Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. August 2021, Teil 16
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - So weit, so international. Aber in den USA hat die bei uns seit dem Christentum gemarterte und malträtierte Katze eine weitere, sehr schwarzgrundige Geschichte erfahren. Erst Anfang der 80er Jahre kam auch auf Deutsch das KATZENHASSERBUCH heraus, das ich schon in den Siebzigern im MoMA in New York erwerben konnte (Abbildung er deutschen Fassung unten links) und das auf sadistische, gleichwohl schwarzhumorige Weise vielfach den Tod der Katze im Cartoon derart witzig, weil ungewöhnlich im Bild dokumentiert, so daß man gar nicht anders kann, als zu lachen. Dieses Buch, noch dazu für Kinder, wäre heute unvorstellbar.
Aber die Vorliebe der Amerikaner zu Schwarzweiß-Denken ist sicher der Hintergrund für die so erfolgreiche Serie, bei der man sich heute fragen kann, eigentlich muß, wieso die Beziehung KATZE UND MAUS zu Beginn der Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts weltweit wieder auftaucht. Da allerdings ist die Erklärung simpel. Es wird in der amerikanischen mehr und mehr desolaten Filmindustrie alles durch Neuauflagen, Neuverfilmungen zu Geld gemacht, was per Aufkäufe und Bestand die jeweiligen Studios, hier Warner Bros., verfügbar haben. Dabei wäre ein filmisches Reprint der bisher sieben oscarprämierten Originalstreifen weitaus attraktiver!
Bisheriger filmischer Hintergrund von Tom und Jerry
Tom und Jerry ist eine US-amerikanische Serie von 161 kurzen Zeichentrickfilmen von MGM, die von 1940 bis 1967 für das Kino produziert wurden. Die meisten Folgen handeln vom immer wieder vergeblichen Versuch des Katers Tom, die Hausmaus Jerry zu fangen und zu verspeisen, was zu den irrsten Verfolgungsjagden führt, zu direkten Zweikämpfen, klassischen Duellen, wo nach anfänglicher Überlegenheit der Katze, also Toms, die Maus die Oberhand gewinnt. Das muß auch so sein, denn würde Tom die Maus Jerry fangen und auffressen, wie im wirklichen Leben, wäre keine Geschichte, erst recht keine Fortsetzung möglich. Hinzu kommt - Charly Chaplins The Tramp ist dafür filmischer Ausdruck - , daß, wie schon angedeutet, erst in modernen Zeiten der Underdog, der Unterprivilegierte, der Pechvogel, der Ausgesonderte...die Sympathie des Publikums gewinnt. Ein weites Feld, das wir hier auf Tom, die Katze als Siegertyp mitsamt ihrer Hybris, und Jerry, die arme, aber schlaue Maus beschränken.
Die Produktion dieser 161 Zeichentrickfilme, die nach und nach die auch heute geläufige bildliche Darstellung von Tom und Jerry fanden, war weltweit außerordentlich erfolgreich und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Sieben Folgen wurden mit einem Oscar ausgezeichnet, weitere sechs wurden für den Oscar nominiert. Damit ist Tom und Jerry die meistausgezeichnete Trickfilmserie überhaupt. Tom und Jerry sind in den ersten Folgen tierische Figuren, die vor allem im häuslichen Umfeld Schabernack treiben. Dabei wurde Tom als Kater von der schwarzen Haushälterin Mammy Two-Shoes gehalten, weil diese Angst vor Mäusen hat, die Tom fressen soll. Wenn nun allerdings Tom diesem Jerry nicht den Garaus machen kann, fällt dies auch auf die im amerikanischen Original mit einem Südstaatenakzent agierende Schwarze zurück, die eine ähnliche Rolle wie Tom spielt, indem sie zwar formal Autorität bedeutet, ihr Strafverlangen jedoch meist in Erfolglosigkeit und Häme der anderen endet. Die gemäß unseren heutigen Identitätsdiskussionen sehr leicht erklärbare Auswechslung der schwarzen dicklichen Haushälterin durch eine weiße dünne Mittelschichtsweiße geschah, als die Filmserie in den Fünfzigern fürs Fernsehen weiterproduziert wurde. Diese Weiße, die zudem nicht mehr Angestellte, sondern Hausherrin war, hatte jedoch auf die Konzeption von Tom und Jerry keine weiteren Auswirkungen.
