Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Seinen Anfang nahm „Wunderschön“, der inzwischen dritte von Karoline Herfurth als Regisseurin verantwortete Spielfilm, bei einem Mittagessen. Mit ihren bewährten Mitstreitern, den Produzenten Christopher Doll und Lothar Hellinger sowie Willi Geike, dem President und Managing Director von Warner Bros. Pictures Germany, saß die Filmemacherin und Schauspielerin auf der Suche nach möglichen neuen Stoffen zusammen, als plötzlich eine Frage im Raum stand. „Warum sind eigentlich Frauen, die doch so unglaublich komplexe und tolle Wesen sind, immer unzufrieden mit sich?“, erinnert sich Herfurth an den Lunch, der noch etliche Monate vor den Dreharbeiten zu ihrem zweiten Film „Sweethearts“ stattfand.
„Willi Geike schlug vor, dass ich mich mit dieser Thematik, die ihn schon lange beschäftigte, mal in einem Film auseinandersetzen solle. Mir war sofort klar, dass das ein weites Feld ist, doch mein Interesse war geweckt.“
Mit der Frage der weiblichen Selbstwahrnehmung war Herfurth zu diesem Zeitpunkt längst vertraut, nicht nur aus eigener Erfahrung. Bereits während eines Fotoshootings zu ihrem Regiedebüt „SMS für Dich“ hatte Nora Tschirner, die damals eine der Hauptrollen spielte, ihrer Freundin von einem Crowdfunding der australischen Körperimage-Aktivistin Taryn Brumfitt für das Dokumentarfilm-Projekt „Embrace“ berichtet. Tschirner selbst hatte sich als Produzentin an dem Film beteiligt, der einen Blick auf die Tatsache wirft, dass Umfragen zufolge fast 90 Prozent aller Frauen mit ihrem Körper und ihrem Aussehen unzufrieden sind und welche Gründe es dafür geben könnte.
Innerhalb eines Tages wurde „Embrace – Du bist schön“ 2017 bei einem Event-Start in den deutschen Kinos von mehr als 47.000 Zuschauer*innen gesehen.
„Was Nora mir damals von Taryn Brumfitt und ihrer Arbeit erzählte, hat mich tief berührt“, berichtet Herfurth. „Durch sie habe ich bewusst angefangen zu hinterfragen, wie ich mich selbst darstelle, welchen Stellenwert äußerliche Schönheit in meinem Leben einnimmt und welchen Druck ich hinsichtlich meines eigenen Körpers spüre. Wie Nora es geschafft hat, diesen Themen und dem Film in Deutschland echte Aufmerksamkeit zu verschaffen, war enorm beeindruckend.“ Überhaupt, so fährt sie fort, sei Tschirner für sie „eine der größten Inspirationsquellen, nicht nur für ,Wunderschön‘, sondern allgemein. Die Art und Weise, wie ich auf die Welt schaue, aber wunderschön auch, wie ich mich selbst in dieser Welt verorte und in ihr lebe, hat Nora massiv beeinflusst und verändert. Sie ist für mich nicht nur eine sehr, sehr gute Freundin, sondern auch eine meiner wichtigsten Ansprechpartnerinnen.“Nicht zuletzt, weil Tschirner ihrer Freundin und Kollegin gerade auch bei der Arbeit am Drehbuch zu „Wunderschön“ als Beraterin zur Seite stand, wird sie nun als Creative Producer des Films geführt. „Das ist in einem Fall wie diesem eine Selbstverständlichkeit“, betont Christopher Doll, der gemeinsam mit Lothar Hellinger wie schon bei Herfurths vorangegangenen Regiearbeiten als Produzent verantwortlich zeichnet. „Nora ist an den Themen des Films so nah dran und kennt sich so gut aus, dass sie für Karoline und ihre Co-Autorin Monika Fäßler eine sehr bereichernde Sparringspartnerin war. Gerade in der letzten Schreibphase, für die Dreh-
fassung, hat sich Nora weit über ihre Rolle hinaus eingebracht – was toll und sehr wertvoll war.“
