Bildschirmfoto 2021 08 14 um 23.41.20Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. August 2021, Teil 15

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Im Ernst sind TOM UND JERRY einer kulturkritischen Betrachtung wert. Daß die beiden Figuren – Katze, eigentlich Kater Tom, als der, der besonders viel Gewalt einstecken muß und Maus Jerry, der es listig und mit Fortune gelingt, den Tötungsabsichten des Toms zu entkommen und ihm stattdessen äußerst schmerzhafte Fallen stellt - in den USA seit 1940 bis 1967 es auf 161 meist kurze, fürs Kino produzierte Zeichentrickfilme brachten, hat mit Zweierlei zu tun. Der Katze wird zugeschrieben, sieben Leben zu haben, also gefährliche Situationen zu überleben. Und vor der Maus fürchten sich Menschen im Haus, weshalb Stadtbewohner und Bauern traditionell Katzen hielten, die die schnellfüssigen Mäuse erlegten.

Und das besagte Katz- und Mausspiel, das Menschen ausüben, soll ausdrücken, daß jemand ein Verhalten zeigt, das widersprüchlich ist, das einerseits etwas verspricht, dann wieder versagt, ein Verhalten, bei dem man jemanden hinhält, Hoffnung aufkommen läßt und dann doch negativ bescheidet. Dann gibt‘s aber auch den Ausdruck „Die Katze läßt das Mausen nicht“, der auf der Eigenschaft der Katze beruht, blitzschnell sich Bewegendes erkennen, fixieren und verspeisen zu können. Auf den Menschen bezogen, heißt das dann, daß dieser Eigenschaften habe, die ihm wie angeboren sind. Schnell kommt man zur Erkenntnis, daß die vielfachen sprachlichen Bezüge zur Katze historische Hintergründe haben, die tief in der europäischen/vorderasiatischen Kultur verankert sind.

Ägypten ist einer unserer kulturellen Ankerpunkte. Altägypten war landwirtschaftlich geprägt und so wird die große Bedeutung, die die Katze in der altägyptischen Kultur und Kunst erreichte, auf ihr erfolgreiches Beuteschema in den Kornkammern zurückgeführt. Denn sie erlegte die Mäuse schnelle und gründlich. Den Katzen kam geradezu kultische Verehrung zu, die Katzengöttin Bastet ist dabei das Vorzeigebeispiel, die zudem als Verkörperung von Schönheit, Weiblichkeit, Fruchtbarkeit, aber auch Anmut und positiver Gestimmtheit galt. Für unser kapitalistisches Weltbild zeigt sich aber die Konsequenz der Verehrung noch deutlicher in Folgendem: die Ausfuhr von Katzen aus Altägypten war verboten! Was war das Huhn, was das Ei? Auf jeden Fall ist von den Phöniziern bekannt, daß sie Katzen geschmuggelt haben, erst mal nach Italien, aber auch nach Gallien und sogar Britannien. Und daß Katzen im alten Griechenland bekannt waren, erkennt man an ihren Darstellungen auf Vasen seit 480 v.Chr.! Bekannt ist auch, daß die Griechen ihre Furcht vor schwarzen Katzen aus dem Babylonischen übernahmen.

Und dann kam das Christentum. Das ging nicht gut aus für die Katze und ganz besonders schlecht für die schwarze Katze. Wenn man dann noch liest, daß auch heute – laut demInstitut für Demoskopie Allensbach glaubten noch im Jahr 2005 ein Viertel der Befragten, daß es sich um ein schlechtes Vorzeichen handele, wenn eine schwarze Katze den Weg von links nach rechts kreuze! - derartiger Aberglaube vorhanden ist, werden einem QAnon und weitere Verschwörungstheorien verständlicher, wobei der Begriff Theorie hier verschwendet ist, es handelt sich um Verschwörungsgeschwätz. Das Christentum, das ja auch das Weibliche mit den Hexen dämonisierte, gab der Katze das gleiche Stigma, ja beförderte die Katze sogar zu Trägern der Hexen durch die Lüfte – was wir traditionell mit dem Besen ausdrücken – und generell zu Spießgesellen des Teufels. Katzen waren also Teufelszeug. Aber zu diesen Verfolgungen und Ausrottungen kam kurz darauf und noch mittendrinnen eine andere kulturelle Praxis, die die Verdammung und Ausrottung der Katzen konterkarierte. Im Spätmittelalter wurden Katzen gezielt eingeführt und gezüchtet, damit sie der Rattenplage (Pest!) Herr würden und die Bauern vorm Auffressen des Getreides durch Mäuse befreie. Die Katze verbreitete sich massenhaft.

