szenecyranoSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 3. März 2022, Teil 2

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Der Drehort in Italien, den Produktionsdesignerin Sarah Greenwood Joe Wright im Jahr 2018 empfohlen hatte, war die Stadt Noto auf Sizilien im Süden Italiens. Sie erinnert sich: „Ich war auf Sizilien, um für einen anderen Job zu recherchieren, und wir fuhren nach Noto wegen der Cannoli, einem gefüllten Gebäck, das uns empfohlen worden war. Die Cannoli waren wunderbar, und hier hatten wir diesen wundervollen barocken Ort.“

Sie fügt hinzu: „Wenn in Noto die Sonne untergeht, hat man diesen absolut atemberaubenden rosa Farbton. Es ist, als wäre man in einer Fantasiestadt, und doch ist sie völlig real.“

Die Bühnenbildnerin Katie Spencer, die für ihre gemeinsame Arbeit mit Greenwood mehrfach für den Oscar® nominiert wurde, war von Anfang an dabei. Über den Drehort sagt Spencer, dass „man bei einem so exquisiten Ort wie Noto wissen muss, wann man nicht zu viel hineinstecken sollte, manchmal muss man überhaupt nichts hinzufügen.“ Als die Produktion mit den Vorbereitungen in und um Noto begann, stellte Spencer fest, dass „wir uns alle in Sizilien und seine Ursprünglichkeit, seine Pracht verliebten. Wegen der weltweiten Pandemie waren die Straßen wie leergefegt, und ich fühlte mich, als wären wir im Italien von vor vielen Jahren.“

Bashir Salahuddin, der Le Bret, den Hauptmann der Königsgarde spielt, stimmt ihr zu. Bei seiner Ankunft war er sofort beeindruckt von „den kopfsteingepflasterten Gassen und den Straßen, die so schmal sind. Ich hatte das Gefühl, dass wir alle auf Vespas unterwegs sein sollten, aber irgendwie hat unser Team es geschafft, die Lastwagen da durchzubekommen.“ „Die alte Architektur ist wunderschön. Manchmal war ich in einem Raum und machte mir
bewusst, dass jemand anderes schon vor zweihundert oder dreihundert Jahren dort war und auf das gleiche Mauerwerk geblickt hat“, erzählt Salahuddin beeindruckt, und Kameramann Seamus McGarvey erklärt, dass „die Farbe der Steine in Noto uns bei der Wahl der Drehorte geleitet haben.“

„Joe ist ein sehr visueller Regisseur, sodass wir immer sehr gut zusammenarbeiten. Die ersten Gespräche, die wir führen, sind eine Art Ideendemokratie. Es gibt von Anfang an eine Kommunikation zwischen allen Abteilungen.“ Wright, McGarvey, Greenwood und Spencer brachten alle Ideen ein, genauso wie die neuen kreativen Partner: der Oscar®-prämierte Make-up-Designer Alessandro Bertolazzi (Suicide Squad), die Haardesignerin Siân Miller (Eternals) und der Oscar®-nominierte Kostümdesigner Massimo Cantini Parrini (Pinocchio). „Es handelt sich um gemeinsame Diskussionen über die Zeitabschnitte des Films, die Bilder und Texturen“, erklärt McGarvey. „Sizilien hat Massimo und Sarah zu bestimmten Farbtönen geführt und sicherlich auch meine Aufnahmen beeinflusst.“ 

Produktionsleiter Guido Cerasuolo erzählt: „Joe Wright bat uns, abseits der üblichen Pfade zu arbeiten und außergewöhnliche Orte zu suchen, die etwas Besonderes bieten. Wir wissen, dass die Geschichte ein Meisterwerk ist, aber Joe wollte, dass sie sich frisch anfühlt.“ Also machte man sich an die Arbeit und: „Innerhalb einer Woche hatten wir etwa neunzig Prozent der Drehorte gefunden, die man im Film sehen wird. Die Einwohner von Noto und ihr Bürgermeister ermöglichten uns die nötige Flexibilität.“ „Wir hatten eine große Auswahl an Drehorten. Sie gaben uns die Schlüssel zur Stadt“, bestätigt Fellner. „Der Bürgermeister, der Kulturbotschafter, der Polizeichef und die Gemeinde haben uns alle Türen geöffnet.“ Und so mancher Einwohner von Noto ist als Statist in CYRANO zu sehen.

