ffel4Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. November 2021, Teil 6

Redaktion

Paris (Weltexpresso) - Was war Ihre erste Reaktion, als man Ihnen die Rolle des Gustave Eiffel anbot?

Regisseur Martin Bourboulon kam voller Enthusiasmus auf mich zu und erzählte mir von diesem verrückten Filmprojekt, das die These aufstellte, dass Gustave Eiffels Inspiration für den Bau des Eiffelturms auf seiner Liebe zu dieser Frau basierte. Ich war sofort begeistert, weil ich verstand, dass hinter dieser Geschichte auch das Bedürfnis stand, eine der schönsten Städte der Welt – nämlich Paris – wieder zu einem magischen Ort zu machen. Aber für mich war dieses Bauwerk schon immer magisch. Seit meiner Kindheit bin ich fasziniert, wenn ich vor dem Eiffelturm stehe. Mich sprach zudem das Thema an, dass ein Ingenieur auch Künstler ist, der sich in seine Arbeit flüchtet und den Turm zur Vollendung bringt, als wäre es eine Liebeserklärung. Natürlich wartete ich voller Ungeduld darauf, das Drehbuch zu lesen.


Und was war Ihre Reaktion nach der Lektüre?

Von Beginn an gefiel mir die Idee, einen romantischen Film über diesen verrückten Architekten zu drehen, einen Steve Jobs des 19. Jahrhunderts. Ein Mann mit Ideen, der seiner Zeit weit voraus war. Danach las ich mehrere Versionen des Drehbuchs, bis die Fassung perfekt war. Das finale Skript ist lebendiger und weniger klassisch, und transportiert genau die Vision, die Martin für den Film hatte. Das lag vor allem daran, dass man sich für die Rückblenden entschied, die Tatiana de Rosnay in das Drehbuch eingearbeitet hatte. Damit wurde die Geschichte schlagartig moderner. Ich habe nie daran gezweifelt, dass die richtige Fassung kommen würde.


Wie haben Sie Gustave Eiffel als Figur entwickelt?

Ich habe sehr viel über ihn gelesen. Dabei fiel mir auf, dass man fast nichts über sein Privatleben oder seinen Charakter weiß. In allen Biografien über Eiffel geht es um seine Werke, was er geschaffen und hinterlassen hat. Das Drehbuch zeigt einen draufgängerischen Macher, der die Massen mit feierlichen Reden beeindruckt und leidenschaftlich dieses Wahnsinnsprojekt zu Ende bringt. Innerlich wird er von seiner unerreichbaren Liebe zerrissen und zeigt so auch eine verletzliche Seite. Es gab aber genug Action und ganz konkrete Situationen, so dass ich mich nicht permanent fragen musste, welche Facette seiner Persönlichkeit ich nun zum Vorschein bringen müsse. Ich konnte die Figur selbst für mich kreieren.


Wie haben Sie mit Martin Bourboulon vor Beginn der Dreharbeiten zusammengearbeitet?

Wir tauschten uns viel aus. Je mehr ich über Eiffel und seine Arbeit, die ich sehr bewundere, las, desto mehr Vorschläge hatte ich für Martin, insbesondere zu den Dialogen. Ich kann nicht ruhig sitzen bleiben, wenn ich mich auf eine Rolle vorbereite. Mir war klar, dass ich durch all meine Recherchen sehr viel Rüstzeug besaß, von dem ich mich zu Beginn der Dreharbeiten auch wieder lösen musste. Schon beim Lesen des Drehbuchs und meinen ersten Gesprächen mit Martin Bourboulon wurde mir klar, dass dieser Film ständig in Bewegung ist. Eiffel drückt ab dem Moment auf die Tube, als er beschließt, den Turm zu bauen, weil er seine Jugendliebe wieder trifft, die ihm 20 Jahre zuvor das Herz gebrochen hat; eine Trennung, die er nie überwunden hat. Eiffels Charakter jedoch zu dramatisch aufzuladen, hätte vieles verdorben. Die Absicht war eher, spontan zu bleiben, immer im Augenblick zu agieren, auch mit den anderen Schauspieler*innen, und die Regieführung von Martin anzunehmen. Das betrifft ebenso die Plansequenzen, die mit der Handkamera gedreht worden sind, wie die eher ruhigen Bilder vom Stativ, wenn Gustave den Schock verdauen muss, Adrienne wieder begegnet zu sein.


