Redaktion
München (Weltexpresso) - 2009 beauftragten die Produzenten Ewa Karlström und Andreas Ulmke-Smeaton die beiden Drehbuchautorinnen Lea Schmidbauer und Kristina Magdalena Henn mit der Entwicklung einer Pferdegeschichte als Kinostoff: Startschuss für die OSTWIND-Saga. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
Elf Jahre und fünf Filme später erreicht die Reise nun ihr Ziel. „Ein wichtiger Grund für unsere Entscheidung ist das Alter unserer Hauptdarstellerinnen“, erklärt Ewa Karlström. Hanna Binke war schon nach dem dritten Teil erwachsen, weshalb für OSTWIND - ARIS ANKUNFT mit Ari, gespielt von Luna Paiano, eine zweite Hauptfigur eingeführt worden war. „Uns war es wichtig, uns nicht vom ursprünglichen Kernzielpublikum zu entfremden“, sagt die Produzentin. „Das hat perfekt funktioniert für zwei weitere Teile und nun bringen wir OSTWIND fürs Kino einfach zu einem logischen und natürlichen Ende. Wir sind stolz darauf, dass sich jeder Film von den anderen unterscheidet, dass wir uns nicht wiederholt haben. So steht auch in jedem Film eine andere Form des Reitens im Mittelpunkt: im fünften Film haben wir mit dem Kunstreiten wieder etwas Neues entdeckt, das für spektakuläre Bilder sorgt.“
Dass es fünf Filme geworden sind, hat natürlich auch mit der großen Begeisterung der Fans zu tun, für die es unvorstellbar ist, dass diese große Geschichte im Kino auserzählt sein könnte. „OSTWIND ist als Marke so stark, so geliebt, dass sich daraus ein ganzes Universum ergeben hat“, meint Karlström.
Warum eigentlich nicht: Eine OSTWIND-Veteranin auf dem Regiestuhl
Es hat eine gute Tradition bei SamFilm, mit Erstlingsregisseuren zu arbeiten. Marc Rothemund hatte sein Debüt bei der Münchner Produktionsfirma gegeben, dazu kommen noch Joachim Masannek oder Mike Marzuk, die ebenfalls ihre ersten Kinoarbeiten bei SamFilm abgeliefert haben. „Das ist eine Herausforderung, vor der wir nicht bang sind, weil wir immer gute Erfahrungen gemacht haben“, meint Ewa Karlström. Nachdem Katja von Garnier sich nach dem dritten Ostwind-Teil verabschiedet hatte und auch klar war, dass ihre Nachfolgerin Theresa von Eltz nur für einen OSTWIND infrage kam, wollte man nicht noch einmal mühsam einen neuen Regisseur in diesen doch sehr komplexen und eigenen Kosmos einlernen. „Das hätte sich komisch angefühlt, zumal ja feststand, dass DER GROSSE ORKAN den Abschluss der Reihe bilden sollte“, findet Lea Schmidbauer. Bei der Weihnachtsfeier von SamFilm war es schließlich die Drehbuchautorin selbst, die spontan vorschlug, sie könnte doch die Regie übernehmen. Nach anfänglichem Gefeixe hielt Produzentin Ewa Karlström jedoch inne und meinte ganz ernst: „Warum eigentlich nicht!“
Zunächst hatte die Autorin dann doch wieder Angst vor der eigenen Courage und winkte ab. Als Karlström zwei Wochen später wieder bei Schmidbauer anrief, um sie zu fragen, ob sie nicht doch Regie führen wollte, sagte sie schließlich zu. „Was ich an Erfahrung nicht mitbringe, konnte ich natürlich mit meinem Wissen leicht wettmachen: Niemand ist OSTWIND mehr vertraut als mir“, erklärt die Filmemacherin. „Dazu kommt, dass ich die Schauspieler seit Jahren kenne. Und wichtiger noch: Die Schauspieler kennen mich und vertrauen mir und wissen, dass ich genauso viel über ihre Figuren weiß wie sie. Mir muss man nichts erklären, was OSTWIND anbetrifft. Mir ist aber auch bewusst, dass ich mich in eine exponiertere Position bewege. Dass man als Autor im Hintergrund agiert, hat natürlich auch den Vorteil, dass man weniger zu verlieren hat: Wenn ein Film hinter den Erwartungen zurückbleibt, kann man das immer auf den Regisseur schieben. Das geht jetzt nicht mehr.“
