verpacken, oder manipulativer, subtiler vorzugehen. Ich denke, Gier ist ein Prägungs- und Erziehungsproblem. Vorgelebte und gelehrte Ellenbogenkultur wird immer weiter gierige Menschen hervorbringen und weiter Armut und auch Gewalt schaffen. Achtsamkeit und Miteinander sollten vielleicht auf unseren Lehrplänen stehen, anstatt Effizienz und ständiges Wachstum. Auch deshalb fallen Menschen wie Pottek vielleicht hinten runter.
Sie sind leidenschaftlicher Kampfsportler. Hatte das Einfluss auf Ihre Präsenz vor der Kamera, Ihre Darstellung des Hanno Pottek?
Ich bin sicherlich ein sehr körperlicher Mensch. Aber ich betreibe heute gar nicht mehr so viel Kampfkunst, sondern beschäftige mich eher mit Meditation und Achtsamkeit – das zumindest hatte nicht so viel Auswirkungen auf die Figur Hanno Pottek.
Was ist Ihnen von den Dreharbeiten am meisten in Erinnerung geblieben?
Ich versuche immer in die Figuren einzutauchen. Die dumpfe Gewalt von diesem Pottek ist mir als anstrengend in Erinnerung. Da waren die Kollegen "privat" mir immer "ein Sonnenstrahl im Kellerloch". Will sagen: Wir hatten auch viel zu lachen.
Foto:
Gangster Armin Wiesner (Thomas Sarbacher, r.), bedroht Pfarrer Manfred Bahnert (Harald Krassnitzer, l.) an Leib und Leben
Gangster Hanno Pottek (Dirk Borchardt, l.), und Armin Wiesner (Thomas Sarbacher, r.) streiten sich um die Beute aus ihrem Diamantenraub
e Pfarrersfamilie, weil er die Beute aus einem Diamantenraub nicht findet.
alle Fotos: ©ZDF/Hans-Joachim Pfeiffer
Gangster Armin Wiesner (Thomas Sarbacher, r.), bedroht Pfarrer Manfred Bahnert (Harald Krassnitzer, l.) an Leib und Leben
Gangster Hanno Pottek (Dirk Borchardt, l.), und Armin Wiesner (Thomas Sarbacher, r.) streiten sich um die Beute aus ihrem Diamantenraub
e Pfarrersfamilie, weil er die Beute aus einem Diamantenraub nicht findet.
alle Fotos: ©ZDF/Hans-Joachim Pfeiffer