einerSchulKinoWochen Hessen, vom 21. März bis 1. April, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Mit Kindern und Jugendlichen einen Film anzusehen, ist immer etwas Besonderes, ja Erstaunliches, weil manche Reaktionen anders sind, als sich Erwachsene vorstellen. Aber am Montagmorgen waren die Schüler und Schülerinnen der Klasse 6cF der Gesamtschule am Gluckensteine ganz schön gefordert, denn es ging um 9.30 Uhr mit der Eröffnung der SchulKinoWochen los und endete mit der Besprechung des gerade gemeinsam gesehenen und von heute her noch mal so gelungenen Erich-Kästner-Verfilmung DAS DOPPELTE LOTTCHEN von 1950, wobei auch die Schülerfrage auftrat: Warum es nicht DAS DOPPELTE LUISCHEN hieße.

Nein, so wurde nicht gefragt, aber so ähnlich und auch das DREIFACHE LOTTCHEN vorgeschlagen. Kinder und Jugendliche haben ihre eigene Optik und ziehen ihre eigenen Schlüsse und denen nachzuforschen, ist richtig interessant.

julian mitZu erst einmal wurde aber nach einer kräftig motivierenden Videobotschaft der zuständigen Ministerin aus Wiesbaden, Angela Dorn, von der Leiterin der Filmbildung und -vermittlung am DFF, Christine Kopf, diese Wochen eröffnet, mit großer Freude, daß es wieder persönlich losgehe, was der Kollege aus Berlin bestätigte, denn es wissen die wenigsten, daß diese SchulKinoWochen in allen sechzehn Bundesländern stattfinden und allein in Hessen an die 42 000 Schüler und Schülerinnen daran teilnehmen, ohne Corona sogar rund 70 000, was lustige Vergleiche zu den Verhältniszahlen in Bad Homburg oder Berlin nach sich zog, nämlich wie viele der Einwohner dann im Kino säßen, was Michael G., der extra aus Berlin gekommen war, mit der Zahl von 1 Million (vor Corona) ergänzte. So viele Schüler nahmen nämlich an den SchulKinoWochen im ganzen Bund teil.

Hier in Hessen sind es an die 70 Kinos, die mitmachen und in deren teils hochaufgerüsteten oder auch nur einfach ästhetisch wunderschönen Sälen mit einem Superton und hervorragendem Bild das umfangreiche und qualitative Filmangebot läuft. Dabei gibt es – immer gestaffelt nach Alter – Themen und Sonderprogramme wie

Fokus – Thema: ERZÄHLSTIMME, bei der wir jetzt bleiben. Die anderen Schwerpunkte ein andermal. Nun nämlich konnten alle sehen, hören und erleben, was in diesem Jahr jedem der Filme im Filmland Hessen vorgeschaltet ist:

JOHN UND KAREN (Großbritannien 2007, R:Matthew Walker als Vorfilm.

kinderSchon der Film ist niedlich, aber was daraus gemacht wurde, ein Ding! Da haben nämlich Schüler der 6cF das Thema der diesjährigen SchulKinoWochen ernst genommen und eine eigene Audiodeskription erstellt, die nun gezeigt wurde.

Jetzt kommt Julian Namé ins Spiel, ohne den der lange Vormittag nicht so kurzweilig geworden wäre. Er ließ nämlich nach der Vorführung der von der Klasse erstellten in Worten erzählte Sprachfassung zum Animationsfilm, Schüler dieser Klasse nach vorne kommen und sie über ihr Projekt berichten. Daß die Schüler begeistert darüber sprachen, wie sie aus den einzelnen Sequenzen der Animation den Handlungsablauf möglichst in Dialogen herstellten, war genauso richtig, wie der Hinweis, daß der Lehrer ihnen die potentiellen Dialoge vorgelegt hatte, wichtig. In einem Auswahlverfahren kam die Klasse dann zur Lösung,die gezeigt wurde, in der sowohl die Anteile einzelner Schüler wie auch der richtige Handlungsverlauf gewahrt wurde.

Auf jeden Fall ist das Ergebnis richtig gut, zumal man sonst diesen kleinen, feinen, herzanrührenden Film gar nicht gesehen hätte, bei dem ein dicker großer Bär auf einem großen Sofa von einem kleinen niedlichen Pinguin mit Plätzchen bedacht wird, wobei sich das Pinguinchen aber auffällig distanziert auf den Sessel setzt, obwohl ihn der Bär doch mit einem Klopfen auf das Sofa neben ihn gebeten hatte. Aha, emotionale Störung. Und jeder fühlt, da ist was vorgefallen. Und in der Tat ist das völlig wurscht, was war, hier ist der Pinguin beleidigt, weil er sich mißachtet fühlt. Nur das ist wichtig. Das Gefühl. Und das vermitteln die Worte, die nun in der Autodeskription für das Geschehen gefunden wurden, in der sich der Bär so lange auf eindeutige, aber verschlüsselte Weise entschuldigt, bis der kleine Pinguin neben ihm auf dem Sofa Platz nimmt und in vielen Bissen an einem Plätzchen knabbert, das der Bär in Sekundenschnelle zermalmt.

Den Kindern hielt Namé nun das Mikrophon unter die Nase und für diejenigen wie uns, die die Kinder nicht kannten, ist das immer spannend, wenn sich in Minuten die soziale Struktur der Klasse und die einzelnen Individuen erkennen lassen: sich die Alleinunterhalter hervortun, oder ein erst ganz schüchternes Mädchen, das auftaut und dann alles übernehmen könnte. Ja, sie konnten alle richtig beschreiben, was Audiodeskription ist, und wahrscheinlich war das so lebendig, weil Namè kein Lehrer ist, denn als Lehrer hätte er noch die sprachliche Herkunft des Begriffs hinzugefügt, Audio (lateinisch ich höre, von audire ‚hören') + Deskription ebenfalls aus dem Lateinischen entlehnt von descriptio‎ „Beschreibung“.

Und dann ging der Filmklassiker DAS DOPPELTE LOTTCHEN los.Mehr im nächsten Artikel.

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