TV-Premiere im Rahmen von SommerKino im Ersten am Dienstag, 9. August 2022
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eve Vernet (Catherine Frot) führt seit vielen Jahren eine traditionsreiche Gärtnerei für neue Rosenzüchtungen im französischen Burgund, in dem keine Schnittrosen, sondern nur Rosen in Töpfen verkauft werden. Sie ist von ihrem Vater, der bereits vor 15 Jahren gestorben ist, schon früh in die Rosenzüchtung eingearbeitet worden. Die nicht mehr ganz junge Frau bearbeitet beinahe allein die riesigen blühenden Rosenfelder und Gewächshäuser. Sie lebt ohne Familie nebenan in einem Landhaus, in dem sie unzählige Duftproben und Bücher über Rosensorten und -züchtungen besitzt.
Doch die goldenen Zeiten sind vorbei, denn vor acht Jahren hat sie zum letzten Mal die "Goldene Rose" für ihre Rosenschöpfung in Cremeweiß gewonnen. Bei den letzten sieben Malen war ihr Konkurrent Constantin Lamarzelle (Vincent Dedienne) - der neue Stern am Rosenhimmel - mit den neuen Sorten seiner internationalen Großzüchterei erfolgreich.
Daneben springen auch immer mehr alte Kunden ab und stornieren ihre Aufträge, aus diesem Grund steht Eve mit ihrer Rosenzucht kurz vor dem Bankrott. Da die Gärtnerei wieder mal Arbeitskräfte als Aushilfe braucht, hat ihre Sekretärin Vera (Olivia Côte), die schon mit Eves Vater zusammengearbeitet hat, über ein Resozialisierungsprogamm drei Aushilfen engagiert (denn da muss die Gärtnerei nur das Gehalt und nicht die Nebenkosten bezahlen).
Allerdings haben Fred (Melan Omerta), ein jungen Mann, der von seinen Eltern vernachlässigt wurde, Samir (Fatsah Bouyahmed), ein 50-jährigen Gewerkschafter, der sich endlich mal eine feste Stelle wünscht, und Nadège (Marie Petiot), die an übertriebener Schüchternheit leidet, von Rosenzüchtung und Gartenarbeit keine Ahnung, aber zumindest Fred kennt sich mit Einbruch und Diebstahl seit Jahren sehr gut aus. Eve ist nur genervt, da die neuen Mitarbeiter nichts richtig machen können, dazu kommt auch noch, dass Nadège durch eine Unachtsamkeit die Rosen eines ganzen Gewächshauses zerstört.
Da die Bank Eve im Nacken sitzt, entwickelt sie einen verwegenen Plan. Sie möchte eine neue Rosensorte züchten. Sie hat eine der Sorten in ihrer Gärtnerei, braucht aber noch eine Sorte namens "Lion", die es außer in Neuseeland nur noch in den Gewächshäusern ihres Konkurrenten Lamarzelle gibt.
Im alten VW von Vera gehen die vier auf "Bildungsurlaub", da Eve sich zusammen mit ihren drei Mitarbeitern einen Rosenstock der "Lion" vom Konkurrenten "ausleihen" will.
Als das funktioniert hat, zeigt Eve ihren Lehrlingen, wie man eine neue Rosensorte züchtet. Sie nimmt die Pollen ihrer eigene Sorte namens "Wichuraiana", kreuzt sie mit den Staubblättern der "Lion" und verschließt den Blütenkopf. Dann heißt es nur noch warten, ob die Zucht angeht und ob das Ergebnis wirklich eine nicht nur sagenhaft schöne, sondern auch wunderbar duftende Sorte mit festen Blättern und Blüten wird, die auch noch widerstandsfähig gegen Blattläuse und Wühlmäuse ist.
Doch da es noch einige Monate dauert bis sich das Ergebnis der Neuzüchtung zeigt, muss auf andere Art Geld verdient werden. Eve, Samir, Nadège und Fred beginnen die Rosenstöcke auf der Straße, in Hochhäusern, vor dem Fußballstadion oder auf dem Friedhof zu verkaufen und haben damit großen Erfolg. Mit all diesen Aktionen werden die neuen Mitarbeiter selbstbewusster und wachsen Eve ans Herz. Außerdem stellt sie fest, dass Fred einen hochsensiblen Geruchssinn hat, mit dem er die Zusätze der Rosen hervorragend unterscheiden kann.
Im April fangen die Pflanzen der Hybrid-Züchtung endlich an zu blühen. Doch wird Eves Kreuzung wirklich die einzigartige Rose hervorbringen, die sie sich wünscht, oder besteht immer noch die Gefahr, dass die Traditionsgärtnerei bankrott geht und sie an ihren Konkurrenten Constantin Lamarzelle verkaufen muss?
