Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Louis Wain kennt man als den Mann, der Katzen malte. Ein talentierter Künstler, der mit der rechten Hand ebenso geschickt war wie mit der linken. Er kam 1860 auf die Welt und war um die Jahrhundertwende einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Seine Katzenbilder faszinierten eine ganze Nation. Wains Hände verwandelten zur damaligen Zeit das bis dahin nur geduldete Tier in ein von jedermann geliebtes Wesen. Man könnte sagen, dass Louis Wain Katzen in Großbritannien populär machte.
Bilder der „Louis-Wain-Katze“ – eine vermenschlichte Katze, immer bereit für Schabernack – füllten die Seiten der Magazine. Wains Kunst fing die gesellschaftliche Wirklichkeit der Zeit mit bestechender Klarheit ein. Seine Katzen taumeln beschwipst durch die Hafengegend, erzählen schlüpfrige Geschichtchen oder fahren auf Feldwegen Fahrrad. Er gab dabei auch politische Kommentare ab. Heute erkennt man Louis Wains Zeichnungen immer noch auf Anhieb, auch wenn sein Name nicht mehr allen geläufig ist.
Die schrullige Intelligenz, die seine Arbeit durchdringt, spiegelte sich auch im Künstler selbst wider. Er hatte viele Interessen. Sein messerscharfer Verstand beschäftigte sich intensiv mit den Möglichkeiten von Elektrizität und entwickelte potenzielle Patente. „Ein Tausendsassa“, lacht der Hauptdarsteller von DIE
WUNDERSAME WELT DES LOUIS WAIN, Benedict Cumberbatch, „und ein Meister in so manchem.“
Louis Wain war ein meisterlicher Zeichner, dessen Arbeit viele Bewunderer fand. Der Schriftsteller H.G. Wells sagte 1927 in einer Radiosendung: „Er erfand einen Stil für Katzen, eine Gesellschaft für Katzen, eine ganze Katzenwelt. Englische Katzen, die nicht so aussehen wie Katzen von Louis Wain, sollten sich was schämen.“ Doch trotz der enormen Beliebtheit seiner Arbeit, seines Ruhms sowie seiner scheinbar sorgenfreien und immensen Schaffenskraft, war Wains Lebensgeschichte nicht nur voller Triumphe, auch Tragödien waren ihm nicht fremd.
Nachdem sein Vater gestorben war, wurde Wain Ernährer und Oberhaupt der Familie, zu der neben seiner Mutter auch fünf Schwestern gehörten: Caroline, Josephine, Marie, Claire und Felicie. Weil Louis der einzige verbliebene Mann war, fiel es Caroline zu, den Haushalt zu führen. Auf ihr Drängen willigte Louis
ein, eine Gouvernante für seine jüngeren Schwestern ins Haus zu holen. Als Wain 23 Jahre alt war, kam Emily Marie Richardson ins Haus, und er verliebte sich beinahe umgehend in sie. Sie zogen nach Hampstead und führten eine Zeitlang ein beschauliches Leben. Bei ihnen wohnte ein Kätzchen namens Peter, das sich in ihren Garten geschlichen und beschlossen hatte, Teil ihres Lebens zu werden.
Die Idylle sollte nicht lange halten. Kurz nach ihrer Hochzeit im Jahr 1884 wurde bei Emily Brustkrebs festgestellt. Während ihrer Krankheit erwies sich Kätzchen Peter als beständiger und treuer Begleiter, der ihr viel Trost spendete. In dieser Zeit wuchs Wains Wertschätzung von Peter und auch seine Leidenschaft für Katzen. Beides hatte großen Einfluss auf Wains künstlerische Berufung.