Noch einmal: Aber gleichzeitig wurden Katzen als inquisitorischer Akt auf Scheiterhaufen in Käfigen verbrannt oder ins Fundament von Kirchen eingemauert.

Und die Katze hat es zur selben Zeit im christlichen Spätmittelalter in die Fabelwelt menschlicher Eigenschaften in Tieren geschafft. Warum es ausgerechnet sieben Leben sein sollen, zumindest im deutschsprachigen Raum und auch in vielen Spanisch sprechenden Ländern, die eine Katze habe, ist allerdings schwer zu sagen, denn dies stimmt ja nicht, wird ihr aber zugeschrieben. Dabei sind wiederum zwei Tatbestände zu unterscheiden: die Zahl Sieben (7) und die relative Unsterblichkeit. Die Sieben ist ziemlich einfach zu erklären, denn sie hat in der christlichen, d.h. erst einmal lange katholischen Tradition eine eigenständige Symbolik, eine eigene Geschichte: die Sieben Todsünden haben noch Brecht/Weill animiert, es gibt sieben Sakramente, sieben Tugenden und – so fing alles an – laut Bibel wurde die Welt in sieben Tagen erschaffen, weshalb wir bis heute sieben Wochentage haben. Die Zahl Sieben setzt sich in der Alttageskultur fort: in den Märchen sind es die SIEBEN AUF EINEN STREICH, aber auch SCHNEEWITTCHEN trifft hinter den sieben Bergen auf sieben Zwerge, nachdem ja schon der böse Wolf sieben Geißlein – nein, er frißt nach dem Weißen seiner Pfoten, aufgrund dessen die Geißlein glauben, ihre Mama komme heim und die Tür öffnen, nur sechs Geißlein, das siebte versteckt sich und erzählt der heimkehrenden Mutter vom bösen Wolf, der draußen mit dickem Bauch im Tiefschlaf liegt, woraufhin diese des Wolfes Bauchdecke öffnet und die sechs Geißlein rauspurzeln, genug, aber dann doch noch, daß der Siebenschläfer im Jahr 2021 in Österreich Tier des Jahres ist.

Bei der christliche Zahlensymbolik, dernach sich die Sieben als Summe aus der 3 und 4 ergibt, fällt sofort auf, daß die Drei natürlich die Dreifaltigkeit Gottes als Vater, Sohn und Heiliger Geist sein muß, aber hier wollen wir nicht weiterforschen, sondern subsumieren, daß die Sieben als Einheit von Körper und Geist gilt, zudem als Glückszahl gilt. Die Maus dagegen hat erst heute, wo die Menschheit erstmals mit den Underdogs – sehr köstlicher Begriff in diesem Zusammenhang – Sympathie empfindet und Unterstützung erteilt, eine größere Bedeutung gewonnen.

Foto:
©Verleih

Info:
August 2021 Im Kino / 1 Std. 41 Min. / Animation, Komödie, Familie

Regie: Tim Story
Drehbuch: Katie Silberman, April Prosser

Darsteller

Kayla         CHLOË GRACE MORETZ
Terence     MICHAEL PEÑA
Tom           HIMSELF
Jerry          HIMSELF
Cameron   JORDAN BOLGER
Mr Dubros ROB DELANEY
Joy the Bell Girl    PATSY FERRAN
Preeta                   PALLAVI SHARDA
Ben                       COLIN JOST
Mrs Mehta             SOMI DE SOUZA
Mr Mehta              AJAY CHHABRAMr Jacobson Snr. PATRICK POLETTI
Mrs Jacobson      ANIS AHERN