Wie der Sohn den Manga seines Vaters verfilmt, Blu-ray und VoD bei Rapid Eye Movies ab 23. Juli, Teil 1/2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wo soll man anfangen, wenn so viele Vorinformationen dazugehören. Direkt beim Film oder der Vorgeschichte, die lange währt. Fangen wir trotzdem mit dem Film an.
Barbara? So heißt die junge Frau, die sich nach der ursprünglichen griechischen Bedeutung des Namens wie eine Barbarin im doch eigentlich kultivierten und zurückhaltenden Japan verhält: Sie (Fumi Nikaido) liegt schon halb, nein ganz hinüber mit ihren zwei Markenzeichen – mindestens einer Flasche Alkohol, manchmal auch zwei,drei in ihren Händen, und mit einem hellen Trenchcoat bekleidet - an einer Unterführung auf dem Boden, als mit dem jungen Mann der Held des Films die Szene betritt. Es ist Yosuke Mikura (Gorô Inagaki), ein Schönling mit schwarzer Sonnenbrille uns ja noch unbekannt, der sie aufliest und mit in seine schicke, durchgestylte Wohnung nimmt. Ehe er sich weiter mit ihr abgibt, befiehlt er ihr, unter die Dusche zu gehen, was man verstehen kann.
Er ist Schriftsteller, sehr bekannt sogar mit hohen Auflagen, die vor allem weiblichen Leserinnen zu verdanken sind, die er mit schwülstiger Erotikliteratur vollstopft. Als er Barbara aus seinem Oeuvre vorliest, verzieht die angewidert ihr Gesicht und liefert den verbalen Kommentar dazu, wozu sie für den Zuschauer sehr sympathisch, auf jeden Fall literaturaffin wird, denn das Zeug ist echt grauslich, was er noch dazu pathetisch vorträgt. Typisch Mann, denkt man, denn der Erfolgsverwöhnte, der von seinen Verehrerinnen angebetet, ja verfolgt wird, wird von einer kritischen Frau sofort derart verunsichert, daß er hin und hergerissen, sie später als Instanz verehren und lieben wird, erst aber einmal nackt wie sie nach dem Duschen ist, mit Badetuch und ihren Sachen rausschmeißt.
Aha, dann wissen wir mehr. Der junge Mann, dessen Gehabe mitsamt der Sonnenbrille wie auch ihr Trenchcoat zusammen mit der Musik nach den Siebziger Jahren schreien – es ertönt immer wieder Cool Jazz, der Ende der Vierziger aufkam, in den Siebzigern en vogue war, wo man aber das Wörtchen cool ansonsten noch nicht im deutschen Sprachgebrauch hatte – der junge Mann also ist verlobt, mit der eleganten, leicht faden Tochter eines Politikers, der sich anschickt, als Oberbürgermeister zu kandidieren. Der berühmte Schriftsteller und künftige Schwiegersohn soll den Wahlkampf leiten. Doch da sei Barbara vor. Die ist übrigens mit ihren gelben Haaren doch so etwas auf Marilyn Monroe gestylt und siegt im Duell mit der Verlobten auf der ganzen Linie. Daß außerdem der potentielle Schwiegervater einen Herzanfall erleidet und dann stirbt und Yosuke nicht einmal zu seiner Beerdigung kommt, ist der Auftakt zum Heiratsantrag an Barbara.
Doch zuvor hatte sie noch andere, seiner Verehrerinnen aus dem Verkehr gezogen. Wirklich stark, wenn aus der erotischen Szene in der Umkleidekabine, in die eine schwarzhaarige Leserin den begehrten Schriftsteller gezogen hat und ihn vernaschen will, plötzlich Barbara auftaucht und ihrer Konkurrentin ein Tuch um die Ohren haut, noch fester zuhaut und der Kopf einer Schaufensterpuppe herunterfällt. Die hatte zuvor bei Yosukes Anbetung von sich gegeben, warum er so ein toller Schriftsteller ist: Man muß beim Lesen seiner Bücher nicht nachdenken. Ein vergiftetes Lob. Yosuke auf jeden Fall haut mit Barbara ab und da erst erfragt er ihren Namen: Barbara. In dem Kontext fällt einem natürlich die griechische Bezeichnung der Barbarin ein, worauf wir schon eingingen, der ungeschlachten Fremden, die sein stilisiertes Leben aushebelt, über seine Manierismen nur lacht.