Ein anderer Einwohner von Noto fand sogar ein neues Zuhause – bei Drehbuchautorin Erica Schmidt und Hauptdarsteller Peter Dinklage, die einen obdachlosen Welpen adoptierten, der einen Monat alt war und unter einem Busch an der Straße lebte, wo sie wohnten. Nachdem sie den Hund zuerst zum Tierarzt gebracht hatten, taufte das Paar ihn Roxanne (nach der weiblichen Hauptfigur der Geschichte) und nahm ihn nach Abschluss der Dreharbeiten mit
zurück in die USA, wo er jetzt mit anderen streunenden Hunden, die das Ehepaar aufgenommen hat, zusammenlebt.

Andere natürliche Ressourcen von Noto reichten von Bauwerken bis hin zum Sonnenlicht. Der Palazzo Castelluccio aus dem 18. Jahrhundert, der heute im Besitz des Filmemachers Jean-Louis Remilleux ist und von ihm restauriert wurde, bot „die richtige Kombination aus Zuhause und Palast“, so Cerasuolo. „Die Restaurierung wurde mit persönlichem Geschmack durchgeführt, etwas, das andere Paläste nicht mehr haben, weil sie entweder nicht restauriert wurden oder eher wie ein Hotel oder ein Museum restauriert wurden.“ „Jean-Louis hat uns reingelassen, und dort haben wir Roxanne zu Hause in ihrer Wohnung gefilmt“, erzählt Greenwood.

Als Straße für Roxannes Wohnsitz war die Via Raffaele Trigona in Noto bereit für dieNahaufnahmen. Das Einzige, was nicht in Frage kam, war ironischerweise ein bereits vorhandener Theaterraum. Greenwood erklärt: „In Noto gibt es ein wunderschönes Theater, das auf einem Theater aus dem 18. Jahrhundert basiert – und ein Jahrhundert später gebaut wurde, aber es fühlte sich zu eng an. Joe hatte das Gefühl, dass es darin nicht laut genug zugehen konnte!“ Wright erklärt, warum ihm das so wichtig war: „Was ich unbedingt wollte, war das Gefühl der Freude einer großen Gruppe von Menschen an einer gemeinsamen
Erfahrung. Das war mir wichtig, und ich wusste, dass es allen anderen auch wichtig war.“

Bennett verrät: „Unsere Produktion war innovativ, weil wir im Grunde eine Theatergruppe zusammengestellt haben. Dabei ging es nicht nur um COVID oder darum, das Budget clever einzusetzen. Wie bei einer Theatertruppe werden die gleichen Darsteller im Hintergrund eingesetzt, die in verschiedenen Szenen singen und tanzen.“

Das Theater für den Film wurde von Grund auf unter freiem Himmel in einem Innenhof in Noto errichtet, und die Dreharbeiten fanden im November statt. Die Produktion nannte den Veranstaltungsort „The Nicolaci“, zu Ehren einer ortsansässigen Familie. Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten von Noto, die in  CYRANO zu sehen sind, gehört die fast dreihundert Jahre alte Kathedrale San Francesco, die Kirche des Heiligen Franz von Assisi. Nicht weit von Noto entfernt liegt Siracusa. Dort gibt es eine Sehenswürdigkeit, das Castello Maniace, das in CYRANO zum Garnisonsort wurde, wo die Soldaten der königlichen Garde untergebracht und ausgebildet wurden. Greenwood merkt an: „Es stammt aus dem 10. Jahrhundert und die letzten Verschönerungen stammen wahrscheinlich aus der Zeit Napoleons. Es hat Erhabenheit und Gewicht, es hat immer noch diese schöne Farbe des Steins in Noto, aber dort präsentiert es eine andere Stimmung.“

Obwohl CYRANO nicht komplett in der Reihenfolge der aufeinanderfolgenden Szenenentstanden ist, wurde an den drei verschiedenen Schauplätzen des Films jeweils in der chronologischen Reihenfolge der Story gedreht. Der elfwöchige Drehplan war so angelegt, dass von Noto aus in andere Gebiete Siziliens gewechselt wurde. Die Garnison ist der erste von mehreren Schauplätzen, an denen die Entwicklung der Hauptfiguren in der Geschichte filmisch dramatisiert wird. „Das gibt einen sehr dramatischen Kontrast“, kommentiert Cerasuolo. „Wir gehen von dem barocken und goldenen Hauptteil des Films zu einem
dunkleren Ort.“

