Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. März 2022, Teil 1
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Höchste Zeit,, diesen schönen, wichtigen, ergreifenden Film des legendären Pedro Almodóvar zu rühmen, der am Donnerstag angelaufen ist. Natürlich kann man die Geschichte erzählen und das werden wir auch tun, aber viel wichtiger, als die einzelnen Details ist die Kunst mit der der spanische Regisseur verschiedene Stränge ausbreitet und sie dann miteinander verflechten kann, so daß private Lebensgeschichten eingebettet sind in die faschistische Vergangenheit Spaniens, die, anders als in Deutschland, bis heute kaum aufgearbeitet ist.
Das ist deshalb so fatal, weil wiederum anders als in Deutschland ein echter Bruderkrieg stattfand, der auf Seiten der Sozialisten durch Internationale Brigaden unterstützt wurde. Doch Nazi-Deutschland half Franco, der bis zu seinem Tod 1975 Führer blieb.
Die Werbefotografin Janis (Penélope Cruz) ist unerwartet und auch ungewollt schwanger, aber sie freut sich über ihr erstes Kind, jung ist nie nicht mehr, anders als Ana (Milena Smit) , die Siebzehnjährige, die kein Kind will, aber eines bekommt. Eine dritte Frau spielt auch eine Rolle, es ist Teresa (Aitana Sánchez Gijón) , doch die hatte schon vor längerer Zeit ein Kind bekommen, nämlich Ana, deren Mutter sie also ist, aber für die Probleme der verängstigten Ana keinen Blick hat. Sie ist eine typische auf sich und ihre Karriere konzentrierte Schauspielerin, die keine Zeit, aber auch keine Lust hat für die Tochter und deren Kind, das die Schauspielerin zur Oma macht. Nicht ihr Lebensziel. Sie fällt also als Hilfe für Ana aus. Doch dies macht die lebensfrohe und zugewandte Janis wett. Was beide nicht ahnen, ist ,wie ihre nette Geburtsgemeinschaft ihr späteres Leben völlig durcheinander wirbelt.
Doch bleiben wir erst einmal am Anfang, wo Janis den Auftrag erhalten hatte, den forensischen Anthropologen Arturo (Israel Plejade) zu fotografieren,woraus sich eine Affäre entwickelt, die zur Schwangerschaft führt, was sie ihm verschweigt, weil er verheiratet ist, aber zuvor hat sie ihn motivieren können, beruflich richtig einzusteigen in eine Grabung,wozu nicht nur eine Genehmigung eingeholt werden mußte, sondern angesichts der Kosten auch deren Übernahme durch ein Institut. Janis Urgroßvater ist von Francos Falangisten ermordet worden und wie deren Brauch war, in einem Massengrab verscharrt worden. Aber es gab einen Zeugen, so daß man zumindest die ungefähre Lage kennt. Tatsächlich ist die Ausgrabung erfolgreich und wie nun die Familien die Knochen ihrer Lieben erhalten und beerdigen können, geht unter die Haut.
Die Verbindung zwischen Janis und Ana wird immer enger, denn Janis ist froh, daß Ana bei ihr als Babysitterin arbeitet. Aber auch die Verbindung zu Arturo bekommt eine ganz neue Grundlage, die durch die Grabungsarbeiten stabilisiert wurde. Es greift eines ins andere, aber der etwas seltsame Ausdruck ‚parallel Mütter‘ hat noch einen ganz anderen Hintergrund, Sein und Schein spielt auch eine Rolle und wir sind inmitten eines regelrechten Panoptikums, wo eins ins andere führt. Alle Achtung, wie es dem Spanier gelingt, Privates und die Geschichte des Landes zusammenzubringen.
Foto:
©Verleih
Info:
BESETZUNG
Janis PENÉLOPE CRUZ
Ana MILENA SMIT
Arturo ISRAEL ELEJALDE
Teresa AITANA SÁNCHEZ GIJÓN
Elena ROSSY DE PALMA
Tante Brígida JULIETA SERRANO
STAB
Written and directed PEDRO ALMODÓVAR