VerleihDas Filmfest München 2021: 1. Juli 2021 - 10. Juli 2021, Teil 13

Romana Reich

München (Weltexpresso) - Am Freitag wurden auf dem FILMFEST MÜNCHEN die hochdotierten Förderpreise Neues Deutsches Kino vergeben. Der Preis für die Beste Regie geht an Nikias Chryssos für seinen Film A PURE PLACE. Franziska Stünkel wird für das Beste Drehbuch für NAHSCHUSS ausgezeichnet, worüber wir schon berichtet hatten, der Produzent:innenpreis geht an Miriam Düssel für MEIN SOHN und Schauspieler Martin Rohde wird für seine hervorragende darstellerische Leistung in HEIKOS WELT geehrt. Bei ihm war es der erste Kinospielfilm, bei allen anderen Preisträger:innen jeweils der zweite.

Talente aus zehn Filmen, die auf dem FILMFEST MÜNCHEN ihre Weltpremiere feierten, erfüllten dieses Jahr die Nominierungskriterien für den Förderpreis Neues Deutsches Kino. Nominiert waren alle Regisseur:innen, Drehbuchautor:innen, Schauspier:innen und Produzent:innen, die ihre Spielfilme in der Festivalsektion Neues Deutsches Kino vorstellen, sofern es sich um ihren ersten, zweiten oder dritten langen Kinospielfilm handelt. Bei Produzent:innen darf es maximal der sechste Film sein.

Über die Auszeichnung entschied eine dreiköpfige Jury – in diesem Jahr waren das: Sophie von Kessel (Schauspielerin), Komi M. Togbonou (Schauspieler und Münchner Kammerspiele-Ensemblemitglied) und Barbara Mundel (Intendantin der Münchner Kammerspiele). Der Förderpreis Neues Deutsches Kino ist einer der wichtigsten und höchstdotierten Nachwuchspreise in Deutschland. Gestiftet wird der insgesamt mit 70.000 Euro dotierte Preis von der Bavaria Film, dem Bayerischen Rundfunk und der DZ Bank.

Die Preisverleihung und die anschließende Vorführung eines der ausgezeichneten Filme (HEIKOS WELT) fanden im Pop-Up Sommerkino im Innenhof der Hochschule für Fernsehen und Film München statt.


Die Preisträger Förderpreis Neues Deutsches Kino 2021 und Jurybegründungen:

Förderpreis Neues Deutsches Kino REGIE (30.000 Euro):
Nikias Chryssos für A PURE PLACE

Jurybegründung: „Nachdem wir alle so lange nicht mehr im Kino waren, ist uns als Jury in dieser Woche noch bewusster geworden, wozu Kino in der Lage ist. Durch eindrucksvolle Bilder, die vor Phantasie strotzen und Bilder, die mit filmischen Effekten aufgeladen sind, wurde uns wieder klar, was man vom Kino erwarten darf: Alles, was fehlt, vielleicht im Leben jedes einzelnen!
Das Ungewöhnliche, auch das mitunter Verstörende, gespickt mit Visionen des Unvorstellbaren.
Wir als Jury hatten die Aufgabe, den Förderpreis Regie nach diesen Kriterien auszuwählen, und dazu gehörte in diesem Fall auch ein großartig geführtes Kinderensemble. Wir haben uns daher entschieden, den Förderpreis Neues Deutsches Kino in der Kategorie Regie an A PURE PLACE von Nikias Chryssos zu vergeben. Herzliche Gratulation!“


Förderpreis Neues Deutsches Kino PRODUKTION (20.000 Euro):
Miriam Düssel für MEIN SOHN

Jurybegründung: „Diese psychologisch sehr fundierte Geschichte über eine extreme Mutter-Sohn-Beziehung ist modern, zeitgemäß und besonders berührend. Sie spiegelt die Entfremdung zweier Generationen sehr genau wider. Der extreme Auftakt des Filmes lässt die Zuschauer:innen ab diesem ersten Moment nicht mehr los und es entwickelt sich ein Road-Movie, das Mutter und Sohn gemeinsam erleben. Durch die eindrücklichen Aufnahmen verschiedener Landschaften und die großartigen Dialoge zwischen Mutter und Sohn wird die Geschichte Schritt für Schritt zum echten Kinoerlebnis. So entfaltet sich eine sehr authentische Erzählung zwischen zwei Generationen, die scheinbar nichts miteinander anfangen können, sich aber trotz allem innig lieben. Im Mittelpunkt steht dabei stets die Leistung der zwei exzellenten Hauptdarsteller:innen.“


Förderpreis Neues Deutsches Kino DREHBUCH (10.000 Euro):
Franziska Stünkel für NAHSCHUSS

Jurybegründung: „Es gibt leider einen Umstand, der zur Besorgnis erregt: Die Menschen lesen weniger als früher. Die Tatsache, dass erst ein Drehbuch eine wahre Geschichte ins Zentrum einer Gesellschaft rücken kann, ist schon traurig genug, aber anscheinend notwendig. Es geht hier um eine wichtige deutsche Geschichte, die schockierend und irritierend das autoritäre Regime der DDR beschreibt. Die beunruhigende Wahrheit, dass bis Mitte der 1980er Jahre Todesstrafen in der DDR verhängt wurden, war, so glauben wir, nicht so vielen Menschen bekannt. Zur Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte gehört auch, das Unerhörte, das Unausgesprochene, das Ungesehene und das Verdrängte hörbar und sichtbar zu machen.“


Förderpreis Neues Deutsches Kino SCHAUSPIEL (10.000 Euro):
Martin Rohde für HEIKOS WELT

Jurybegründung: „HEIKOS WELT ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Film und Martin Rohde ist der, „primus inter pares“ eines wunderbaren Ensembles von traurigen und tapferen Verlierern, von skurrilen Typen, die mit großen Herzen gegen Kälte, Armut, Demütigung und Einsamkeit ankämpften. Sie kämpften um einen Rest von Traum und Hoffnung auf ein besseres Leben.
Alles würde Heiko für seine Mutter tun (großartig gespielt von Heike Hanold-Lynch), nur dass er dabei immer tiefer in den Schlamassel gerät, betrogen und verraten wird. Das ist tragisch und bitter, aber es gelingt Martin Rohde eine feine Gratwanderung, die seiner Figur Würde und Witz verleiht. Und gelassen, sehr gelassen bleibt Heiko: „Heiko kümmert sich, Mama!“ und wenn und wie er diesen Satz sagt, weiß man, es wird nicht gut werden. Aber er wird sich rächen – auf seine Art, mit übergroßen Tennisschlägern, aber wichtiger noch mit überragendem Dart-Spiel.
Und so wird aus diesem ewigen Verlierer, aus diesem rührenden und nervigen Überlebenskünstler, durch seinen großen Sieg beim Berliner Kneipen-Dart ein kleiner Sieger. Wie Martin Rohde das spielt, uneitel, präzise, anrührend, mit Witz und glaubhafter Verbundenheit zu der Welt des Dart, der Currybuden und Eckkneipen und ihren Menschen – das halten wir für absolut sehenswert.“

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