Redaktion
Paris (Weltexpresso) - Lassen Sie uns noch über das Ensemble von ONLINE FÜR ANFÄNGER sprechen. Corinne Masiero haben Sie schon erwähnt. Warum haben Sie sie besetzt?
GK: Hauptsächlich wegen „Louise Wimmer“, einem hervorragenden Film, in dem sie ganz fantastisch war. Danach haben wir ihre Karriere weiterverfolgt und mochten immer ihre etwas großmäulige, freche Art. Für uns ist sie eine Art weiblicher Depardieu. Wenn wir für einen Film casten und wissen, dass wir einen ganzen Monat mit diesen Schauspieler*innen verbringen, dann geht es uns natürlich darum, gemeinsam Spaß zu haben. Wir suchen nach einzigartigen Erfahrungen.
BD: Der Vergleich mit Depardieu ist natürlich schauspielerisch gemeint. Corinne hat diese instinktive, animalische Seite und ist dabei trotzdem enorm präzise und akkurat.
Wie sieht es aus bei Denis Podalydès? Auf den ersten Blick passt der gar nicht unbedingt in Ihre Welt.
GK: Er bringt uns immer zum Lachen. Und wir lieben die Filme der Podalydès-Brüder. Sie sind immer richtig gut.
BD: Ihre brüderlichen Abenteuer sind unglaublich witzig und interessant. Denis ist eine Art französischer Woody Allen – verletzlich, wahrhaftig, berührend. Typen wie er sind einfach unglaublich. Als wir ihm die Rolle anboten, sagte er ohne zu zögern zu. Das war für uns ein echtes Geschenk, denn durch seine Beteiligung nahm das Projekt Fahrt auf und überzeugte Finanziers und Produzenten.
GK: Er spielte die Figur genau so sonderlich wie wir uns das vorgestellt hatten. Sein komödiantisches Gespür ist einfach famos.
BD: Er ist nie überheblich oder prätentiös, sondern immer ganz bescheiden, großzügig und unvoreingenommen. Während des Drehs hat er sich stets komplett in den Dienst des Films und der Rolle gestellt. Er ist einfach fantastisch.
Die Komikerin Blanche Gardin wiederum scheint wie die Faust aufs Auge zu Ihrer Welt und Ihrer Art des Humors zu passen.
GK: Blanche zu besetzten, lag auf der Hand.
BD: Sie ist noch viel mehr als die Idealbesetzung. Wenn man sie kennenlernt, glaubt man plötzlich an ein Leben nach dem Tod. Wenn man sie auf der Bühne sieht, haut sie einen um. Als wir ihr die Rolle anboten, machten wir uns nicht allzu große Hoffnungen. Es war kein bisschen weniger nervenaufreibend, als wir damals bei Depardieu anklopften. Zunächst sagte sie uns auch ab, weil sie eigentlich gerade ihren eigenen Film schreiben wollte. Also erzählten wir ihr, dass bei uns Viggo Mortensen mitspielen würde. Plötzlich ließ sich ihr eigenes Projekt dann doch aufschieben.
GK: Natürlich hat sie das mit Viggo Mortensen nicht wirklich geglaubt.
BD: Aber komm‘, dafür stand sie neben Denis Podalydès vor der Kamera, das ist doch auch etwas.
GK: Blanche misst sich selbst an enorm hohen Maßstäben, was wir uns nach Ansicht ihrer Bühnenprogramme schon gedacht hatten. Sie ist definitiv nicht mit dem Traum aufgewachsen, Kinoschauspielerin zu werden.
BD: Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie uns einen Korb gegeben hätte.
GK: Was wir dann auch akzeptiert hätten. Aber sie sagte begeistert zu. So hatten wir unser Trio für die Hauptrollen. Die drei sind ja interessanterweise vollkommen verschieden, in eigentlich jeder Hinsicht. Doch alle drei mochten unsere früheren Filme. Gedanklich tickten wir alle ähnlich, wie wir schnell feststellten.
Neben diesen drei Neulingen in Ihrer Welt, gibt es in Gastauftritten auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Benoît Poelvoorde, Michel Houellebecq, Vincent Lacoste oder Bouli Lanners...
GK: Da dies unser zehnter gemeinsamer Film ist – zumindest, wenn man unseren mittellangen Film mit Brigitte Fontaine mitzählt – wollten wir den Anlass nutzen, um Menschen um uns zu sammeln, die wir mögen. Allerdings hatten wir schlicht vergessen, dass Michel schon in „Near Death Experience“ einen lebensmüden Man gespielt hatte. Wann immer wir mit ihm arbeiten, will er sich umbringen!
