Free Guy1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. August 2021, Teil 1

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Guy (Ryan Reynolds) ist Kassierer in einer Bank in Free City. Jeden Morgen hat er die gleiche Routine vom Begrüßen seines Goldfisches, über sein Frühstücksmenü und seinen Kaffee to go. Außerdem zieht er jeden Tag ein blaues Hemd und eine kakifarbene Hose an, daneben träumt er von einem bestimmten Paar Sportschuhen, das er sich aber finanziell nicht leisten kann.

Er strahlt eine optimistische Einstellung aus, unterhält sich mit seinem besten Freund Buddy (Lil Rel Howery) und stört sich auch nicht am Chaos und der Gewalt um ihn herum. Es regt ihn auch nicht allzu sehr auf, dass seine Bank täglich überfallen wird. Doch dann sieht er eines Tages eine unbekannte Frau (Jodie Comer) und wehrt sich bei einem der Banküberfälle. Er nimmt eine der Brillen der Bankräuber an sich und sieht seine Welt plötzlich mit ganz anderen Augen.

Mit Hilfe von Guys "Traumfrau", die sich als Molotovgirl entpuppt, lernt er, dass er nur ein NPC in einem brutalen weltweiten Videospiel namens "Free City" ist, das bedeutet, dass er ein "Non-Player Charakter" ist, also eine Hintergrund-Figur, während um sie herum die von Menschen gesteuerten Spieler und Spielerinnen die ihnen auferlegten Aufgaben erfüllen. So müssen Guy und sein Freund Buddy in der Bankraubszenerie die Arme heben und sich anschließend auf den Boden legen, bis der Überfall vorbei ist.

Da Guy an Molotovgirl sehr interessiert ist, lernt er ganz schnell die Bedingungen des Spiels und hat innerhalb kürzester Zeit einen Score, dass er auf ihrem Level spielen kann. Guy hat schnell begriffen, dass man in dem brutalen Spiel auch leicht ein höheres Level erreichen kann, wenn man nicht unbedingt möglichst viele Gewalttaten begeht, sondern die brutalen Regeln des Spiels einfach durch freundliche Aktionen aushebelt.

Das weltweit sehr populäre Spiel wird von den Soonami Studies vertrieben, dessen Boss Antwan (Taika Waititi) ist, der vor allem an den Einnahmen des Spiels und an dessen möglichst brutalen Fortsetzungen interessiert ist.

Im realen Leben heißt Molotovgirl Millie und versucht zusammen mit ihrem Computerfreund Keys (Joe Keery) in das System des Spiels einzubrechen, denn beide glauben, dass der Besitzer den Code von "Free City" von ihnen gestohlen hat, nachdem die beiden das Spiel an Antwan verkauft haben. Jetzt haben Millie und Keys bewusst einen Programmierfehler ins Programm eingebaut, damit Guy beginnen kann, selbständig zu agieren und dadurch Molotovgirl hilft, den Code auf dem Server zu finden.

Während sich Guy durch die Begegnung mit Millie weiterentwickelt, verhält er sich anders als die meisten anderen NPCs. Gleichzeitig nimmt er eine immer größere Rolle im Spiel selbst ein. Durch seinen liebenswerten und naiven Charakter wird er weltweit bekannt und zu einem populären Helden von "Free City" - sowohl im realen Leben als auch im Spiel selbst. Das führt dazu, dass es Gamer gibt, dessen Avatare Millie und Guy aktiv bei ihren Aktionen unterstützen.

Antwan merkt relativ rasch, dass diese neue Spielfigur eine ernste Gefahr für die Zukunft einer möglichen Spielserie ist. Er beauftragt deshalb den Programmierer Mouser (Utkarsh Ambudkar), das Spiel herunter zu fahren und damit alle NPCs zu löschen, damit die Zukunft der geplanten Fortsetzung "Free City Zwei: Carnage" nicht gefährdet wird.

Guy entwickelt inzwischen nicht nur ein eigenes Bewusstsein, sondern er kann sich auch frei in Free City bewegen. Er versucht, unbekannte Wege zu beschreiten und dadurch in den Server einzudringen, denn nur so kann er erreichen, dass er selbst und die anderen nicht spielbaren Charaktere vor der Löschung bewart werden und damit auch Millie und Keys zum Sieg über Antwan verholfen wird...


Free Guy2Regisseur von "Free Guy" ist Shawn Levy nach einem Drehbuch von Matt Lieberman und Zak Penn. Als Vorbild dient vermutlich Grand Theft Auto (GTA), eine der größten Spiele Reihen aller Zeiten, ein Open-World-Spiel, das Action-, Rennspiel- und Third-Person-Shooter Elemente enthält. Auch bei "Free Guy" gehen die Spieler verbrecherischen Missionen in einer Großstadt nach, gleichzeitig wird die Gewalt und Kriminalität hier bewusst banalisiert. Dabei macht sich der Actionfilm auch darüber lustig, denn dadurch entstehen durchaus satirische Momente.

