ostwind3Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. Juli 2021, Teil 19

Redaktion

München (Weltexpresso) - Als Lea Schmidbauer den Roman zu DER GROSSE ORKAN schrieb, war ihr nicht klar, ob dieser Stoff tatsächlich noch verfilmt werden würde. „Seit dem dritten Teil war ich immer überrascht, wenn es noch einmal einen Film gab“, gesteht sie. „Aber auch als Romanautorin kann ich nicht aus meiner Haut: Ich schreibe auch meine Romane mit dem Blick der Drehbuchautorin. Ich folge einer relativ klaren Dramaturgie, schweife selten ab und verzettle mich auch nicht.“ Insofern fällt es nicht schwer, die Romane in Drehbücher zu verwandeln.

Die grundsätzliche Struktur ändert sich nicht. Die Figuren und entscheidende Situation stehen fest. „In diesem Fall hatte ich es doppelt leicht“, sagt sie. Bei ARIS ANKUNFT hatte sie kompensieren müssen, dass bei den Filmen ein Roman ausgelassen worden war, „Ostwind – Auf der Suche nach Morgen“. „In der Exposition des vierten Films musste ich also erklären, wie Ostwind von Spanien wieder nach Deutschland gekommen ist“, berichtet Lea Schmidbauer. „Bei DER GROSSE ORKAN konnte ich mich im Drehbuch dagegen voll und ganz auf die Buchvorlage konzentrieren.“

DER GROSSE ORKAN erzählt eine Geschichte, die sich durchaus abhebt von den vorherigen Filmen. Mika ist als Figur wieder viel präsenter als im vierten Teil. Nur gemeinsam mit ihrer Hilfe kann sich Ari durchsetzen, zusammen mit Fanny und Sam besiegen sie den Bösewicht dieser Geschichte. „Erstmals spielt ein OSTWIND-Film in der Welt des Zirkus“, sagt Ewa Karlström. Das verleiht dem Film automatisch eine ganz eigene Atmosphäre, eine besondere Note. Kunstreiten oder – im weitesten Sinne – Voltigieren hatte man in einem OSTWIND-Film ebenfalls noch nicht gezeigt. „Es ist ein toller Rahmen für unsere Geschichte, die auch neue Wege ausprobiert: Noch nie zuvor ist eine Hauptfigur in unseren Filmen so in Versuchung geführt worden, vom rechten Pfad abzuweichen und das Richtige zu tun, wie es Ari hier passiert.“ Dazu kommen faszinierende neue Figuren: Mit Gedeon Burkhard hatte Ewa Karlström schon bei ihrem ersten Film, ABGESCHMINKT! (1992), zusammengearbeitet: „Er ist perfekt als Yiri, dem es fast gelingt, Ari um seinen Finger zu wickeln.“ Dass man sich inhaltlich so stark neu orientieren konnte, lag auch daran, dass Luna Paiano seit dem letzten Film einen riesigen Sprung gemacht hat – körperlich wie schauspielerisch. „Sie war schon in ARIS ANKUNFT außergewöhnlich“, sagt Ewa Karlström. „Und jetzt hat sie sich natürlich noch einmal sichtlich weiterentwickelt. Sie war sehr froh, dass sie mit Matteo Miska, der den Carlo spielt, diesmal auch einen Gleichaltrigen an ihrer Seite hatte. Bei ihrem ersten Auftritt musste sie sich ja alleine als Mädchen gegenüber den ganzen alten Hasen behaupten, die natürlich auch alle älter waren als sie. Sie ist richtig aufgeblüht und hatte viel Spaß bei den Dreharbeiten. Spätestens beim zweiten Take sitzt bei ihr alles. Das ist außergewöhnlich. Und ja, mit Matteo haben wir auch einen Glücksgriff getan: Wenn er lacht, dann geht die Sonne auf. Es war eine sehr schöne Erfahrung mit den beiden.“

DER GROSSE ORKAN ist ein anderer OSTWIND geworden, der stärker in Richtung Abenteuer geht und vielleicht weniger auf die magischen, emotionalen Momente setzt. Ewa Karlström betont: „Aber so muss das auch sein. Man darf sich nicht selbst kopieren, sonst tritt man auf der Stelle und wird schal. Man muss etwas Neues erzählen. Ich bin sehr froh, dass uns das gelungen ist, aber trotzdem einen richtigen OSTWIND gemacht zu haben, der all das bietet, was sich die Fans erhoffen. Ich bin immer sehr ergriffen am Ende, es ist ein würdiger Abschluss.“ Und Lea Schmidbauer meint: „Wir hatten OSTWIND nie als große Saga geplant, in der es einen Masterplan gab, was in den einzelnen Filmen passiert, um eine große Handlung voranzutreiben.“ Jede Geschichte entstand für sich, weshalb es gelungen ist, jedes Mal etwas Neues zu zeigen, einen neuen Erzählansatz zu finden. „Bei OSTWIND gibt es immer einen äußeren Rahmen, der den Plot bestimmt“, erklärt die Autorin und Regisseurin. „Es gibt aber auch immer eine innere Geschichte, die etwas über die Hauptfiguren und deren Entwicklung erzählt.“