„Nach ‚Embrace‘ wollte ich auf keinen Fall, dass die Leute denken, dieses Thema sei jetzt mein persönliches Hobby, denn damit macht man die Sache ab einem bestimmten Punkt auch wieder kleiner und sich selbst zum Maskottchen“, berichtet Tschirner, die im Film nun als Lehrerin Vicky zu sehen ist. Wirklich gezögert, sich an „Wunderschön“ sowohl beratend wie auch als Schauspielerin zu beteiligen, hat sie allerdings nicht: „Karo und Moni haben das Thema in einer Art für einen fiktionalen Film bearbeitet, die mich sehr glücklich gemacht hat. Ich würde für eine Freundin nie bloß als Gefallen vor der Kamera stehen, denn ich bin immer der Qualität verpflichtet. Aber ich habe selten jemandem inhaltlich so vertraut wie Karo, deswegen müsste es schon ziemlich mit dem Teufel zugehen, dass ich bei einem Film von ihr nicht mitmache, wenn sie mich fragt. Dass sie als Regisseurin so schnell so weit gekommen ist, überrascht mich gar nicht.“
Was die Thematik von „Wunderschön“ angeht, war für Herfurth von Beginn an klar, dass ihr Fokus über die Frage hinausgehen würde, warum es Frauen
oft so schwerfällt, sich selbst zu lieben. „Das ist ein weites Feld, deswegen kam schon früh der Gedanke auf, dass wir eine Geschichte von mehreren
Generationen erzählen müssen, um möglichst viele Aspekte einzufangen“, beschreibt sie ihre Herangehensweise. „Dadurch, dass wir ,Wunderschön‘
als Episodenfilm angelegt haben, können wir viele verschiedene Perspektiven und inhaltliche Facetten zeigen. Es geht ja nicht nur um Frauen und Selbst-
liebe, sondern auch um gesellschaftliche Strukturen und Erwartungen, die in dem Druck auf das Körperliche einen Ausdruck finden.“
Der Körperdruck, wie Herfurth es nennt, ist sicherlich der zentrale Punkt des Films, also das Gefühl, der eigene Körper müsse bestimmten Erwartungen
entsprechen, sei es den eigenen oder denen anderer. „Die Botschaft des Films ist für mich, dass es nicht darum geht, wie wir aussehen, sondern wer
wir sind“, betont entsprechend Produzent Doll. „Es geht darum, dass man das erst einmal herausfinden muss. Und wie, schließlich gibt es dafür kein
Handbuch.“ Herfurth selbst ergänzt: „Körperdruck ist für mich eben auch nur eine Facette von immer wieder ein und demselben Mechanismus – die
Frage, die die Figuren sich stellen, ist: „Wie entspreche ich einer Erwartung oder einem äußeren Bild?“ Statt sich zu fragen: „Wie fühle ich mich wohl?“, „Wie werde ich stark?“, „Wie zünde ich meinen inneren Motor an?“ Die von Nora gespielte Lehrerin Vicky versucht im Film ihren Schülern eben auch einen neuen Blick auf sich selbst zu vermitteln, einen anderen Begriff von Schönheit und Selbstwahrnehmung zu etablieren. Weg von der Anpassung an ein äußeres Ideal, hin zu der Frage: „Was macht mich aus und in meiner ganz individuellen Art einzigartig und schön?“ Und sie fährt fort: „Genau wie Julie, das von Emilia Schüle in ,Wunderschön‘ gespielte Model, frage ich mich: Was würde mit der Welt passieren, wenn wir all die Energie, die wir darauf verschwenden, uns an eine Rolle oder ein Aussehen anzupassen, in das investieren würden, was uns wirklich ausmacht. Ich glaube, das würde enorme Kräfte freisetzen und könnte vielleicht sogar einen gesellschaftlichen Heilungsprozess auslösen.“
Kaum standen die ersten Ideen und Gedanken für „Wunderschön“ im Raum, musste sich Herfurth erst einmal den Dreharbeiten zu ihrem zweiten eigenen Spielfilm „Sweethearts“ widmen. In diesem Zeitraum war es die Drehbuchautorin und Filmemacherin Lena Stahl, die damit beschäftigt war, erste Skriptfassungen zu Papier zu bringen. Die Stoffentwicklung war dabei eine wichtige Phase, wie Doll berichtet: „Lena Stahl hat zusammen mit Karoline angefangen, sich Figurenkonstrukte auszudenken und Zusammenhänge und Zugehörigkeiten zu skizzieren.“ An eine intensive Phase der Zusammenarbeit erinnert sich Herfurth besonders eindrücklich: „Es gab eine unglaubliche Woche, während ich parallel ‚Das perfekte Geheimnis‘ drehte. Da kam ich nach einem Zwölf-Stunden-Tag abends ins Hotel und habe dann noch bis tief in die Nacht hinein mit Lena zusammengesessen und geschrieben. Eine ganze Woche lang!“