Martin Bourboulon mag keine Proben. Können Sie so arbeiten?

Auf jeden Fall. Man muss von der Freiheit des digitalen Drehens profitieren. Am Set stellte sich dann auch schnell ein gewisser Rhythmus ein. Für Schauspieler*innen in kleineren Rollen, die vielleicht mehr Lampenfieber haben und nicht so oft am Set sind, war es bestimmt etwas schwieriger. Aber ich beruhigte sie, indem ich ihnen sagte, sie sollen sich schon beim ersten Take völlig gehen lassen und dass wir dann später die Feinabstimmung machen. Es war bei diesem Dreh notwendig, spontan zu sein und sich auch kleinere Unfälle zu leisten.


Was schätzten Sie besonders an der Zusammenarbeit mit Martin Bourboulon?

Genau diese Freiheit, diese Möglichkeit, alles was ich wollte, vorzuschlagen. Martin hört den Schauspieler*innen mit einem sehr wohlwollenden Blick zu. Er erlaubt dir immer, etwas auszuprobieren und fragt dich nach jeder abgedrehten Szene, ob du noch einen Take brauchst. Das ist eine sehr feine Arbeitsweise, und weil er ja von der Komödie kommt, sind ihm diese Fragen nach dem Rhythmus so wichtig, auch in einem historischen Film.


Welche Rolle spielt die Kleidung?

Wir waren uns sofort einig, dass ich nicht verkleidet oder kostümiert wirken sollte. Wir wollten uns nicht darauf versteifen, dass alle Kostüme historisch korrekt sind, sondern uns gewisse Freiheiten gönnen, wenn es um den Schnitt von Kleidungsstücken geht oder wie man sie trägt. Also kann Eiffel auch mal mit offenem Hemd agieren und muss nicht permanent eine Fliege tragen. Man darf nie vergessen, dass dieser Mann ein Künstler ist. Wenn er öffentlich auftritt, legt er Wert auf eine gewisse Eleganz, aber nicht unbedingt, wenn er zusammen mit den Arbeitern Hand anlegt. Dann zieht er ganz normale Arbeitskleidung an, wenn er im Schlamm arbeitet, und wird sich nicht im Smoking eine unfassbare Reife, wenn es darum geht, wie sie unseren Beruf sieht. Sie ist in Szenen voller physischer Energie genauso überzeugend wie wenn es darum geht, Facetten reiner Fröhlichkeit oder purer Emotion zu zeigen. Wir haben uns in unseren gemeinsamen Szenen immer gegenseitig unterstützt.


Gab es denn Szenen, vor denen Sie großen Respekt hatten?

Durch Emma wurde mir klar, dass die Szenen, in denen es um diese unerreichbare, unerfüllte Liebe zwischen den beiden geht, sehr stark sein werden. Aufblicken lassen. Ich wollte vor allem eins nicht: Dass er irgendwie steif wirkt.


Wann haben Sie Emma Mackey kennen gelernt?

Im April 2019 während des Cannesséries Festivals. Dort war sie Jurymitglied und ich präsentierte meine Serie Vernon Subutex. Ich spürte bei ihr sofort die gleiche Begeisterung für dieses Projekt und auch, dass wir als Paar für Martin funktionieren. Es war eine geniale Idee, ihr die Rolle anzubieten. Emma verfügt einfach über eine Intelligenz im Spiel und eine unfassbare Reife, wenn es darum geht, wie sie unseren Beruf sieht. Sie ist in Szenen voller physischer Energie genauso überzeugend wie wenn es darum geht, Facetten reiner Fröhlichkeit oder purer Emotion zu zeigen. Wir haben uns in unseren gemeinsamen Szenen immer gegenseitig unterstützt.


Gab es denn Szenen, vor denen Sie großen Respekt hatten?

Durch Emma wurde mir klar, dass die Szenen, in denen es um diese unerreichbare, unerfüllte Liebe zwischen den beiden geht, sehr stark sein werden. Auf der anderen Seite waren die Szenen, in denen es um den Eiffelturm geht, auf ganz andere Art und Weise herausfordernd: Das waren die Szenen, in denen es um den architektonischen Aspekt des Projektes geht oder die tatsächlichen Bauarbeiten. Der Rhythmus musste gleichmäßig hochgehalten werden, damit das Publikum nicht abschaltet. Beide Handlungsstränge sind wichtig: Der Bau des Eiffelturms und die Liebesgeschichte. Ich wollte beides gut hinbekommen.