BD: Poelvoorde zerreißt mir in seiner Szene fast das Herz. Er erinnert mich an Goyas Bild „Zeit der alten Frauen“. Er spielt einen Lieferanten, und das nicht nur sehr witzig, sondern vor allem unglaublich emotional. Dass er extra nach Arras gekommen ist, um für diesen kleinen Moment wirklich alles zu geben, war einfach toll.
ONLINE FÜR ANFÄNGER ist Ihr erster Film, der von Sylvie Pialat produziert worden. Kannten Sie sich vorher? Und ist das eine Art indirekte Hommage an die Arbeit des Filmemachers Maurice Pialat?
GK: Wir kennen Sylvie schon eine Weile. Sie ist ausgesprochen witzig, und wir haben schon lange überlegt, mal mit ihr zusammenzuarbeiten.
BD: Maurice hat uns miteinander bekannt gemacht. Er mochte uns und liebte Fernsehen. GK: In der Arbeit von Maurice Pialat drehte sich immer alles um Menschlichkeit, große Emotionen und wahrhaftige Darstellungen.
BD: Seine Filme waren aber auch nie gefällig. Sie brauchten immer auch das Schweigen. Und steckten voller Details und Wendungen, ständig passierte etwas Neues. Er hat wirklich tolle Sachen gemacht, echt starken Tobak. Dagegen sind unsere Sachen geradezu harmlos.
GK: Was Sylvie angeht: Die mögen wir als Produzentin, aber auch jenseits der Arbeit. Wie bei allen Leuten, mit denen wir kollaborieren. Unsere Zusammenarbeit mit ihr war prima, nicht zuletzt, weil sie den richtigen Blick auf die Sache hatte und immer da war, wenn es nötig war.
Haben Sie eigentlich wirklich in Kalifornien auf dem Gelände eines der Tech-Giganten gedreht?
BD: Wir waren tatsächlich im Silicon Valley. Aber die Szene, wo Marie von Sicherheitskräften rausgeschmissen wird, haben wir im Louvre-Lens Museum gedreht.
GK: Mit besagten Firmen hatten wir sowieso zu kämpfen. Wir dürfen zum Beispiel nicht einmal den Namen Apple verwenden. Unglaublich!
BD: Diese großen Marken sind besser geschützt als Menschen. Wir durften nicht einmal den Ort Cupertino erwähnen, wo Apple seinen Firmensitz hat. Das ist so, als würde man uns verbieten, über Clermont-Ferrand zu sprechen, wo die Firma Michelin sitzt. Das ist doch verrückt, oder?
GK: Auch die Anonymous-Masken mussten wir nachträglich am Computer bearbeiten, denn die Rechte am Original liegen bei Warner Bros.
BD: Sogar dieses Symbol der Anarchie wurde durch einen multinationalen Konzern privatisiert. Das hat uns echt fertig gemacht.
Wie würden Sie denn ONLINE FÜR ANFÄNGER abschließend beschreibend: witzig, verzweifelt oder einfach hellsichtig?
GK: Tragikomisch. Eigentlich gilt das für fast alle unsere Filme. „Der Tag wird kommen“ beispielsweise ist für mich eine Komödie, aber viele empfinden den Film als bitter. Auch in ONLINE FÜR ANFÄNGER haben viele Genres Einzug gehalten. Am Ende zieht die Komödie gegenüber der Tragödie vielleicht ein wenig den Kürzeren. Doch das finde ich sogar ganz gut. Das heißt, dass der Inhalt hier wichtiger ist als die Form.
BD: Es läuft dieser Tage einfach etwas gehörig schief. Im Moment sitzen wir hier in einer alten Bar, die gegen Starbucks und ähnliche Ketten kämpfen muss. All diese interessanten Orte werden von Männern und Frauen geführt, die demnächst in Rente gehen. Aber sobald sie verschwunden sind, droht uns eine Welt, wie Houellebecq sie schon lange beschreit.