"Der Rosengarten von Madame Vernet" ist in mehrfacher Hinsicht eine typische französische Komödie, in der sozial Benachteiligte versuchen zusammen etwas zu verändern. Aber auch das Thema Rosen ist spezifisch französisch, denn die Züchtung von Rosen ist eine französische Spezialität, da von den etwa 40 Rosenzüchtern der Welt allein etwa 50% in Frankreich leben, von denen haben wiederum die meisten ihre Gärtnereien in der Region um Lyon.
Regisseur Pierre Pinaud, der auch zusammen mit Fadette Drouard das Drehbuch verfasst hat, hat eine zarte Gesellschaftskomödie gedreht, in der die wunderbaren Rosen in allen Farben und Veredlungen eine nicht unwichtige Rolle spielen.
Catherine Frot spielt eine Frau, die - nachdem ihr Vater vor 15 Jahren gestorben ist - wenig menschliche Beziehungen hat und ihr einsames Leben in ihrer Liebe zu den Rosen auslebt. In der Zusammenarbeit mit ihren drei Mitarbeitern aus dem Resozialisierungsprogramm muss sie lernen, sich mit ganz anderen Problemen und einer anderen sozialen Klasse auseinander zu setzten. Dies gibt nicht nur Eves Leben eine neue Richtung, sondern sie tritt auch endlich aus dem Schatten ihres Vaters und eröffnet sich damit neue Märkte für ihre Rosen in Töpfen.
Neben Catherine Frot ist vor allem der junge Rapper Melan Omerta zu nennen, der als Fred die Probleme und Verletzungen des jungen Mannes deutlich macht, der aber auch an seine besonderen Fähigkeiten nicht glauben will und der erst langsam lernt, welchen Möglichkeiten sich ihm plötzlich eröffnen und welchen Weg er auf die Dauer einschlagen kann.
Daneben spricht der Regisseur auch Themen an wie verfehlte Elternschaft und die Hoffnung der Kinder, dass sie doch noch anerkannt werden (bei Fred), die Schwierigkeit mit 50 Jahren noch einen dauerhaften Job zu finden (bei Samir) oder durch ihre Schüchternheit nicht einen Platz in einer von Effizienz, Leistung und Erfolg besessenen Gesellschaft zu finden (wie Samir und Nadège).
Natürlich werden auch die Probleme des Gartenbaus und der Rosenzüchtung nicht vergessen. Da sind zum Einen die kleinen Betriebe, die trotz ihrer handwerklichen Qualität unter dem Konkurrenzdruck mit den Großgärtnereien leiden, in denen die Rosen auf industrielle Weise hergestellt werden, und zum Anderen treten dadurch Probleme auf, dass sich der Geschmack der Kunden schnell ändert oder ein Unwetter (hier einem Hagelsturm) die Gewächshäuser und die Rosenstöcke zerstören kann und die Pflanzen nicht versichert werden können.
All diese Themen werden vom Regisseur in "Der Rosengarten von Madame Vernet" mit einigem Humor aufgegriffen. Dabei gelingen Pierre Pinaud neben dem großartigen Spiel der Darsteller mit Hilfe von Kameramann Guillaume Deffontaines wunderschöne Bilder von berauschender Farbenpracht. Letztendlich zeigt der Film, dass manchmal eine zufällige Begegnung die schönsten Rosen hervorbringt.
Insgesamt ist "Der Rosengarten von Madame Vernet" eine klassische französische Komödie, die den Schauspielern viel Freiraum gewährt. Es ist eine Tragikomödie über die fabelhafte Zufälligkeit des Lebens, die niemandem weh tut, die man sich aber sehr gut auch zu später Stunde im Fernsehen ansehen kann.
Foto 1: Madame Vernet (Catherine Frot) mit ihrem neuen Helfer-Trio: Nadège (Marie Petiot, l.), Samir (Fatsah Bouyahmed) und Fred (Melan Omerta, r.). © ARD Degeto / Neue Visionen Filmverleih
Foto 2: Madame Vernet (Catherine Frot) arbeitet an einer neuen Kreation. © ARD Degeto / Neue Visionen Filmverleih
Foto 3: Madame Vernet (Catherine Frot) arbeitet Nadège (Marie Petiot, r.) ein. © ARD Degeto / Neue Visionen Filmverleih
Info:
Der Rosengarten von Madame Vernet (Frankreich 2020)
Originaltitel: La Fine Fleur
Genre: Tragikomödie
Filmlänge: ca. 104 Minuten
Regie: Pierre Pinaud
Drehbuch: Pierre Pinaud, Fadette Drouard
Darsteller: Catherine Frot, Melan Omerta, Fatsah Bouyahmed, Olivia Côte, Marie Petiot, Vincent Dedienne u.a.
FSK: ab 6 Jahren
"Der Rosengarten von Madame Vernet" wird am Dienstag, 9. August 2022 um 22:50 Uhr im Rahmen von SommerKino im Ersten als TV-Premiere gezeigt und am Mittwoch, 10.08.2022 um 02:15 Uhr wiederholt. Nach der Ausstrahlung im Fernsehen ist der Film noch bis zum 8. September 2022 in der ARD Mediathek abrufbar.