Als Stahl ihrerseits mit der Arbeit an ihrem Regiedebüt „Mein Sohn“ mit Anke Engelke und Jonas Dassler begann, suchte sich Herfurth mit Monika Fäßler eine weitere Mitstreiterin. Bereits bei „Sweethearts“ hatten die beiden gemeinsam das Drehbuch verfasst und sich damals, so Herfurth lachend, „schwer ineinander verliebt“. Auch dieses Mal verlief die intensive Zusammen arbeit in den Monaten vor Drehbeginn mehr als reibungslos, wie die Regisseurin berichtet: „Moni und ich ergänzen uns einfach gut, schon allein, weil wir ähnliche Werte und einen ähnlichen Humor haben. Selbst 9 produktionsnotizen | wunderschön
in den größten Stressphasen gibt es für mich keinen größeren Genuss, als mir mit ihr Geschichten, Dialoge und Figuren auszudenken.“
„Zwischen den beiden gibt es einfach eine große, umarmende Vertrautheit“, meint auch Produzent Doll. „Im Verbund mit Moni und auch Nora hat Karoline noch mal ganz anders an die Figuren angedockt, hat sie mit Persönlichem verknüpft und ist näher an sie herangerutscht. Die Aufgabenstellung und die Geschichte blieben im Großen und Ganzen die gleichen, aber der emotionale Tiefgang ist durch Karolines Zusammenarbeit mit Moni noch mal intensiviert worden.“ Ein besonderes Augenmerk lag dabei auch auf dem Komödiantischen, wie Herfurth berichtet: „Ich liebe es, dramatische Sachen mit einer Leichtigkeit aufzubrechen, genau wie Moni. Ich mag diesen Humor, der auch in den schwersten Dingen im Leben noch etwas Komisches findet.“ Entsprechend ging es auch während der Arbeit humorvoll zu: „Es gab Tage, da haben wir ohne Übertreibung 14 Stunden geschrieben – und die Hälfte davon eigentlich gelacht.“ Sogar den mit acht Monaten ausgesprochen langen Schnittprozess hat Fäßler begleitet, wie ihre Co-Autorin und Regisseurin erzählt: „Es gab fast keinen Tag, an dem ich nicht morgens mit ihr telefoniert habe. Denn auch da half mir ihre Klarheit, bestimmte Dinge auf den Punkt zu bringen.“
Was das Inszenieren angeht, stellte „Wunderschön“ für Herfurth eine ganz neue Herausforderung dar. „Ich lerne mit jeder Regiearbeit unglaublich viel dazu“, sagt sie selbst. „Bei ‚SMS für Dich‘ habe ich zum ersten Mal erfahren, was es bedeutet, einen Film von vorne bis hinten zu verantworten. Und bei ‚Sweethearts‘ hatte ich das Gefühl, noch viel mehr ein eigenes Profil zu entwickeln.“ Nicht nur die Tatsache, dass „Wunderschön“ nun ein Episodenfilm ist, stellte sie nun vor neue Aufgaben: „Thematisch war die Sache eine andere Nummer und sehr komplex. Aber natürlich auch vom Umfang her. Wir mussten fünf verschiedene Welten erschaffen und die unterschiedlichen Figuren darin im Blick behalten, nicht bloß im Drehbuch, sondern selbstverständlich in allen Departments. Das war einerseits ganz schön überwältigend, hat aber andererseits auch dazu geführt, dass ich in der Regiearbeit jetzt nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen bin. Einfach weil ich das geschafft habe.“
Produzent Christopher Doll zeigt sich beeindruckt davon, was Herfurth als Regisseurin leistete: „Ich finde ihre Entwicklung sensationell. Wie sie bei ,Wunderschön‘ das Episodische gemeistert hat und statt zwei bis vier Protagonist*innen nun letztlich zehn Hauptfiguren inszeniert hat, war bemerkenswert. Fünf eigene Welten mit jeweils anderen Regeln und Beziehungsgeflechten. Richtig stark war das und sehr spannend, dabei zuschauen zu dürfen.“
Fortsetzung folgt
Foto:
©Verleih
Info:
Darsteller
Karoline Herfurth, Ensemble-Hauptrolle Sonja
Nora Tschirner, Vicky
Martina Gedeck, Frauke
Emilia Schüle, Julie
Dilara Aylin Ziem, Leyla
Joachim Król, Wolfi
Friedrich Mücke, Milan
Maximilian Brückner, Franz
Ben Litwinschuh, Leon
Luna Arwen Krüger, Toni
Stab
Karoline Herfurth, Regie, Drehbuch
Daniel Gottschalk, Bildgestaltung
Christian M. Goldbeck, Szenenbild
Abdruck aus dem Presseheft
Innerhalb eines Tages wurde „Embrace – Du bist schön“ 2017 bei einem Event-Start in den deutschen Kinos von mehr als 47.000 Zuschauer*innen gesehen.