Und nun kommt eine längere, wirklich interessante Szene. Der Schriftsteller kommt mit verbundenen Augen in eine festlich geschmücktem eindeutig orgiastische Szenerie. Wer würde da nicht sofort an Kubricks Eyes Wide Shut denken, der seinen Film 1999 drehte. Doch der Manga ist aus den Siebzigern, nur kennen wir ihn nicht. Schwierig also zu beurteilen, ob das Übernahmen sind. Aber da sich Kubrick auf Arthur Schnitzlers TRAUMNOVELLE bezieht, kann man mit dem gemeinsamen kulturellen Erbe Kubricks und Tezukas gut leben und sich jeglichen Vergleichs enthalten.
Für den Zuschauer ist auch wichtiger, was mit der Alten passiert, bei der Yosuke um Barbaras Hand anhält. Jetzt sind wir eindeutig in der Phantastik. Schon stark, was passiert und welcher Okkultismus blüht, ja sogar Voodoo spielt mit der kleinen gewissen Puppe eine Rolle.. Aber eigentlich sollten wir mehr nicht verraten. Nicht so hoch hinaus, es geht übel aus, sagt eine Kleinbürgermoral, auf die der Jungspund Yosuke nicht hören will, aber fühlen muß. Oder doch eigentlich Barbara. Kein Wort mehr!
FORTSETZUNG FOLGT
Foto:
Cover
Info:
Japan, Deutschland, UK 2019
100 Minuten - Japanisch m. dt. oder engl. UT
Im Programm von Rapid Eye Movies
Blu-ray und VoD Release: 23. Juli 2021
Produktinformationen Blu-ray:
Originaltitel: Tezuka’s Barbara
Land: Japan, Deutschland, UK 2019
Titel: BARBARA
Laufzeit Film: 100 MinutenFSK: freigegeben ab 16 Jahren
Regie/Buch: Macoto TEZUKA
DarstellerInnen: Mit Fumi NIKAIDO, Goro INAGAKI, Kiyohiko SHIBUKAWA uvm.
Verleih (Vertrieb): RAPID EYE MOVIES (Vertrieb: AL!VE AG)
Genre: Erotik/Fantasy/Comic- + Manga Verfilmung
Sprache/Ton: Japanisch, Dolby 5.1
Bildformat: 1:1,85
Untertitel: Deutsch / Englisch
Ausstattung/Verpackung: Digipack
Bonusmaterial: Deleted Scenes, Behind the Scenes, Interviews mit dem Cast, Christopher Doyle & Macoto Tezka
Extras: Postkarten Set
Kat-Nr.: 1706835
EAN: 4260017068356
VÖ-Datum Verkauf: 23.07.2021
DVD SELECTED BY RAPID EYE MOVIES No 19
Stab:
Regie: Macoto Tezuka
Drehbuch: Hisako Kurosawa
Literaturvorlage: Osamu Tezuka
Produktion: Shunsuke Koga • Adam Torel
Szenenbild: Toshihiro Isomi
Kostümbild: Isao Tsuge
Maskenbild: Atsuko Aizawa • Yuko Chiba • Tomo Hyakutake • Takahiro Kanayama • Asako Nagashima
Kamera: Christopher Doyle • Kubbie Tsoi
Musik: Ichiko Hashimoto
Schnitt: Macoto Tezuka
Schauspieler
Gorô Inagaki (Yosuke Mikura) • Fumi Nikaidô (Barbara) • Kiyohiko Shibukawa (Hiroyuki Yotsuya) • Shizuka Ishibashi (Kanako Kai) • Minami (Shigako Satomi) • Eri Watanabe (Mnemosyne) • Moemi Katayama (Maname Sugata) • Ryôsuke Ôtani (Gonpachiro Satomi) • Issay (Kazunari Shitou) • Kouzou Satou (Yoshiyuki Matsuyama) • Takashi Fujiki (Katsuo Ikeda)