Im fünften Teil muss Ari für sich bestimmen, wer sie ist. Es geht um die Versuchung von Ruhm. Welchen Preis ist man bereit zu zahlen, wenn man bewundert werden will? „Die emotionalen Themen gefallen mir gut“, sagt Lea Schmidbauer. Sie heben DER GROSSE ORKAN besonders von den bisherigen Filmen ab. „Die Menschen stehen diesmal stärker im Mittelpunkt. Das alte Zirkuspferd, das in seinem Leben so viel leiden musste und immer noch nicht aufhören darf, ist ein Sinnbild, ein Spiegel. Und Ari muss für sich entscheiden, ob sie es in Kauf nehmen kann, dass es dem Pferd schlecht geht, damit sie sich einen Wunschtraum erfüllen kann. Was ist ihre Bestimmung? Mir gefällt das auch deshalb gut, weil Ari hier endlich aus Mikas Schatten tritt und ganz eigene Entscheidungen trifft.“ Gleichzeitig war es der Autorin und Regisseurin aber auch ein Anliegen, Mika als handelnde Identifikationsfigur nicht zu verlieren: Nur ist sie jetzt nicht mehr das orientierungslose Mädchen, das Hilfe und Unterstützung benötigt. Sie ist mittlerweile eine junge Frau Anfang 20 und schlüpft nun ihrerseits in die Mentorenrolle. „Das war mir wichtig“, betont Lea Schmidbauer. „Ich wollte Mika nicht verlieren, das ist auch den Fans wichtig: Für sie ist Mika weiterhin eine Identifikationsfigur, und sie wollen wissen, wie es mit ihr weitergeht.“


Gute Geschichten, gute Botschaften, gute Frauenfiguren: Was bleibt?

„Natürlich bin ich wehmütig, dass diese Reise jetzt vorbei ist“, resümiert Lea Schmidbauer. „Ich hätte mir vieles vorstellen können in meinem Leben, aber dass ich jemals Erfolg haben würde mit einer Pferdegeschichte, das hätte ich nicht erwartet. Und jetzt habe ich zehn Jahre meines Lebens in OSTWIND investiert. Es ist ein komisches Gefühl. Ich verspüre nämlich auch eine gewisse Befreiung. Wenn das noch länger gehen würde mit OSTWIND, wäre ich tatsächlich ein für alle Mal abgestempelt als Pferdetante. Ein Hintertürchen halte ich mir aber auf jeden Fall offen. Es ist ein großer Kosmos. Und einen Roman werde ich auf jeden Fall auch noch schreiben. Aber es wird keine so lebensbestimmende Größe mehr sein.“ Ewa Karlström sieht es dagegen philosophisch: „Ich bin jemand, der gut loslassen kann, wenn ich das Gefühl habe, dass etwas zu Ende geht. Klar, Wehmut gab es auch, beim Abschlussfest. Wir lagen uns in den Armen und schwelgten in Erinnerungen. Es war ja auch eine tolle Strecke, die wir gemeinsam zurückgelegt haben, unsere kleine OSTWIND-Familie, die mir unheimlich ans Herz gewachsen ist. Das ist sehr emotional. Aber weil ich weiß, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben, zu einem Zeitpunkt aufzuhören, an dem OSTWIND so gut ist, wie die Reihe sein kann, gibt es eben auch ein lachendes Auge. Und wie gesagt ist es auch nicht so, dass wir das Universum verlassen. Die Filmreihe ist am Ende angekommen, OSTWIND dagegen noch nicht.“

Lea Schmidbauer ist sehr stolz auf das, was sie mit OSTWIND erreicht hat. „Was immer man auch kritisieren mag, in der DNA handelt es sich um gute Geschichten mit guten Botschaften und guten Frauenfiguren“, findet sie. „Es ist etwas Besonderes und Einzigartiges, mit etwas, das einem selbst so wichtig ist, so viele Menschen zu berühren und zu begeistern. Ich bin mir nicht sicher, ob mir so etwas in dieser Form noch einmal gelingt.“ Und Ewa Karlström sagt: „Das Menschliche und der Spaß an der Arbeit standen immer an vorderster Stelle. Deshalb halte ich es nicht vermessen, wenn ich von einer Familie spreche, die sich zusammengefunden hat, vom Team über die Darsteller: Wenn man sich trifft, spürt man stets eine große Freude und Liebe füreinander. Das habe ich in dieser Form noch bei keinem anderen Film erlebt. Es ist aber auch etwas ganz Tolles, wenn man eine solche zehnjährige Reise gemeinsam erleben durfte. Das Tüpfelchen auf dem I war natürlich, dass wir damit auch noch so viel Erfolg hatten.“

Abschließend sagt die Produzentin: „So wie wir den Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge erleben, wünsche ich mir, dass es dem Publikum auch geht. Es ist ein Abschied, bei dem man sich gut fühlen soll. Ich möchte, dass man das letzte OSTWIND-Abenteuer aus vollem Herzen genießt.“ Außerdem soll das Publikum unbedingt bis zum Ende des Abspanns sitzen bleiben: „Da wartet noch eine tolle Überraschung, die man sich nicht entgehen lassen sollte.“ Für Lea Schmidbauer zählt vor allem Eines: „Das Gesetz Nummer eins für einen Filmemacher ist: Du sollst nicht langweilen! Wenn mir das gelungen sein sollte bei meiner ersten Regiearbeit, dann wäre ich der glücklichste Mensch der Welt.“

Foto:
©Verleih

Info:
Ostwind - Der große Orkan (Deutschland 2020)
Genre: Pferdefilm, Kinder- und Jugendfilm, Drama, Familie
Filmlänge: ca. 102 Minuten
Regie: Lea Schmidbauer
Drehbuch: Lea Schmidbauer
Darsteller: Luna Paiano, Hanna Binke, Matteo Miska, Amber Bongard, Marvin Linke, Tilo Prückner, Cornelia Froboess, Nils Brunkhorst, Gedeon Burkhard u.a.