Info:
Darsteller
MARIE BLANCHE GARDIN
BERTRAND DENIS PODALYDÈS VON LA COMEDIE- FRANÇAISE
CHRISTINE. CORINNE MASIERO
SEXTAPE TYP. VINCENT LACOSTE
ALIMAZONE LIEFERANT. BENOÎT POELVOORDE
GOTT BOULI LANNERS
BIOBAUER VINCENT DEDIENNE
SCHMAROTZER PHILIPPE REBBOT
SELBSTMÖRDER MICHEL HOUELLEBECQ
CATHYA CLEMENTINE PEYRICOT
SYLVAIN LUCAS MONDHER
REGIE & DREHBUCH
BENOÎT DELÉPINE & GUSTAVE KERVERN
Frankreich 2020
Länge: 112 Minuten Bildformat: 2,35:1 (cinema scope) Tonformat: 5.1
Abdruck aus dem Presseheft
BD: Der Vergleich mit Depardieu ist natürlich schauspielerisch gemeint. Corinne hat diese instinktive, animalische Seite und ist dabei trotzdem enorm präzise und akkurat.
Wie sieht es aus bei Denis Podalydès? Auf den ersten Blick passt der gar nicht unbedingt in Ihre Welt.
GK: Er bringt uns immer zum Lachen. Und wir lieben die Filme der Podalydès-Brüder. Sie sind immer richtig gut.
BD: Ihre brüderlichen Abenteuer sind unglaublich witzig und interessant. Denis ist eine Art französischer Woody Allen – verletzlich, wahrhaftig, berührend. Typen wie er sind einfach unglaublich. Als wir ihm die Rolle anboten, sagte er ohne zu zögern zu. Das war für uns ein echtes Geschenk, denn durch seine Beteiligung nahm das Projekt Fahrt auf und überzeugte Finanziers und Produzenten.
GK: Er spielte die Figur genau so sonderlich wie wir uns das vorgestellt hatten. Sein komödiantisches Gespür ist einfach famos.
BD: Er ist nie überheblich oder prätentiös, sondern immer ganz bescheiden, großzügig und unvoreingenommen. Während des Drehs hat er sich stets komplett in den Dienst des Films und der Rolle gestellt. Er ist einfach fantastisch.
Die Komikerin Blanche Gardin wiederum scheint wie die Faust aufs Auge zu Ihrer Welt und Ihrer Art des Humors zu passen.
GK: Blanche zu besetzten, lag auf der Hand.
BD: Sie ist noch viel mehr als die Idealbesetzung. Wenn man sie kennenlernt, glaubt man plötzlich an ein Leben nach dem Tod. Wenn man sie auf der Bühne sieht, haut sie einen um. Als wir ihr die Rolle anboten, machten wir uns nicht allzu große Hoffnungen. Es war kein bisschen weniger nervenaufreibend, als wir damals bei Depardieu anklopften. Zunächst sagte sie uns auch ab, weil sie eigentlich gerade ihren eigenen Film schreiben wollte. Also erzählten wir ihr, dass bei uns Viggo Mortensen mitspielen würde. Plötzlich ließ sich ihr eigenes Projekt dann doch aufschieben.
GK: Natürlich hat sie das mit Viggo Mortensen nicht wirklich geglaubt.
BD: Aber komm‘, dafür stand sie neben Denis Podalydès vor der Kamera, das ist doch auch etwas.
GK: Blanche misst sich selbst an enorm hohen Maßstäben, was wir uns nach Ansicht ihrer Bühnenprogramme schon gedacht hatten. Sie ist definitiv nicht mit dem Traum aufgewachsen, Kinoschauspielerin zu werden.
BD: Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie uns einen Korb gegeben hätte.
GK: Was wir dann auch akzeptiert hätten. Aber sie sagte begeistert zu. So hatten wir unser Trio für die Hauptrollen. Die drei sind ja interessanterweise vollkommen verschieden, in eigentlich jeder Hinsicht. Doch alle drei mochten unsere früheren Filme. Gedanklich tickten wir alle ähnlich, wie wir schnell feststellten.
Neben diesen drei Neulingen in Ihrer Welt, gibt es in Gastauftritten auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Benoît Poelvoorde, Michel Houellebecq, Vincent Lacoste oder Bouli Lanners...
GK: Da dies unser zehnter gemeinsamer Film ist – zumindest, wenn man unseren mittellangen Film mit Brigitte Fontaine mitzählt – wollten wir den Anlass nutzen, um Menschen um uns zu sammeln, die wir mögen. Allerdings hatten wir schlicht vergessen, dass Michel schon in „Near Death Experience“ einen lebensmüden Man gespielt hatte. Wann immer wir mit ihm arbeiten, will er sich umbringen!
BD: Poelvoorde zerreißt mir in seiner Szene fast das Herz. Er erinnert mich an Goyas Bild „Zeit der alten Frauen“. Er spielt einen Lieferanten, und das nicht nur sehr witzig, sondern vor allem unglaublich emotional. Dass er extra nach Arras gekommen ist, um für diesen kleinen Moment wirklich alles zu geben, war einfach toll.
