csm geschichten vom franz 004 f472f0b9f7Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. April 2022, Teil 1

Redaktion

Wien (Weltexpresso) - Wie habt ihr die „Geschichten vom Franz“ in die Jetztzeit geholt?Katharina Posch: Ich kannte sie aus meiner eigenen Kindheit und hab sie wiederentdeckt, als ich sie meinen Kindern vorgelesen hab – ich habe mich auch als Erwachsene wahnsinnig amüsiert. Die Inszenierung im Wien von heute empfand ich als naheliegend, Nöstlinger hat die Bücher von 1983 bis 2011 auch über drei Jahrzehnte erzählt.

Johannes Schmid: Die Probleme und Ängste des Kindsein sind ja zeitlos. Wie man seine Rolle in der Gruppe findet, so Sachen. „Geschichten vom Franz“ konnte man gut in einer glaubwürdigen Gegenwart verankern, es geht wirklich um die alltäglichen Probleme der Kinder. Wie werden Kinder zu Heldinnen, zu Helden im Alltag? Sie trauen sich in den Keller gehen. Gehen jeden Tag zur Schule, auch wenn das nicht immer leicht fällt. So ist das Leben eben.


In welcher Schule habt ihr gedreht?

Johannes Schmid: Die Schule ist aus mehreren Locations zusammengesetzt, auch die Innenszenen. Den Schriftzug der Hans-Radl-Schule haben wir in „Rosa-Riedl-Schule“ verwandelt, in Anlehnung an ein Buch von Christine Nöstlinger. Der Look sollte eine gewisse Zeitlosigkeit haben, wir haben da viel getrickst, um einen fiktionalen Spielraum zu schaffen.

Katharina Posch: Johannes hat das Inventar an den Lehrer Zickzack angepasst. (Lacht)

Johannes Schmid: Für das eigene Kind wünscht man sich natürlich eine Kuschelecke im Klassenzimmer, zum Zickzack passt es halt weniger.


Wien spielt eine tragende Rolle im Film.

Katharina Posch: Es ist tatsächlich der erste große Kinderfilm mit einer literarischen Vorlage, der Wien heute zeigt. Mit den Kindern diese Stadt zu erleben war sehr wichtig – was sehen die in dieser Stadt? Wo halten sie sich auf? Es sollte kein Sozialdrama werden, wir sind ja in einer Familienkomödie.

Johannes Schmid: Ich bin ja nicht aus Wien, ich war davor das letzte Mal vor 20 Jahren hier. Ich habe natürlich als Niederbayer schon eine Affinität, aber es ist durchaus auch ein Vorteil, wenn man mit neuen Augen durch die Stadt geht. Ich wollte Wien selbst neu entdecken. Der Film sollte im urbanen Wien spielen und nicht zu nostalgisch werden – in diesem Alter beginnen sich Kinder in einem bestimmten Radius frei durch die Stadt zu bewegen. Die Welt wird größer. Und wir wollten nicht die klassischen Tourismus-Bilder von Wien abrufen. Nur wenn man ganz genau schaut, sieht man einmal 5% vom Riesenrad (lacht).


Mit Kindern arbeiten, Fluch oder Segen?

Johannes Schmid: Ja beides natürlich! Es ist großartig, weil man fast ein Teil der Familie wird. Man muss sich da gegenseitig öffnen, das ist ein sehr spannender und toller Prozess. Da ist wichtig, dass die Chemie stimmt, man sich versteht, damit man diesen Weg, der zum Teil auch ein anstrengender ist, gemeinsam gehen kann. Insofern muss man sich noch mehr öffnen als bei Erwachsenen, wo man sich auch ein wenig hinter der Professionalität verstecken kann. Daher ist das Casting wichtig. Die drei Protagonist:innen, die wir gefunden haben, bringen sehr viel von ihren Charakteren mit. Da gibt es viele Berührungspunkte zwischen Gabi und Nora, Jossi und Franz, Leo und Eberhard. Kinder können sich und ihre Intuition für die Figuren unglaublich uneitel zur Verfügung stellen. Das ist ein großer Gewinn. Aber natürlich gibt es auch die andere Seite. Man hat mit Müdigkeit zu kämpfen, den verkürzten Drehzeiten, weil die Kinder - zum Glück - nicht so lange arbeiten dürfen. 
Es ist ein anderes Drehen mit Kindern, in mancher Hinsicht komplizierter, aber auch anarchischer und macht zum Teil auch sehr viel mehr Spaß. Es ist schon sehr schön, wenn um 9.00 Uhr morgens die Kinder auf einen zustürmen, das passiert einem mit erwachsenen Schauspielern seltener.