Ewa Karlström stimmt zu: „Niemand kennt OSTWIND besser, die Figuren, die Welt, die Geschichten, als Lea Schmidbauer. Obendrein arbeitet sie mit einem bestens aufeinander eingespielten Team, allen voran Florian Emmerich, der seit dem dritten Teil unser angestammter Kameramann ist und natürlich genau weiß, was gefragt ist, um die Filme perfekt aussehen zu lassen.“ Dazu kommt noch, dass Lea Schmidbauer tatsächlich Regisseurin ist. Dieses Fach hat sie an der HFF München ursprünglich studiert. „Das Drehbuchschreiben habe ich nur nebenher gemacht“, erinnert sie sich. „Es hat mir Spaß gemacht, und ich habe auch gemerkt, dass ich ein Talent dafür besitze. Aber ich hätte mich nie als Drehbuchautorin verstanden. Allerdings hatte ich dann soviel Erfolg damit, dass ich auch nicht einfach sagen konnte: Moment mal, ich bin aber eigentlich Regisseurin.“ Aus dem einen OSTWIND ergab sich immer gleich der nächste OSTWIND. „Ich habe mich in die Schreibekarriere eingefügt, dabei aber doch auch immer mit einem kritischen Auge zugesehen, was die Regisseurinnen am Set machten“, erzählt sie. „Aus der bequemen Distanz vom Sofa weiß man immer alles besser. Wenn man es dann selbst macht und Entscheidungen im Minutentakt fällen muss, bekommt man durchaus eine kräftige Portion Demut vor der Leistung anderer Regisseure.“
Ihr Licht muss sie indes nicht unter den Scheffel stellen, findet Ewa Karlström: „Mit Lea hat das wunderbar funktioniert. Es ist nicht so, als wäre sie eine blutige Anfängerin, die vom Autorenstuhl aufgestanden und einfach als Regisseurin am Filmset aufgetaucht ist. Das gerät bloß leicht in Vergessenheit, weil sie seit langem so erfolgreich als Autorin arbeitet: Sie ist einfach nie dazu gekommen, ihren erlernten Beruf auszuüben. Und jetzt, zum Finale von OSTWIND, hat es sich einfach aufgedrängt.“.
„Herz und Seele von OSTWIND ist Lea. Sie ist der verbindende rote Faden, der sich durch alle Filme zieht. Und deshalb macht es auch unbedingt Sinn, dass sie beim letzten Film auf dem Regiestuhl saß.“ Ganz klar die richtige Entscheidung, findet die Produzentin: „Die Arbeit mit Lea ist ein Fest. Wir verstehen uns blendend. Was OSTWIND anbetrifft, ziehen wir immer an einem Strang. Ich kenne das auch so, dass es beim Schnitt so hoch hergehen kann, dass man sich gegenseitig an die Gurgel gehen will. Mit Lea gibt es so etwas nicht. Sie weiß genau, was sie will. Und mehr noch: was die Geschichte braucht. Da wird dann einmal eine Entscheidung getroffen, und dabei bleibt es.“
Komplexer Prozess: vom Computer auf den Regiestuhl
„Es war ein sehr komplexer Prozess, aber das hatte ich auch davor schon gewusst“, berichtet die Regisseurin über ihre Erfahrungen beim Dreh. „Insofern war es nicht viel anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Man steht in einem Gewitter von Technik, Logistik, Finanzen und allen möglichen Sachzwängen und hat als wichtigste Aufgabe, die Geschichte zu beschützen vor all dem, was immer kleine Stücke abknapsen will. Das kostet viel Kraft. Rückblickend stelle ich fest, dass meine Kreativleistung bereits zu 80 Prozent im Buch abgedeckt war und nur 20 Prozent am Set abgerufen wurden.“ Dort war sie dann vornehmlich damit beschäftigt, Widrigkeiten zu bewältigen, mit denen man nicht gerechnet hatte. „Man ist eine regelrechte Entscheidungsmaschine“ lacht sie und erklärt, dass sie sich bisweilen als Drehbuchautorin auch gehasst habe, weil sie sich mit ihrer Detailverliebtheit das Leben schwer gemacht hätte. „Ich schreibe sehr konkret“, erzählt sie. „Was natürlich auch nach sich zieht, dass man bei der Umsetzung ebenso konkret sein muss. Wenn ich beispielsweise schreibe ,Er fährt einen roten Ford Fiesta‘, dann mache ich das oft nur, um die Szene etwas plastischer oder lebendiger zu beschreiben – anstatt einfach nur ,Auto‘ zu schreiben.“ Beim Dreh merkte sie dann, dass die Ausstattung gestresst war, weil mehrere Leute sich abmühten, einen solchen roten Ford Fiesta aufzutreiben. „Dabei war es nur darum gegangen, dass ein kleines Auto gefahren wird. Als Regisseur ist man unentwegt damit beschäftigt, das Geschriebene im Drehbuch für alle zu interpretieren, fast wie bei einer Textanalyse. Ich habe einen Heidenrespekt entwickelt, ein wie wichtiges Dokument das Drehbuch für alle Beteiligten tatsächlich ist.“
