Bildschirmfoto 2021 09 08 um 23.57.16Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. September 2021, Teil 3

Redaktion

Paris (Weltexpresso) - Was hat Sie an dem Filmprojekt DER ROSENGARTEN VON MADAME VERNET gereizt?

Vor allem die Persönlichkeit der Hauptfigur und ihre Lebensgeschichte. Sie ist eine Frau, die am höchsten Punkt ihrer Karriere war. Sie hat alles verloren und dennoch schafft sie es, wieder aufzustehen. Und zwar indem sie die Hilfe von anderen Menschen akzeptiert, die ebenfalls bereits ganz unten waren. Menschen, die in ihrer Einsamkeit gefangen sind, die aber trotz ihrer Unterschiede durch die Solidarität ihr Glück finden. Mich hat die soziale Dimension und die Menschlichkeit des Films berührt. Die Rosen geben dieser Geschichte eine unbeschreibliche Poesie. Ich muss gestehen, dass ich diesen Blumen vorher keine besondere Aufmerksamkeit schenkte. Nach dem Film sehe ich sie mit ganz anderen Augen.

Zurück zu Eve ...

Für eine Schauspielerin ist Eve eine unwiderstehliche Figur, da sie sehr komplex ist und sich weiterentwickelt. Zu Beginn der Geschichte ist sie sehr stolz, aufrecht, Interview mit Catherine Frot mutig und auch in sich gekehrt. Eine Art verletzte Geliebte, die sich nur durch ihre Leidenschaft für Rosen aufrecht hält. Sie war eine Königin auf ihrem Gebiet, doch stärkere Konkurrenten haben ihr die Krone gestohlen, und dennoch kämpft sie mit unglaublichem Elan weiter um das Überleben ihrer Pflanzen.Eve ist wie eine Eiche. An der Oberfläche ist sie robust, aber durch Wunden geschwächt, die sie für unsichtbar hält: der Tod ihres Vaters, der Niedergang der Rosenzucht und auch die Anonymität, in die sie gefallen ist. Die unerwartete Ankunft von drei Personen auf der Suche nach sozialer Integration wird für diese hartnäckige, mutige Frau ausreichen, um ihre Ansprüche und sich selbst zu hinterfragen und ein Gefühl in sich zu entwickeln, von dem sie als kinderlose Frau glaubt, es niemals erleben zu können: das Glück der Weitergabe an die nächste Generation. Eve lebt in gewisser Weise nur für die Aufrechterhaltung der Schönheit, etwas an sich völlig Nutzloses, Flüchtiges, Veraltetes und doch Grundlegendes und Ursprüngliches. Sie ist getrieben von einer Art spirituellen Suche, die an Poesie grenzt und der manchmal auch ein gewisser Humor entspringt.

Eve ist eine Handwerkerin. Ihre Arbeit basiert auf Geschmack und Intuition, erfordert aber auch Geschicklichkeit, Sorgfalt und Präzision. Um sich vorzubereiten muss man einiges Lernen. Hat das Ihre Lust auf diese Rolle noch verstärkt?

Oh ja! Ich liebe es, als Schauspielerin die Illusion zu vermitteln, Wissen zu beherrschen, das ich im richtigen Leben überhaupt nicht habe. Es ist sogar eine meiner größten Freuden. Für DER ROSENGARTEN VON MADAME VERNET musste ich etwas über Hybridisierung lernen. Es ist eine Fähigkeit, die viel Exaktheit erfordert. Meine Lehrerin war Madame Dorieux, die Besitzerin des Rosengartens, in dem wir gedreht haben.

Was bedeuten Ihnen Kostüme?

Sie machen es möglich, vollständig in eine Figur einzutauchen. Pierre Pinaud, der Kostümdesigner und ich haben viel mit Eves Outfi ts gespielt. Sie ist eine moderne Unternehmerin, aber auch eine Handwerkerin, deren Arbeit gleichzeitig der Erinnerung an ihren Vater und dessen Arbeitsmethoden sehr verbunden ist. Und so haben wir sie uns ein wenig männlich vorgestellt. Ihre Kleidung ist zeitgemäß, sehr praktisch, aber auch mit altmodischer Eleganz. Ich dachte sofort an Krawattenschals, Hut und Pfeife. Die Pfeife, von der man denken könnte, dass sie sie aus Nostalgie für ihren Vater raucht. Die Pfeife wird aber auch zum greifbaren Ausdruck ihrer innewohnenden Widersprüche. Bei der Rosenzüchtung ist es wichtig, die Blume nach ihrem Duft einzuschätzen. Irgendwann bittet Eve ihren jungen Angestellten, mit dem Rauchen aufzuhören, „um seinen Geruchssinn nicht zu verderben“. Ich fi nde es herrlich, dass sich die Gegensätze ihres Wesens auch in den kleinen Accessoires ihres täglichen Lebens widerspiegeln.

Wir haben den Eindruck, es ist ein Film, der Sie besonders berührt hat ...

Das stimmt. Der Film ist formal schön, gut geschrieben und konstruiert, auch raffi niert und sehr facettenreich. Es werden die Schwierigkeiten eines kleinen Familienunternehmens enthüllt, dass sich großen Unternehmen gegenüber behaupten muss. Es wird das Bild eines Berufes gezeichnet, der sich in großen Schwierigkeiten befi ndet. Dazu ist der Film ein Porträt einer liebenswerten Frau, die sich stur dem Kampf ums Überleben widmet, ohne ihre moralischen Werte aufgeben zu wollen. Sie will eine Tradition aufrechterhalten. Und wir verstehen, dass Solidarität eine großartige Möglichkeit ist, sich neu zu erfi nden. Möge die Verbindung zwischen all diesen Facetten die Leidenschaft für eine Blume sein, die das Bild ewiger Schönheit ist und ihre Einzigartigkeit weiter verstärkt!

Foto:
©Verleih

Info:
Der Rosengarten von Madame Vernet (Frankreich 2020)
Genre: Tragikomödie
Filmlänge: ca. 104 Minuten
Regie: Pierre Pinaud
Drehbuch: Pierre Pinaud, Fadette Drouard
Darsteller: Catherine Frot, Melan Omerta, Fatsah Bouyahmed, Olivia Côte, Marie Petiot, Vincent Dedienne u.a.
Verleih: Neue Visionen Filmverleih