Das Konzept sah vor, dass die Farbgebung zu Schwarz wechselt, sobald der Krieg die Figuren in das Niemandsland des Schlachtfeldes schickt. Die Produktion wurde auf den Ätna verlegt, Siziliens eigenen aktiven Vulkan, und dessen Umgebung. Spencer erzählt begeistert: „Der Ätna ist rau und schön, kahl und atemberaubend. Wir errichteten zunächst das sogenannte Heldenlager, Cyranos Regiment, direkt auf dem Gipfel. Unser fantastisches Ausstattungsteam
schlug Zelte auf Lavafelsen auf.“

Die dreihundertköpfige Besetzung und die Crew waren Ende 2020 gut vorbereitet, um die körperlich anstrengendsten Szenen zu drehen. Die Natur hatte jedoch andere Pläne. „Wir wurden vom Berg runtergejagt“, erzählt Greenwood. „Runter von ganz oben bis zur Mitte und dann ganz nach unten.“ Die unerbittlichen Verfolger? „So viel Regen und Schnee, dass wir unsere Kulissen die Hänge hinunterverlegen mussten“, seufzt Produzent Guy Heeley. Während die Asche- und Rauchkomponenten des Vulkans bei der Planung und sogar bei der Farbgestaltung berücksichtigt worden waren, kam der übermäßige Niederschlag völlig unerwartet. „Uns wurde versichert, dass es dort oben keinen Schnee gibt, vielleicht [Monate später] im Februar, und ganz bestimmt würde alles in Ordnung sein“, sagt Wright, immer noch fassungslos. „Eine Woche, bevor wir mit den Dreharbeiten beginnen wollten, gab es den stärksten Schneefall seit zwanzig Jahren.“

Heeley erinnert sich: „Es regnete so heftig, dass wir den Abschnitt an einen vom Wetter geschützten Ort verlegen mussten, der unten im Tal lag. Dann gab es so starken Frost – mit einer gefühlten Temperatur von minus 15 Grad –, dass wir die Straße nicht erreichen konnten, also mussten wir Spezialfahrzeuge einsetzen, um die Sequenz drehen zu können. Sets wurden weggespült, Sets waren von Schnee bedeckt.“ Als wollte er nicht in den Schatten gestellt werden, brach der Vulkan aus, und der Schnee war bald mit Ruß vermischt. Wright sagt: „Es war fast so, als ob der Ätna höchstpersönlich versuchen würde, uns abzuschütteln. Aber wir haben uns durchgesetzt!“

„Unser Team musste alles ausgraben“, erzählt Spencer. „Zelte waren verrottet, einige Sachen waren weg. Das Lager musste weiter unten neu aufgebaut werden – obwohl wir immer noch weit oben waren –, und das, während man sich selbst Wege bahnen musste, um überhaupt hinzukommen.“ Greenwood merkt an: „In unseren Augen hatten wir mit der schwarzen Farbgebung für das Lager und das Schlachtfeld eine starke Aussage. Das Konzept der schwarzen Farbe musste sich in Weiß und dann in Grau verwandeln, und Joe und Seamus mussten sich darauf einlassen.“ „Wir haben es angenommen“, fügt McGarvey hinzu. „Das schwache Winterlicht, das normalerweise unbarmherzig sein kann, war hier einfach außergewöhnlich.“

Foto:
©Verleih

STAB
Regie JOE WRIGHT
Drehbuch ERICA SCHMIDT
Vorlage „Cyrano de Bergerac“ von EDMOND ROSTAND
sowie das Bühnenmusical von ERICA SCHMIDT

BESETZUNG
Rolle                   Schauspieler                   Synchronstimme
Cyrano.              PETER DINKLAGE          Claus-Peter Damitz
Roxanne            HALEY BENNETT            Muriel Bielenberg
Christian            KELVIN HARRISON         JR. Tobias Schmidt
De Guiche         BEN MENDELSOHN        Oliver Siebeck

Abdruck aus dem Presseheft