homocummunis.deSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. Juli 2021, hier: im Frankfurter Mal Seh'n Kino

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Weist die Suche nach alternativen Lebensformen immer auf ein vorindustrielles Dasein, wie es sich in der 3. Welt noch heute findet? Im Dokumentarfilm von Carmen Eckhardt wird diese Frage zwar nicht explizit gestellt, doch die Auswahl verschiedener Projekte und Initiativen wirft sie zuweilen auf.

Der Blick geht nach Venezuela, wo seit nunmehr einem halben Jahrhundert zahlreiche Selbsthilfeprojekte und Gemeinschaftsinitiativen unter dem Dach einer landesweiten Kooperative "Cecosesola" zusammenfanden. Von der Geburtshilfe, der Krankenpflege bis zur Herstellung eines auch für arme Bevölkerungskreise erschwinglichen, solide gebauten Sarges begleitet die Kooperative ihre Mitglieder auf ihrem Lebensweg. Dazwischen beliefern Kleinbauern die gemeinschaftlich geführten Märkte zum Selbstkostenpreis und behaupten auf diese Weise ihre eigene Existenz gegenüber der exportorientierten Landwirtschaft. "Cecosesola" ist eine Erfolgsgeschichte der Versorgung armer Bevölkerungsschichten in Venezuela.

Vergleichbar gemeinschaftsbildend wäre in Deutschland die Genossenschaftsbewegung am Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch historische Bezüge sucht der Film nicht. "Wir wollten nicht belehrend auftreten", beteuert die Regisseurin an einer der Stationen ihrer derzeitigen Filmtour in Frankfurt, "Die Beteiligten selbst sollten zu Wort kommen."

Beeindruckend visuell und nahe an den Menschen werden Initiativen und Alternativbewegungen gezeigt, die von engagierten Aktivisten getragen werden und weitgehend unhierarchisch organisiert sind. Entsprechend kommt die stets medienwirksam inszenierte "Fridays for Future"-Bewegung nur am Rande vor, wenn deren schwedische Prophetin einmal den Hambacher Forst besucht, um sich den Raubbau der Natur- und Waldgebiete durch die Braunkohleförderung anzuschauen. Die dortigen Proteste laufen fast unter dem Radar der Medien, sind aber dank einiger engagierter junger Menschen nach wie vor im Gange und können Erfolge verzeichnen.

Lokale Initiativen zeigen im kleinen Rahmen, wie sich eine postindustrielle Utopie möglicherweise verwirklichen liesse. Die Selbstversorgung der "Solidarischen Landwirtschaft" zum Beispiel, einem Zusammenwirken von Bauern und deren direkten Abnehmern. Ein alternativer Werkstattbahnhof in Wuppertal, der zu einem sozialen Treffpunkt geworden ist. Eine Landkommune, die sich zum "Think Tank" in Sachen zukünftiger Gesellschaftsformen entwickelte. Eine Ingenieursfirma, die mit der Erarbeitung von Konzepten zur Energieeinsparung zu einem nachhaltigeren Wirtschaften beiträgt. Und schliesslich das Sterben im hohen Alter, das sich abseits von lebensverlängernden Massnahmen auf hochtechnisierten Intensivstationen human und sanft in der häuslichen Gemeinschaft gestalten lässt.

Im Sinne der Regisseurin wird der Film nur teilweise kommerziell in den Kinos vermarktet (Mindjazz Pictures), sodass ein Freiraum für die Vorführung auf Veranstaltungen bleibt.

Foto:
© homocummunis.de

Info:
Homo communis, Deutschland, 2020
Regie: Carmen Eckhardt
Kamera: Gerardo Milsztein
Produktion: SeeMoreFilm Filmproduktion
Dokumentarfilm, 105 Min.

Der Film läuft diese Woche noch im Mal Seh'n Kino und ausgewählten Kinos in Deutschland
Die Kinotermine und Filmorte erfahren Sie bei: https://mindjazz-pictures.de/filme/homo-communis/