„Was Nora mir damals von Taryn Brumfitt und ihrer Arbeit erzählte, hat mich tief berührt“, berichtet Herfurth. „Durch sie habe ich bewusst angefangen zu hinterfragen, wie ich mich selbst darstelle, welchen Stellenwert äußerliche Schönheit in meinem Leben einnimmt und welchen Druck ich hinsichtlich meines eigenen Körpers spüre. Wie Nora es geschafft hat, diesen Themen und dem Film in Deutschland echte Aufmerksamkeit zu verschaffen, war enorm beeindruckend.“ Überhaupt, so fährt sie fort, sei Tschirner für sie „eine der größten Inspirationsquellen, nicht nur für ,Wunderschön‘, sondern allgemein. Die Art und Weise, wie ich auf die Welt schaue, aber wunderschön auch, wie ich mich selbst in dieser Welt verorte und in ihr lebe, hat Nora massiv beeinflusst und verändert. Sie ist für mich nicht nur eine sehr, sehr gute Freundin, sondern auch eine meiner wichtigsten Ansprechpartnerinnen.“Nicht zuletzt, weil Tschirner ihrer Freundin und Kollegin gerade auch bei der Arbeit am Drehbuch zu „Wunderschön“ als Beraterin zur Seite stand, wird sie nun als Creative Producer des Films geführt. „Das ist in einem Fall wie diesem eine Selbstverständlichkeit“, betont Christopher Doll, der gemeinsam mit Lothar Hellinger wie schon bei Herfurths vorangegangenen Regiearbeiten als Produzent verantwortlich zeichnet. „Nora ist an den Themen des Films so nah dran und kennt sich so gut aus, dass sie für Karoline und ihre Co-Autorin Monika Fäßler eine sehr bereichernde Sparringspartnerin war. Gerade in der letzten Schreibphase, für die Dreh-
fassung, hat sich Nora weit über ihre Rolle hinaus eingebracht – was toll und sehr wertvoll war.“
„Nach ‚Embrace‘ wollte ich auf keinen Fall, dass die Leute denken, dieses Thema sei jetzt mein persönliches Hobby, denn damit macht man die Sache ab einem bestimmten Punkt auch wieder kleiner und sich selbst zum Maskottchen“, berichtet Tschirner, die im Film nun als Lehrerin Vicky zu sehen ist. Wirklich gezögert, sich an „Wunderschön“ sowohl beratend wie auch als Schauspielerin zu beteiligen, hat sie allerdings nicht: „Karo und Moni haben das Thema in einer Art für einen fiktionalen Film bearbeitet, die mich sehr glücklich gemacht hat. Ich würde für eine Freundin nie bloß als Gefallen vor der Kamera stehen, denn ich bin immer der Qualität verpflichtet. Aber ich habe selten jemandem inhaltlich so vertraut wie Karo, deswegen müsste es schon ziemlich mit dem Teufel zugehen, dass ich bei einem Film von ihr nicht mitmache, wenn sie mich fragt. Dass sie als Regisseurin so schnell so weit gekommen ist, überrascht mich gar nicht.“
Was die Thematik von „Wunderschön“ angeht, war für Herfurth von Beginn an klar, dass ihr Fokus über die Frage hinausgehen würde, warum es Frauen
oft so schwerfällt, sich selbst zu lieben. „Das ist ein weites Feld, deswegen kam schon früh der Gedanke auf, dass wir eine Geschichte von mehreren
Generationen erzählen müssen, um möglichst viele Aspekte einzufangen“, beschreibt sie ihre Herangehensweise. „Dadurch, dass wir ,Wunderschön‘
als Episodenfilm angelegt haben, können wir viele verschiedene Perspektiven und inhaltliche Facetten zeigen. Es geht ja nicht nur um Frauen und Selbst-