Als Regisseur Will Sharpe bei den Recherchen für den Film die Schriften des Künstlers studierte, fand er zahlreiche Verweise auf Peter. „Louis beschrieb Peter als stete Quelle des Trosts während der schwierigen Monate, als Emily krank war“, sagt Sharpe. „An der Seite von Emily zu sein, mit Peter Zeit zu verbringen
und die Katze zu skizzieren, schien die Dinge für beide besser zu machen. Man fragt sich sicherlich, ob das zumindest zum Teil der Grund dafür war, dass er so obsessiv Katzen zeichnete. Eine Katze in dieser wirklich kritischen Phase seines Lebens um sich zu wissen, war gewiss ein rettender Strohhalm.“ In einem Eintrag schrieb Louis Wain: „Peter war ihr beständiger Begleiter. Sein Genie bestand darin, dass viele sorgenvolle Stunden vergoldet und viele Bürden erleichtert wurden.“
Obwohl er dem Paar Zerstreuung und Freude bescherte, konnte Peter ihnen ihre schwerste Last nicht abnehmen. Nach nur drei Jahren Ehe starb Emily im Januar 1887. Wain stürzte sich in seine Illustrationen. Im Jahr 1890 begann er, Katzen in menschlichen Situationen abzubilden. Das war der Beginn des Weges
hin zur „Louis-Wain-Katze“.
Nachdem er die Seiten beliebter Magazine wie der Illustrated London News während der Weihnachtsfeiertage füllen konnte, sorgten seine KatzenIllustrationen dafür, dass Louis Wain ein bekannter Name wurde. Mit wachsender Bekanntheit gelang es ihm, sich wieder mit seiner Familie zu versöhnen. Das Gespür, mit dem er sein künstlerisches Unterfangen vorantrieb, konnte er indes nicht auf seine geschäftlichen Angelegenheiten übertragen. Bei ihm war das Geld immer knapp. „Louis war berühmt dafür, nicht mit Geld umgehen zu können“, weiß Will Sharpe. „Es gibt zahllose Geschichten darüber, dass er sich für seine Bilder nicht das Copyright sicherte. Wenn es finanziell eng wurde, kam es schon vor, dass er Originalzeichnungen gegen Schuhe oder einen Haarschnitt eintauschte.“
Der Regisseur fährt fort: „Hinzu kam, dass seine Arbeit von vielen anderen Künstlern kopiert wurde. Es gab eine Zeit, da musste er sich mit Fälschungen herumschlagen, die ihm das Geld stahlen. Seine Schwachstelle war sein Umgang mit Geld.“ Die Erschwernisse der Familie nahmen mit dem Tod seiner ältesten Schwester Caroline noch zu, die im April 1917 während der Grippe-Epidemie, die das Land fest im Griff hatte, starb. Es war ein schwerer Schlag.
Wain verlor mit Caroline nicht nur seine Schwester und die Person, die es am besten verstand, Ordnung in sein bisweilen arg chaotisches Leben zu bringen, sondern auch die führende Hand, die den Wain-Haushalt durch seine finanziellen und emotionalen Turbulenzen steuerte.
In dieser Zeit begann Wains Gemütszustand, der ohnehin schon immer fragil und anfällig war, spürbar abzubauen. Weil sie eine gewisse Exzentrizität von Wain gewohnt war, hat die Familie seinen geistigen Niedergang zunächst nicht richtig realisiert. Nachdem sich merkwürdige und auch oftmals gewalttätige
Ausbrüche zu häufen begannen, wurde er auf die Armenstation in Springfield in Tooting, der Irrenanstalt von Middlesex County, gebracht. Er wurde für geistig unzurechnungsfähig erklärt.
Auch in der Stunde der Not waren es Katzen, die ihm die Last auf seinen Schultern erleichtern sollten. Bei einem Besuch in Springfield wurde ein renommierter Buchverkäufer und Publizist auf einen Mann aufmerksam, der Katzen zeichnete, und bemerkte, dass er genauso wie Louis Wain zeichnete. „Ich bin Louis Wain“, lautete die Antwort des Künstlers. Es dauerte nicht lang, bis Wains neuer Bekannter – erschüttert von dem Schicksal, dass dieser einstigen Berühmtheit widerfahren war – mit Hilfe seines beträchtlichen Einflusses den Louis Wain Fund ins Leben rief. Er hoffte, damit genug Mittel aufzutun, um Louis Wain aus seiner misslichen Lage in Springfield befreien zu können. Mit Unterstützung namhafter Männer wie H.G. Wells und King George V. höchstpersönlich erwies sich der Fonds als voller Erfolg. Wain wurde nach Bethlem verlegt. Er sollte den Rest seines Lebens innerhalb der Mauern dieser Anstalt verbringen, aber seine Fantasie und Kreativität konnten sich in dieser deutlich freundlicheren Umgebung endlich wieder frei entfalten. Er entwarf neue Ausstellungarbeiten, bevor er 1939 nur einen Monat vor seinem 79. Geburtstag aus dem Leben schied.