Der Film wurde in zwei Etappen gedreht. Hat das Ihr Spiel beeinflusst?

Nicht wirklich. Wir fingen mit der Gegenwart der Geschichte an, den Jahren 1886–1889, bevor wir dann die Szenen aus der Jugend von Gustave drehten. Seine jüngeren Jahre zu filmen war ein ziemlich heftiger Schnitt, denn meine Figur ist ja plötzlich etwa 20 Jahre jünger. Ich wollte, dass Gustave ungestüm und feurig erscheint, wie Al Pacino in Scarface, der vor nichts Angst hat: „The world is yours.“


Wie genau haben Sie den jüngeren Gustave Eiffel angelegt?

Man muss sich ganz dem Augenblick hingeben, dem Eifer des Moments, wenn Eiffel beispielsweise bei Adriennes Eltern auftaucht, um nach mehr Holz für den Bau der Brücke von Bordeaux zu bitten. Durch meine Vorbereitung und der Lektüre von Quellen über den Bau dieser Brücke versuchte ich, dieser junge Mann zu werden. Gustave Eiffel ist schon in jungen Jahren ein erfolgreicher Architekt, der nie aufgibt. Dann rettet er einen Arbeiter vor dem Ertrinken. Und kurz darauf verliebt er sich unsterblich in Adrienne, die im sozialen Rang über ihm steht. Ich habe mich bemüht, diesen Abschnitt wie einen ganz neuen Film anzusehen und nicht zu sehr an die Etappen zu denken, die wir bereits gedreht hatten. Nur so bleibt man frisch für seine Figur.


Wie kehrt man ans Set zurück nach der Drehunterbrechung durch Covid?

Vanessa van Zuylen war großartig und hat immer daran gerarbeitet, weiter zu drehen, sobald es die Situation ermöglichte. Natürlich wussten wir nicht im Voraus, wann genau das sein würde. Als Schauspieler musst du aber auch in Momenten des Stillstands immer bereit sein, sofort wieder loszulegen. Als

wir dann wieder ans Set durften, haben wir unsere Anstrengungen noch verzehnfacht. Wir wussten ja, dass es ein großer Luxus ist, wieder arbeiten zu dürfen. Dann darf man nie nachlassen. Es galt auch, der ersten Hälfte des Drehs gerecht zu werden, deren Ergebnis Martin großartig fand. Am Set herrschte eine wunderbare Atmosphäre. Alle waren hochmotiviert und einfach glücklich, wieder zusammen zu sein.


Was haben Sie sich am letzten Drehtag gefühlt?

Wir waren alle ziemlich aufgewühlt. Dieser Film war ein Epos auf allen Ebenen: Voller Emotionen, angetrieben von dieser tragischen Liebesgeschichte, die so intensiv ist. Aber auch optisch ist EIFFEL IN LOVE beeindruckend: Das Bühnenbild ist sensationell, die Kostüme elegant und schick. Aus diesem Dreh kommt man so schnell nicht wieder heraus...


Kommt der Film dem nahe, was Sie sich vorgestellt haben?

EIFFEL IN LOVE deckt die gesamte Bandbreite eines Kinofilms ab. Ich fand die Special Effects großartig. Vor allem, was im Schnitt geleistet wurde, ist stark. Es ist sicher einer der schwierigsten Filme was den Schnitt betrifft, an dem ich je gearbeitet habe. Und EIFFEL IN LOVE ist wirklich spektakulär. Das wurde mir vor allem klar, als wir die Szenen des Turmbaus drehten und das mit maßstabgetreuen Fundamenten. Auf der Leinwand wird alles noch einmal vervielfacht. Das verschafft allem, was du gespielt hast, noch eine größere Kraft.

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Info:
Eiffel in Love (Frankreich 2021)
Originaltitel: Eiffel
Regie: Martin Bourboulon
Drehbuch: Caroline Bongrand, Thomas Bidegain, Martin Bourboulon, Natalie Carter, Martin Brossollet
Darsteller: Romain Duris, Emma Mackey, Pierre Deladonchamps, Alexandre Steiger, Armande Boulanger, Andranic Manet, Bruno Raffaelli u.a.