liebe, sondern auch um gesellschaftliche Strukturen und Erwartungen, die in dem Druck auf das Körperliche einen Ausdruck finden.“
Der Körperdruck, wie Herfurth es nennt, ist sicherlich der zentrale Punkt des Films, also das Gefühl, der eigene Körper müsse bestimmten Erwartungen
entsprechen, sei es den eigenen oder denen anderer. „Die Botschaft des Films ist für mich, dass es nicht darum geht, wie wir aussehen, sondern wer
wir sind“, betont entsprechend Produzent Doll. „Es geht darum, dass man das erst einmal herausfinden muss. Und wie, schließlich gibt es dafür kein
Handbuch.“ Herfurth selbst ergänzt: „Körperdruck ist für mich eben auch nur eine Facette von immer wieder ein und demselben Mechanismus – die
Frage, die die Figuren sich stellen, ist: „Wie entspreche ich einer Erwartung oder einem äußeren Bild?“ Statt sich zu fragen: „Wie fühle ich mich wohl?“, „Wie werde ich stark?“, „Wie zünde ich meinen inneren Motor an?“ Die von Nora gespielte Lehrerin Vicky versucht im Film ihren Schülern eben auch einen neuen Blick auf sich selbst zu vermitteln, einen anderen Begriff von Schönheit und Selbstwahrnehmung zu etablieren. Weg von der Anpassung an ein äußeres Ideal, hin zu der Frage: „Was macht mich aus und in meiner ganz individuellen Art einzigartig und schön?“ Und sie fährt fort: „Genau wie Julie, das von Emilia Schüle in ,Wunderschön‘ gespielte Model, frage ich mich: Was würde mit der Welt passieren, wenn wir all die Energie, die wir darauf verschwenden, uns an eine Rolle oder ein Aussehen anzupassen, in das investieren würden, was uns wirklich ausmacht. Ich glaube, das würde enorme Kräfte freisetzen und könnte vielleicht sogar einen gesellschaftlichen Heilungsprozess auslösen.“
Kaum standen die ersten Ideen und Gedanken für „Wunderschön“ im Raum, musste sich Herfurth erst einmal den Dreharbeiten zu ihrem zweiten eigenen Spielfilm „Sweethearts“ widmen. In diesem Zeitraum war es die Drehbuchautorin und Filmemacherin Lena Stahl, die damit beschäftigt war, erste Skriptfassungen zu Papier zu bringen. Die Stoffentwicklung war dabei eine wichtige Phase, wie Doll berichtet: „Lena Stahl hat zusammen mit Karoline angefangen, sich Figurenkonstrukte auszudenken und Zusammenhänge und Zugehörigkeiten zu skizzieren.“ An eine intensive Phase der Zusammenarbeit erinnert sich Herfurth besonders eindrücklich: „Es gab eine unglaubliche Woche, während ich parallel ‚Das perfekte Geheimnis‘ drehte. Da kam ich nach einem Zwölf-Stunden-Tag abends ins Hotel und habe dann noch bis tief in die Nacht hinein mit Lena zusammengesessen und geschrieben. Eine ganze Woche lang!“
Als Stahl ihrerseits mit der Arbeit an ihrem Regiedebüt „Mein Sohn“ mit Anke Engelke und Jonas Dassler begann, suchte sich Herfurth mit Monika Fäßler eine weitere Mitstreiterin. Bereits bei „Sweethearts“ hatten die beiden gemeinsam das Drehbuch verfasst und sich damals, so Herfurth lachend, „schwer ineinander verliebt“. Auch dieses Mal verlief die intensive Zusammen arbeit in den Monaten vor Drehbeginn mehr als reibungslos, wie die Regisseurin berichtet: „Moni und ich ergänzen uns einfach gut, schon allein, weil wir ähnliche Werte und einen ähnlichen Humor haben. Selbst 9 produktionsnotizen | wunderschön