Was kann man denn lernen von Christine Nöstlinger?

Johannes Schmid: Dass man das Leben schon packt. Dass man zu sich selbst stehen muss, und manchmal auch die eigenen Schwächen akzeptieren kann, ohne sich ständig optimieren zu müssen.

Katharina Posch: Besonders bei den Franz-Geschichten ist das die Spezialität: Dass bei einem „Riesenproblem“, das unüberwindbar scheint, am Ende doch noch eine ganz überraschende nette Lösung möglich ist. Das stimmt einen sehr zuversichtlich, mir hat das als Kind sehr viel gegeben.


Wie ist es zu den Filmsongs von Marco Wanda gekommen?

Johannes Schmid: Als ich Wandas Musik und Sound gehört habe, dachte ich sofort, das könnte passen. Als wir uns dann zum ersten Mal trafen, meinte Marco Wanda, es könnte durchaus auch mit den Geschichten vom Franz zu tun haben, dass er heute Musiker ist. Solche Situationen gab es sehr oft, wo uns Menschen erzählt haben, wie prägend Nöstlinger für sie war.

Katharina Posch: Man musste nie viel erklären, weil jeder in Österreich etwas mit Christine Nöstlinger verbindet. So eben auch Marco, er hat sofort nach unserem Anruf den ersten Song geschrieben, wie er uns später erzählt hat.


Wie kam es zur famosen Besetzung von Männlichkeits-Influencer Hank Haberer?

Johannes Schmid: Philipp Dornauer ist ein Newcomer, der kam relativ frisch von der Schauspielschule und das war Liebe auf den ersten Blick für die Rolle. Bei der Figur war klar, der muss wirklich eine ganz eigene Qualität haben. Dass manchmal Selbstbewusstsein hilft, ist ja keine schlechte Botschaft, wir haben versucht, das differenziert zu erzählen.

Katharina Posch: Die Menschlichkeit der Figuren war Johannes wirklich besonders wichtig. Wir wollten keine Karikaturen erzählen, das passiert ja in Kinderfilmen sehr häufig.

Johannes Schmid: Es sollten keine eindimensionalen Erwachsenencharaktere werden, keine Pappnasen. Natürlich ist der Zickzack aus Kinderperspektive auch ein bisschen monsterhaft, aber er ist wohl trotzdem einmal Lehrer geworden, weil er Kinder mag.


Wie habt ihr aus den vielen großartigen „Geschichten vom Franz“ ausgesucht?

Katharina Posch: Das war die hohe Kunst von Sarah Wassermair, eine Dramaturgie zu finden in Spielfilmlänge, die sich aus diesen kleinen Episödchen, Momenten und Details aus dem Geschichtenpool von Nöstlingers FRANZ Geschichten speist. Es ist ja nicht die Verfilmung von ein, zwei oder drei Geschichten, sondern es ist eine eigene Geschichte geworden, in der die Motive verarbeitet wurden und die diesen „Nöstlingerischen Geist“ bewahren wollte.


Wie geht es jetzt weiter?

Katharina Posch:
Wir sind ehrlich gesagt, mitten in der Vorbereitung für den zweiten Teil, den wir Ende des Sommers in Wien drehen wollen...  


Foto:
©Verleih

Info:
Geschichten vom Franz (Österreich / Deutschland 2022)
Genre: Kinderbuch-Verfilmung, Familienfilm, Komödie 
Regie: Johannes Schmid
Drehbuch: Sarah Wassermair nach den Kinderbuchklassikern von Christine Nöstlinger
Darsteller: Jossi Jantschitsch, Nora Reidinger, Leo Wacha, Ursula Strauss, Simon Schwarz, Maria Bill, Philipp Dornauer, Rainer Egger u.a.

Abdruck aus dem Presseheft