Man kann seinen Einfluss als Illustrator gar nicht hoch genug einschätzen. Er war ein Könner in den Bereichen Tierporträt, humorvoller Cartoon, Skizze sowie Gemälde und war auch in anderen künstlerischen Bereichen überaus kompetent. Zu einem künstlerischen Merkmal seines späteren Lebens wurden farbintensive Muster, was Wain in der psychedelischen Ära zu neuer Popularität verhalf. Bis heute erkennen die Menschen eine „Louis-Wain-Katze“. Sein Werk ist längst Teil unseres kulturellen Bewusstseins.
„Man bemerkt, wie sich sein Einfluss all die Jahre in unserer Kultur gehalten hat, selbst bis heute“, merkt Benedict Cumberbatch an. „Sein unverkennbarer Charme ist von anhaltender Dauer.“ Der Schauspieler berichtet von seinen frühen Verbindungen zu dem Künstler. „Ich erinnere mich, dass meine 18 Jahre ältere Schwester Kunst von ihm an den Wänden ihres Zimmers hängen hatte. Jetzt weiß ich auch wieder, dass ich mich damals mit ihr über Louis Wain unterhalten habe. Seine vermenschlichten Zeichnungen, Gemälde und Illustrationen von Katzen waren humorvoll, hatten aber auch eine politische
Note. Sie waren skurril und tiefschürfend. Er war über die Generationen hinweg beliebt. Alte wie junge Menschen waren von seinen Werken begeistert.“
Er fügt hinzu: „Darüber hinaus hatte er ein außergewöhnliches Privatleben. Und auch wenn wir nicht zu sehr auf die mentalen Probleme gegen Ende seines Lebens eingehen, spielt auch das eine wichtige Rolle bei unserem Ansatz, wie wir ihn als Menschen präsentieren wollten. Er hat ein wirklich interessantes Leben geführt.“
Foto:
©Verleih
Info:
STAB
Regie WILL SHARPE
Drehbuch SIMON STEPHENSON UND WILL SHARPE
basierend auf der Geschichte von SIMON STEPHENSON
BESETZUNG
Louis Wain BENEDICT CUMBERBATCH
Emily Wain CLAIRE FOY
Caroline Wain ANDREA RISEBOROUGH
Sir William Ingram TOBY JONES
Josephine Wain SHARON ROONEY
Claire Wain AIMEE LOU WOOD
Marie Wain HAYLEY SQUIRES
Felicie Wain STACY MARTIN
Mrs Wain PHOEBE NICHOLLS
H.G. Wells NICK CAVE
Narrator OLIVIA COLMAN
Abdruck aus dem Presseheft
STAB
Regie WILL SHARPE
Drehbuch SIMON STEPHENSON UND WILL SHARPE
basierend auf der Geschichte von SIMON STEPHENSON
BESETZUNG
Louis Wain BENEDICT CUMBERBATCH
Emily Wain CLAIRE FOY
Caroline Wain ANDREA RISEBOROUGH
Sir William Ingram TOBY JONES
Josephine Wain SHARON ROONEY
Claire Wain AIMEE LOU WOOD
Marie Wain HAYLEY SQUIRES
Felicie Wain STACY MARTIN
Mrs Wain PHOEBE NICHOLLS
H.G. Wells NICK CAVE
Narrator OLIVIA COLMAN
Abdruck aus dem Presseheft