in den größten Stressphasen gibt es für mich keinen größeren Genuss, als mir mit ihr Geschichten, Dialoge und Figuren auszudenken.“
„Zwischen den beiden gibt es einfach eine große, umarmende Vertrautheit“, meint auch Produzent Doll. „Im Verbund mit Moni und auch Nora hat Karoline noch mal ganz anders an die Figuren angedockt, hat sie mit Persönlichem verknüpft und ist näher an sie herangerutscht. Die Aufgabenstellung und die Geschichte blieben im Großen und Ganzen die gleichen, aber der emotionale Tiefgang ist durch Karolines Zusammenarbeit mit Moni noch mal intensiviert worden.“ Ein besonderes Augenmerk lag dabei auch auf dem Komödiantischen, wie Herfurth berichtet: „Ich liebe es, dramatische Sachen mit einer Leichtigkeit aufzubrechen, genau wie Moni. Ich mag diesen Humor, der auch in den schwersten Dingen im Leben noch etwas Komisches findet.“ Entsprechend ging es auch während der Arbeit humorvoll zu: „Es gab Tage, da haben wir ohne Übertreibung 14 Stunden geschrieben – und die Hälfte davon eigentlich gelacht.“ Sogar den mit acht Monaten ausgesprochen langen Schnittprozess hat Fäßler begleitet, wie ihre Co-Autorin und Regisseurin erzählt: „Es gab fast keinen Tag, an dem ich nicht morgens mit ihr telefoniert habe. Denn auch da half mir ihre Klarheit, bestimmte Dinge auf den Punkt zu bringen.“
Was das Inszenieren angeht, stellte „Wunderschön“ für Herfurth eine ganz neue Herausforderung dar. „Ich lerne mit jeder Regiearbeit unglaublich viel dazu“, sagt sie selbst. „Bei ‚SMS für Dich‘ habe ich zum ersten Mal erfahren, was es bedeutet, einen Film von vorne bis hinten zu verantworten. Und bei ‚Sweethearts‘ hatte ich das Gefühl, noch viel mehr ein eigenes Profil zu entwickeln.“ Nicht nur die Tatsache, dass „Wunderschön“ nun ein Episodenfilm ist, stellte sie nun vor neue Aufgaben: „Thematisch war die Sache eine andere Nummer und sehr komplex. Aber natürlich auch vom Umfang her. Wir mussten fünf verschiedene Welten erschaffen und die unterschiedlichen Figuren darin im Blick behalten, nicht bloß im Drehbuch, sondern selbstverständlich in allen Departments. Das war einerseits ganz schön überwältigend, hat aber andererseits auch dazu geführt, dass ich in der Regiearbeit jetzt nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen bin. Einfach weil ich das geschafft habe.“
Produzent Christopher Doll zeigt sich beeindruckt davon, was Herfurth als Regisseurin leistete: „Ich finde ihre Entwicklung sensationell. Wie sie bei ,Wunderschön‘ das Episodische gemeistert hat und statt zwei bis vier Protagonist*innen nun letztlich zehn Hauptfiguren inszeniert hat, war bemerkenswert. Fünf eigene Welten mit jeweils anderen Regeln und Beziehungsgeflechten. Richtig stark war das und sehr spannend, dabei zuschauen zu dürfen.“
Fortsetzung folgt
Foto:
©Verleih
Info:
Darsteller
Karoline Herfurth, Ensemble-Hauptrolle Sonja
Nora Tschirner, Vicky
Martina Gedeck, Frauke
Emilia Schüle, Julie
Dilara Aylin Ziem, Leyla
Joachim Król, Wolfi
Friedrich Mücke, Milan
Maximilian Brückner, Franz
Ben Litwinschuh, Leon
Luna Arwen Krüger, Toni
Stab
Karoline Herfurth, Regie, Drehbuch
Daniel Gottschalk, Bildgestaltung
Christian M. Goldbeck, Szenenbild
Abdruck aus dem Presseheft