Ewa und Bernd (Schiller) von SamFilm waren von jeher Schmidbauers wichtigste Ansprechpartner während der Entwicklung. Jetzt standen sie ihr gemeinsam mit Andreas Ulmke-Smeaton auch zur Seite, als sie sich als Regisseurin beweisen musste. „Vor dem Dreh haben wir natürlich auch genau durchgesprochen, wie jede Szene aussehen sollte, worauf es jeweils ankam“, erinnert sich die Regisseurin. Beim Dreh selbst ließen ihr die Produzenten dann viel Freiraum. „Das hat mich regelrecht überrascht: Ich hätte gedacht, dass sie mir viel genauer auf die Finger schauen würden, weil man sich aufgrund meiner geringen Erfahrung als Regisseurin vielleicht Sorgen machen würde, ob ich das wirklich alles wuppen kann. Sie haben mir sehr vertraut. Das tat mir auch gut. Und hat mich, sofern ich es beurteilen kann, meine Arbeit besser machen lassen.“ Kameramann Florian Emmerich war ein besonders wichtiger Mitstreiter für Lea Schmidbauer: „Er hatte schon die letzten beiden OSTWIND-Filme gemacht und war ein verbindendes Glied, weil er eben auch mit Katja (von Garnier) und Theresa (von Eltz) gearbeitet hatte. Ich kannte ihn bereits sehr gut und bin begeistert von seiner visuellen Kraft wie seiner Erfahrung, wovon ich viel profitiert habe. Er hat mich auch eingebremst, wenn ich zu ambitioniert ans Werk ging, und sagte ,Nein, mach das nicht, dafür haben wir nicht die nötige Zeit – die einfachere Variante ist genauso effektiv.‘ Er war als Korrektiv ebenso unverzichtbar wie als kreativer Partner.“ Nicht missen will die Regisseurin die Arbeit mit ihrem Regieassistenten: „Korbinian Wandinger hat mir die Logistik dieser Riesenmaschine abgenommen. Er hatte das unglaublich gut im Griff und hat mir damit den Rücken freigehalten für all die anderen Dinge, um die ich mich kümmern musste. Ohne ihn wäre ich überfordert gewesen, gebe ich ganz offen zu.“ Für das gesamte Team ist Schmidbauer voll des Lobes: „Der Regisseur ist nicht die Lichtgestalt. Seine Arbeit ist immer nur so gut wie die Arbeit seines Teams. Wenn ich meine Arbeit gut gemacht habe, dann nur deshalb, weil ich ein Team hatte, das jede Herausforderung angenommen und gemeistert hat. Ich habe viele Entscheidungen getroffen, aber es gibt auch viele Momente, wo man sich einfach auf die anderen verlassen muss und nur zuschauen kann. Man muss auch wissen, wann man nicht mehr gefragt ist.“
Schmidbauers Bereitschaft zu Teamarbeit beeindruckte die Produzenten. „Sie weiß, dass sie umgeben ist von einem Team von Topleuten, auf deren Expertise sie immer vertrauen kann“, sagt Ewa Karlström. „Sie macht das genau richtig. Gleich zu Beginn erklärte sie: Ich brauche euch, helft mir. Das ist mein erster großer Film als Regisseurin, und der wird nur gut, wenn ihr mich unterstützt.“ Das sei genau die richtige Herangehensweise: Alle Beteiligten wollten ihr Bestes geben, jeder lechzte förmlich danach, seinen Beitrag für das Gelingen des Films zu leisten, alles zu geben. „Man wäre töricht, wenn man das nicht abrufen würde“, findet die Produzentin. „Lea hat eine klare Vision. Und der ordnet sie alles andere unter. Sie hatte das Team an ihrer Seite. Gemeinsam sind sie offen und gerade durch den Dreh und die Postproduktion gegangen. Lea war sich nicht zu fein zu sagen, wenn sie etwas nicht wusste. Dann holte sie sich die Meinung der anderen ein, anstatt sich aus Unsicherheit aufzuplustern, wie es auch jeder schon einmal bei Drehs erlebt hat. Nur geht das meistens nach hinten los. Lea ließ sich dagegen von ihrem Team durch den Film tragen.“
Foto:
©Verleih
Info:
Ostwind - Der große Orkan (Deutschland 2020)
Genre: Pferdefilm, Kinder- und Jugendfilm, Drama, Familie
Filmlänge: ca. 102 Minuten
Regie: Lea Schmidbauer
Drehbuch: Lea Schmidbauer
Darsteller: Luna Paiano, Hanna Binke, Matteo Miska, Amber Bongard, Marvin Linke, Tilo Prückner, Cornelia Froboess, Nils Brunkhorst, Gedeon Burkhard u.a.
Abdruck aus dem Presseheft
©Verleih
Info:
Ostwind - Der große Orkan (Deutschland 2020)
Genre: Pferdefilm, Kinder- und Jugendfilm, Drama, Familie
Filmlänge: ca. 102 Minuten
Regie: Lea Schmidbauer
Drehbuch: Lea Schmidbauer
Darsteller: Luna Paiano, Hanna Binke, Matteo Miska, Amber Bongard, Marvin Linke, Tilo Prückner, Cornelia Froboess, Nils Brunkhorst, Gedeon Burkhard u.a.
Abdruck aus dem Presseheft