SECRET STATE mit Gabriel Byrne als DVD bei Edel:Motion

 

Hans Weißhaar

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man nehme: einen bösen Halunken, möglichst einen üblen Wirtschaftsboß, verschiedene männliche und weibliche Politiker, darunter mindestens einen ganz edlen – stimmt, gibt es nicht immer – , dann noch deren vor allem weibliche Mitarbeiterinnen, darunter mindestens eine rasante Frau, normales Stimmvolk, schüttele das alles kräftig und herauskommt: ein Politthriller. Aber ein normaler und SECRET STATE ist einer mit Sonderklasse!

 

 

In vier Folgen auf zwei DVDs lernen Sie im irischen Schauspieler Gabriel Byrne den Politiker Tom Dawkins - erst Vizepremier, dann notgedrungen britischer Premierminister – kennen und lieben. Auch wenn das simpel ist, aber wer hätte nicht als Bürger eines Landes Sehnsucht nach einem Politiker, der aufrecht ist, die Verführungen der Macht zwar spürt, aber sich dann doch auf den rechten Weg macht, nach einem, der nachts nicht schlafen kann, wenn die Staatsgeschäfte nicht gut laufen und der denen den Kampf ansagt, die glauben, man könne in dieser Welt alles mit Geld kaufen.

 

So einer ist Tom Dawkins, der aber seine besondere Anziehungskraft durch die Melancholie erhält, die ihn umhüllt, denn eigentlich will er das Ganze gar nicht, er wollte sich aus dem politischen Tagesgeschäft zurückziehen und gerade dann passiert das, was übrigens ein Gesetz der Serie ist: wenn man selbst nicht mehr will, dann wird man gewollt! In der ersten DVD – die vier Folgen wurden am 6. Februar bei ARTE hintereinander ausgestrahlt und sind seit dem 7. Februar als DVDs erhältlich – wird die Situation vorbereitet, die dann alle vier Folgen speist, weshalb man diese Ausgangssituation extemporieren sollte, weil sich das Weitere von alleine ergibt.

 

Wir erleben ein Armageddon, hier die Explosion einer Ölraffinerie in Nordengland, einer Niederlassung des amerikanischen Mineralölkonzern PetroFex. Es sterben sofort 19 Menschen, viele sind verwundet und der Stadtteil verwüstet. Sofort sucht der Vizepremier Tom Dawkins das unkriegerische Schlachtfeld auf, spricht mit den Menschen, wir sehen erstarrt, wie er einen Kinderhandschuh aufhebt, in dem noch die Kinderhand steckt, woraufhin er erstarrt, gleichwohl aber sofort den agilen Politiker gibt, der vom rückhaltlosen Aufklärungswillen spricht und davon,den Hinterbliebenen dieser Katastrophe rasch und unbürokratisch Hilfe verspricht. Schnitt.

 

Aufregung herrscht um einen Fernsehauftritt von Tom Dawkins, den er wohlgepudert und gestriegelt angeht, denn er muß dem Land erklären, daß dessen Premierminister bei einem Flugzeugabsturz erst vermißt, dann ums Leben gekommen ist, auf weiter See zwischen Amerika und Europa. In Amerika war er beim Ölkonzern PetroFex, um über bessere Bedingungen für die Arbeiter und die Region zu streiten. Sein Flugzeug gehörte diesem Konzern. Aha, denkt der Zuschauer, so weit gehen die also, die Kapitalistenschweine, das ist ja bekannt, aber dann soll es doch Al Qaida - na, die gab's doch noch gar nicht, aber solche wie die gab's immer - gewesen sein? Weil das besser ins Bild paßt.

 

Gleichzeitig werden interne Papiere und Insiderwissen aus 10 Downing Street zu öffentlichem Wissen. Und da wird eindeutig abgehört, ein verfrühter NSA-Skandal. Wer ist der Verräter? Während wir noch diesem Strang nachgehen, ist längst der derzeitige Boß der amerikanischen Firma großsprecherisch zu Gange. Ein unverschämter Kerl, der sich außer verbalen Lippenbekenntnissen des Bedauerns weder zu Entschädigungszahlungen noch ernsthaften Untersuchungen der Unglücksursachen bereit erklärt. Schlimmer. Er behindert sogar die laufenden. Diese Untersuchungen sind mehr als prekär. Denn der Pathologe findet ein Gift in den Leichen, von dem auch Tom Dawkins erst einmal nichts wissen möchte, denn er hat genug Gegner, mit denen er sich schon anlegt, schließlich geht es auch – wir sind am Anfang der 80er Jahre - um die Auseinandersetzungen mit dem Iran.

 

Dann ist auch der Pathologe tot. Jetzt reicht's dem Premier. Er redet öffentlich Tacheles. Das bringt erneut das Wohlwollen der Wähler, aber die Feindschaft des britischen Establishment. Denn, wia im richtigen Leben, ist PetroFex mit der Royal Caledonian Bank liiert, die wiederum zu großen Teilen in Staatsbesitz ist...Muß man mehr sagen, um zu ahnen, welche Feuer der Premier jetzt aus der eigenen Partei und vor allem dem politischen Gegner bekommt. Aber – längst sind wir mit Dawkins eine innige Partnerschaft eingegangen - , was einen nicht kaputt macht, macht einen nur stärker und so wächst der Premier Dawkins über sich hinaus und nimmt den Kampf auf, was ein Mehrfachfrontenkrieg bedeutet, den er an unserer Seite ficht, die wir bequem auf dem Sofa sitzen, ihm aber im Herzen beistehen.

 

Auf der gerade stattgefundenen Berlinale wurde im Wettbewerb ein Film aus dem Nordirlandkonflikt gezeigt: '71. Er versetzt uns unvermittelt in diese Zeit und auch SECRET STATE – gut zehn Jahre später - hat etwas vom Zauber des gestern, was besonders das Begleitpersonal in dieser Serie zeigt, über das man viel ausführlicher schreiben müßte, weil es gerade die Details sind, die SECRET STATE auszeichnen. So aber raten wir lieber: selber sehen.

 

INFO:

 

Politthriller SECRET STATE, 2 DVDs, Edel:Motions

nach dem Roman A Very British Coup von Chris Mullin, 1982, Drehbuchautor Robert Jones, Regisseur Ed Fraiman, Darsteller: Gabriel Byrne, Charles Dance, Rupert Graves, Ruth Negga