Von heute her sind die ersten Originalfolgen sehr viel gewalttägiger als spätere, erst recht als heutige, aber auch komischer, insgesamt eben kreativer. Auf jeden Fall waren diese Kinofilmproduktionen von Hanna und Babera sehr erfolgreich, die Macher produzierten später für das Fernsehen andere Trickfilmserien, von denen die Familie Feuerstein die hierzulande bekannteste ist. Doch 1957 wurde die MGM-Trickfilmabteilung geschlossen. Daraufhin kam es in den Jahren ab 1960 zu 13 Folgen von Gene Deitch, produziert in Prag, und zwischen 1963 bis 1967 weitere Tom-und-Jerry-Cartoons von Chuck Jones und Les Goldmann. Immer stärker wurden den Figuren menschliche Motive untergeschoben, sie handelten aber weiterhin im tierischen Umfeld, weitgehend ohne Menschen. Als für das US-Fernsehen weitere Katz-Maus-Trickfilme hergestellt wurden, wurde auf Gewalt, so weit es ging, verzichtet. Allerdings waren es Billigproduktionen, die an die künstlerischen Höhenflüge mit Oscarnominierungen und Oscargewinnung nicht anknüpfen konnten. Aber die alten und vielfach ausgezeichneten Filmproduktionen hielten den guten Ruf von TOM und JERRY aufrecht.
Sieben mal den Oscar gewonnen, weitere sechsmal nominiert ohne Preis. Das ist doch was. Allerdings kann man jetzt schon vorausschicken, daß der neue Film, der im nächsten Artikel besprochen wird, ganz sicher nicht einmal für einen Oscar nominiert wird, geschweige denn preiswürdig ist.
Die Oscars
1943: Tom spielt Feuerwerker (The Yankee Doodle Mouse)
1944: Tom bildet sich (Mouse Trouble)
1945: Tom der Nachtwächter (Quiet Please!)
1946: Tom gibt ein Konzert (The Cat Concerto)
1948: Tom und ich und Nibbelchen (The Little Orphan)
1951: Der liebe Tom verliert den Kopf (The Two Mouseketeers)
1952: Katz und Maus im Walzertakt (Johann Mouse)
TOM und JERRY im deutschen Fernsehen
Kommen wir noch kurz zu Deutschland. Im deutschen Fernsehen lief Tom und Jerry erstmals 1976 im ZDF. Dabei hat man in allen Folgen eine Stimme aus dem Off synchronisiert, die fortlaufend das Geschehen meist aus der Perspektive der Maus erzählt und kommentiert. Das wichtigste Erkennungsmerkmal der Serie auf Deutsch war Udo Jürgens „Vielen Dank für die Blumen...“ als Vorspann und Abspann, der 1990 das letzte Mal im ZDF ertönte. Doch schon im September desselben Jahren gab es unter der selben Erkennungsmelodie die Erstausstrahlung bei ProSieben, wo die Serie bis 1996 lief. Dann wurden die Folgen auch in den dritten Programmen, im Ersten und in weiteren Privatsendern ausgestrahlt. Heute liegen die Rechte für diese Folgen bei SuperRTL. Im Ernst sind TOM und JERRY in Form der alten Produktionen nicht totzukriegen, es sei denn man macht daraus heutige Filme!
So unter Warner Bros. geschehen, die den ersten „Tom & Jerry-Der Film“ 1992 herausbrachten, wo TOM und JERRY, sonst Erzfeinde, sich zusammentun, um den Vater des Mädchens Robyn zu finden. Zudem sprechen sie in diesem US-amerikanischen Zeichentrickfilm, der nirgends erfolgreich war und woraus man für den 2. Film wohl lernte. Leider nicht genug.
Mittlerweile sind fast alle Cartoons der Jahre 1940 bis 1967 als zwölfteilige Tom & Jerry Classic Collection auf DVD erhältlich.
Foto:
©Verleih
Info:
August 2021 Im Kino / 1 Std. 41 Min. / Animation, Komödie, Familie
Regie: Tim Story
Drehbuch: Katie Silberman, April Prosser
Darsteller
Kayla CHLOË GRACE MORETZ
Terence MICHAEL PEÑA
Tom HIMSELF
Jerry HIMSELF
Cameron JORDAN BOLGER
Mr Dubros ROB DELANEY
Joy the Bell Girl PATSY FERRAN
Preeta PALLAVI SHARDA
Ben COLIN JOST
Mrs Mehta SOMI DE SOUZA
Mr Mehta AJAY CHHABRAMr Jacobson Snr. PATRICK POLETTI
Mrs Jacobson ANIS AHERN