
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schon beim Ankommen herrscht gute Laune. Bei den in Rot-Weiß Gekleideten , die Farben von Belarus, weil zum einen die gegen die gegenwärtige Staatsmacht, verkörpert von Lukaschenko, Protestierenden vor dem Kino, siehe Bild, durch den Film Rückenwind erhalten und ihn erst recht dann spüren, wenn so viele Leute kommen, wie das Kino in Noch-Corona-Zeiten überhaupt aufnehmen darf. Es war voll und danach wurde gejubelt.
Der Verleiher begrüßte den Regisseur und die Besucher, er und Aliaksei Paluyan dankten beide Hessenfilm für die geleistete Unterstützung, weshalb die beiden Macher an diesem Tag, dem 1. Juli 2021, wo erstmals nach acht Monaten die Kinos wieder aufmachen, auch in Hessen ihren Film vorführen.


Dann sehen wir sie bei den Proben, von Stücken, die die gegenwärtige politische Situation zum Inhalt haben. Nun wird deutlich, daß bei den Proben jeder Satz durchleuchtet werden muß und wird, der Inhalt soll provokant sein, aber in eine Form gekleidet, die nicht sofort zur Absetzung des Stückes oder gar der Schließung des Theaters führt. Das erfordert Diskussion, die die Schauspieler leisten. Maryna weiß bei allem, daß sie ihre Familie schützen muß. Eine menschlich schwierige Situation, wo wir die Letzten sind, ihr mehr Aggressivität zu empfehlen.
Pavel haben wir als Klavierspieler kennengelernt und sofort muß man an die Liedermacher denken, die auch bei uns in der Lage waren, gesellschaftliche Situationen in passende Worte zu kleiden, so daß schon das Singen eine politische Tat wird. Lustig, dieser Pavel, der mit der Macht der Musik spielt und Optimismus verbreitet.

Es geht, es ist ganz einfach, einfach darum, daß rechtsstaatliche Verhältnisse in Belarus einziehen. Und so lange das nicht geschieht, werden die Proteste weitergehen. So hofft man, aber so kann man berechtigt auch annehmen, denn selten war so viel nicht nachlassender friedlicher Widerstand auf den Straßen sichtbar. Noch einmal zurückzustecken, wie es bei der ersten Protestwelle von 2010 geschah, wo nach dem angeblichen Wahlerfolg des Machthabers Lukaschenko am Sonntagabend des 19. Dezember 2010 die Massen versucht hatten, das Regierungsgebäude zu stürmen, Proteste, die nach der Festnahme von über 1000 Menschen verebbten, was im Film gezeigt wird.
Der Film ist ein Dokument dafür, daß die Menschen in Belarus ihr Land selber in Besitz nehmen werden. Aber auch die Aufforderung an uns, die Lukaschenko-Verbrecher klein zu kriegen, wo es in unserer – zum Beispiel wirtschaftlicher und politischer – Macht steht.
P.S. Auch noch die lange währende Diskussion mit dem Regisseur nach der Vorstellung wiederzugeben, sprengt die Besprechung. Aber auf einen Punkt müssen wir eingehen. Wir empfanden nämlich beim Zuschauen, daß die Rolle der Frauen – sowohl die der Führerinnen wie auch der weiß gekleideten Frauen bei den Demonstrationen – im Film zu kurz kommen, was wir anmahnten. Dadurch, daß Aliaksei Paluyan daraufhin nur sagte, daß das stimme und ihm leid tut, war damit auch gleichzeitig die Kritik erledigt