Dreh- und Angelpunkt des Films ist allerdings Ryan Reynolds, der neben seiner Rolle als Hauptdarsteller auch als Produzent tätig war. Zugegeben der zu Beginn dauergrinsenden, naiven und permanent gut gelaunten Banker geht dem Zuschauer doch etwas auf die Nerven. Da Reynolds diese Attitüde auch beibehält, nachdem er erkannt hat, wer (oder was) er wirklich ist, macht ihn aber zu einem spannenden Charakter, der sich nicht von den brutalen Szenen des Spiels einfangen lässt.

Natürlich muss man bei der Performance an Reynolds Marvel-Antiheld Deadpool in Deadpool 1 und 2 (2016 + 2018) denken, in denen auch humorvolle, zynische und brutale Szenen miteinander verbunden sind. Doch Guy ist im Gegensatz zu dem Spiel selbst nicht zynisch oder brutal, sondern er bleibt die immer gut gelaunte Person, die eigentlich nur seiner großen Liebe helfen will und letztendlich für sich und die anderen NPCs ein freies Leben erreichen möchte, wie sie es sich vorstellen.

Neben der ausgezeichneten Darstellung von Ryan Reynolds ragen noch drei weitere Darsteller heraus. Der neuseeländische Schauspieler und Regisseur Taika Waititi spielt den exzentrischen und arroganten Konzernchef Antwan wunderbar überdreht. Jodie Comer überzeugt sowohl als Millie in der realen Welt als auch als ihr Avatar Molotovgirl im Computerspiel. Die Chemie stimmt sowohl zwischen ihr als Molotovgirl mit Reynolds Guy als auch in der realen Welt mit Joe Keery als ihr Computerfreund Keys. Dadurch wird die positive Energie von Guy immer wieder auch in die reale Welt übertragen, denn Keys hat dem NPC schließlich das Leben einprogrammiert.

Dass eine Person lernen musste, dass seine Umwelt nicht real ist, musste schon Truman Burbank (Jim Carrey) in "The Truman Show" (1998) feststellen. Das Leben in einem Computerspiel wurde als Animation bereits in "Ralph reichts" (2012) und der Fortsetzung "Chaos im Netz" (2018) nachempfunden. Auch Matrix (1999) lebt davon, dass der Hauptcharakter Neo lernt, dass er eigentlich in einem riesigen virtuellen Raum lebt.

Dabei hat "Free Guy" gerade für Spiele-Nerds und Kenner der (Film-)Szene ein gelungenes Sammelsurium aus Querverweisen, Easter Eggs und Cameos. Dies gilt nicht nur für bekannte Schauspieler wie Chris Evans (wenn Guy das Schild von Captain America herauf ruft) oder von Channing Tatum als Motorradfahrer- Avatar eines Gamers, der Guy und Millie hilft, sondern auch für die Star-Wars Musik, wenn Guy ein Laserschwert schwingt.

Daneben treten einige bekannte und einflussreiche Personen der Gaming- und Video-Welt wie Imane "Pokimane" Anys, Lannan "LazarBeam" Eacott, Seán William "Jacksepticeye" McLoughlin, Tyler "Ninja" Blevins oder Daniel "DanTDM" Middleton in kurzen Szenen selbst als Spieler auf.

Aber auch durch die überaus gelungene CGI und durch den lockeren Erzählstil kommt im Film keine Langeweile auf.

Alles zusammen macht "Free Guy" zu einem unterhaltsamen und spannenden, sommerlichen Wohlfühlfilm voller origineller Ideen, einem cleveren Szenario und einem hervorragend aufgelegten Ensemble. Natürlich haben es Computer-Spieler, vor allem wenn sie Grand Theft Auto gespielt haben, leichter dem Treiben der Charaktere zu folgen und die Anspielungen zu verstehen, aber auch, wenn man absolut kein Interesse an Computer-Spielen hat, kann man die sympathische Komödie genießen.

Foto 1: Ryan Reynolds als Guy und Jodie Comer als Molotovgirl © Twentieth Century Fox
Foto 2: Ryan Reynolds als Guy und Lil Rel Howery as Buddy © Twentieth Century Fox

Info:
Free Guy (USA 2021)
Originaltitel: Free Guy
Genre: Komödie, Action, Abenteuer, Computerspiel
Filmlänge: ca. 115 Min.
Regie: Shawn Levy
Drehbuch: Matt Lieberman, Zak Penn
Darsteller: Ryan Reynolds, Jodie Comer, Taika Waititi, Joe Keery, Utkarsh Ambudkar, Lil Rel Howery u.a.
Verleih: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 12.08.2021