ONLINE FÜR ANFÄNGER ist Ihr erster Film, der von Sylvie Pialat produziert worden. Kannten Sie sich vorher? Und ist das eine Art indirekte Hommage an die Arbeit des Filmemachers Maurice Pialat?
GK: Wir kennen Sylvie schon eine Weile. Sie ist ausgesprochen witzig, und wir haben schon lange überlegt, mal mit ihr zusammenzuarbeiten.
BD: Maurice hat uns miteinander bekannt gemacht. Er mochte uns und liebte Fernsehen. GK: In der Arbeit von Maurice Pialat drehte sich immer alles um Menschlichkeit, große Emotionen und wahrhaftige Darstellungen.
BD: Seine Filme waren aber auch nie gefällig. Sie brauchten immer auch das Schweigen. Und steckten voller Details und Wendungen, ständig passierte etwas Neues. Er hat wirklich tolle Sachen gemacht, echt starken Tobak. Dagegen sind unsere Sachen geradezu harmlos.
GK: Was Sylvie angeht: Die mögen wir als Produzentin, aber auch jenseits der Arbeit. Wie bei allen Leuten, mit denen wir kollaborieren. Unsere Zusammenarbeit mit ihr war prima, nicht zuletzt, weil sie den richtigen Blick auf die Sache hatte und immer da war, wenn es nötig war.
Haben Sie eigentlich wirklich in Kalifornien auf dem Gelände eines der Tech-Giganten gedreht?
BD: Wir waren tatsächlich im Silicon Valley. Aber die Szene, wo Marie von Sicherheitskräften rausgeschmissen wird, haben wir im Louvre-Lens Museum gedreht.
GK: Mit besagten Firmen hatten wir sowieso zu kämpfen. Wir dürfen zum Beispiel nicht einmal den Namen Apple verwenden. Unglaublich!
BD: Diese großen Marken sind besser geschützt als Menschen. Wir durften nicht einmal den Ort Cupertino erwähnen, wo Apple seinen Firmensitz hat. Das ist so, als würde man uns verbieten, über Clermont-Ferrand zu sprechen, wo die Firma Michelin sitzt. Das ist doch verrückt, oder?
GK: Auch die Anonymous-Masken mussten wir nachträglich am Computer bearbeiten, denn die Rechte am Original liegen bei Warner Bros.
BD: Sogar dieses Symbol der Anarchie wurde durch einen multinationalen Konzern privatisiert. Das hat uns echt fertig gemacht.
Wie würden Sie denn ONLINE FÜR ANFÄNGER abschließend beschreibend: witzig, verzweifelt oder einfach hellsichtig?
GK: Tragikomisch. Eigentlich gilt das für fast alle unsere Filme. „Der Tag wird kommen“ beispielsweise ist für mich eine Komödie, aber viele empfinden den Film als bitter. Auch in ONLINE FÜR ANFÄNGER haben viele Genres Einzug gehalten. Am Ende zieht die Komödie gegenüber der Tragödie vielleicht ein wenig den Kürzeren. Doch das finde ich sogar ganz gut. Das heißt, dass der Inhalt hier wichtiger ist als die Form.
BD: Es läuft dieser Tage einfach etwas gehörig schief. Im Moment sitzen wir hier in einer alten Bar, die gegen Starbucks und ähnliche Ketten kämpfen muss. All diese interessanten Orte werden von Männern und Frauen geführt, die demnächst in Rente gehen. Aber sobald sie verschwunden sind, droht uns eine Welt, wie Houellebecq sie schon lange beschreit.
Info:
Darsteller
MARIE BLANCHE GARDIN
BERTRAND DENIS PODALYDÈS VON LA COMEDIE- FRANÇAISE
CHRISTINE. CORINNE MASIERO
SEXTAPE TYP. VINCENT LACOSTE
ALIMAZONE LIEFERANT. BENOÎT POELVOORDE
GOTT BOULI LANNERS
BIOBAUER VINCENT DEDIENNE
SCHMAROTZER PHILIPPE REBBOT
SELBSTMÖRDER MICHEL HOUELLEBECQ
CATHYA CLEMENTINE PEYRICOT
SYLVAIN LUCAS MONDHER
REGIE & DREHBUCH
BENOÎT DELÉPINE & GUSTAVE KERVERN
Frankreich 2020
Länge: 112 Minuten Bildformat: 2,35:1 (cinema scope) Tonformat: 5.1
Abdruck aus dem Presseheft