claude13Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Juli 2022, Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Warum lachen wir? Wann lachen wir im Kino? Grundsätzlich gibt es zwei divergente Motive: wir lachen, weil wir von der Komik überrascht werden oder wir lachen, weil wir wiedererkennen, was uns lachhaft war, ist und sein wird. Das funktioniert gewissermaßen immer. Denken Sie an Charly Chaplin, wo unser Hirn schon seinen nächsten Watschelgang und was mit dem Hindernis passiert, vorwegnimmt. Bei Monsieur Claude sind es eher die spießbürgerlichen Überzeugungen und ihre Verbalisierungen, die uns zum Lachen bringen, die auch ein Loriot aufgespießt oder ein Polt auf die Spitze treibt.

Und da muß man dem dritten Teil von MONSIEUR CLAUDE einfach attestieren, daß den Drehbuchschreibern Neues eingefallen ist, daß das Alte so ausbaut und ergänzt, daß es genug zu lachen gibt, wenn man, ja, wenn man gerne über das lacht, was man schon kennt. Auch wenn in Deutschland die Besucherzahlen nie die Höhe erreichten wie in Frankreich, wo MONSIEUR CLAUDE Kult ist und der erste Film 12, 3 Millionen Zuschauer ins Kino trieb, der zweite auch noch 6, 8 Millionen (im bevölkerungsreichen Deutschland ist mit 11.721.183 Besuchern DER SCHUH DES MANITU von 2001der meistbesuchte, aber doch eigentlich DAS WIRTSHAUS IM SPESSART mit 11.250 000 von 1958, wo die alte Bundesrepublik in etwa mit der französischen Bevölkerung gleich lag), und sicher der dritte nun auch noch 4 Millionen erreichen wird, was übrigens den Besucherzahlen des ersten Films in Deutschland entspricht, darf man guten Gewissens diesen Film empfehlen. Wir auf jeden Fall haben jede Menge gelacht, daß es einem immer wieder im Halse stecken bleibt, ist ja genau das Wesentliche.

Das Neue an der Geschichte ist die Ausweitung auf die Schwiegereltern. Ach so, Sie kennen die anderen Filme gar nicht. Kurzfassung: das sehr gut situierte Ehepaar in einer französischen Kleinstadt, echte Honoratioren, haben das Pech, daß ihre ausnehmend hübschen Töchter sich mit – pfui-deibel – Ausländern verheiratet haben, alle vier: schwarz, muslimisch, jüdisch, chinesisch. Nun feiert das Ehepaar Verneuils seinen 40. Hochzeitstag und das wird das Große Fest, zu dem auch die Schwiegereltern eingeladen sind. Schon die bisherigen Filme trauten sich was, wenn sie die engstirnigen, aber verbreiteten Vorurteile des Vaters in Wort und Tat auf die Leinwand brachten und unsere bundesdeutsche Wirklichkeit des Zuschweigens konterkarierten. Wenn Claude alles das aussprach, was sich bei uns eine Menge Leute nur denken, setzt der Film nun eins drauf, weil er am stärksten bei den afrikanischen Schwiegereltern auf dieselben rassistischen und bei anderen auf dieselben religiösen Vorurteile stößt wie sie hierzulande bestehen, aber seltener ausgesprochen werden als empfunden. Das ist wirklich echt komisch und deshalb auch emanzipatorisch, weil es das Vorurteil als das entlarvt, was es ist: vor Fremden Angst zu haben.

Nun hatten Monsieur und Madame zuvor auf ihrer Weltreise die jeweiligen Schwiegereltern eingeladen, der Besuch bei den chinesischen ist für mich der Höhepunkt des Films, bei dessen Erinnerung beim Aufschreiben ich auch jetzt sofort lachen muß. Die Verneuils sind zum Essen eingeladen. Sie kennen nicht die chinesische Schrift, die Adresse macht Probleme. Aber sie kommen an, finden die Überraschung der Schwiegereltern und die mangelnde Vorbereitung auf ihren Besuch seltsam, aber es pendelt sich alles ein, sie essen gemeinsam – nur stellt sich dann heraus, daß es gar nicht die Schwiegereltern waren, sondern Claude bei den falschen geklingelt hatte. Das nehmen die chinesischen Schwiegereltern bis heute übel und führt zu ihrem Urteil/Vorurteil: „Für Euch sehen wir alle gleich aus.“

Wie die nationalen, ja internationalen Vorurteile vom Senegal, Algerien, Israel und China sich gegenseitig um die Ohren gehauen wird, hat es in sich und ist ein Lach-Selbstläufer.

Doch dann hat der Film noch etwas parat. Unsere Vorurteilsstruktur ist ja nicht nur rassistisch, sie ist auf vieles anzuwenden, auch kulturell natürlich. Da kommt dann ein Rocker ins Spiel, vor allem aber ein Deutscher, ein Kunsthändler, der es auf Marie abgesehen hat. Echt komisch.


Foto:
©Verleih

Info:
Stab
Regie ....... Philippe de Chauveron
Drehbuch ....... Guy Laurent, Philippe de Chauveron

Darsteller
Claude Verneuil ....... Christian Clavier
Marie Verneuil ....... Chantal Lauby
David Benichou ....... Ary Abittan
Rachid Benassem ....... Medi Sadoun
Chao Ling ....... Frédéric Chau
Charles Koffi ....... Noom Diawara
Isabelle Verneuil-Benassem ....... Frédérique Bel
Ségolène Verneuil-Ling ....... Émilie Caen
Laure Verneuil-Koffi ....... Élodie Fontan

Komödie
Frankreich 2021
98 Minuten