Sehenswertes Alzheimer-Drama am Freitag, 12. August 2022 bei ZDF Neo
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Die 50jährige Dr. Alice Howland (Julianne Moore) arbeitet an der Columbia University in New York als Linguistin. Sie bemerkt, dass sie bei Vorträgen plötzlich Wörter vergisst oder beim Joggen auf einer Strecke, die sie täglich läuft, die Orientierung verliert. Sie befürchtet einen Gehirntumor und sucht deshalb einen Arzt auf. Die Untersuchung zeigt allerdings, dass sie an einer erblichen, schon früh einsetzenden und schnell voranschreitenden Form von Alzheimer leidet.
Dies schockt nicht nur sie und ihren Mann John (Alec Baldwin), sondern auch ihre Kinder. Die jüngste Tochter Lydia (Kristen Stewart), die als wenig erfolgreiche Schauspielerin in Los Angeles lebt, lehnt es ab, sich testen zu lassen. Bei den beiden älteren Kindern stellt sich heraus, dass die Tochter Anna (Kate Bosworth), die gerade mit Zwillingen schwanger ist, das Alzheimer-Gen geerbt hat, während der Sohn Tom (Hunter Parrish), der Medizin studiert, nicht betroffen ist.
Zunächst versucht Alice noch, ihre Krankheit zu verheimlichen und gibt weiterhin Unterricht an der Universität. Da sich Alices Gedächtniszustand allerdings rapide verschlechtert, wird sie gegen ihren Willen vom Unterricht freigestellt. Nach der Besichtigung eines Heimes für Demenzkranke nimmt sie ein Video auf ihrem Computer auf, in dem sie ihrem späteren Ich befiehlt, wenn sie nicht mehr in der Lage wäre, einfache Fragen zu beantworten, den kompletten Inhalt einer Dose Medikamente zu schlucken, der in einer Schublade ihres Zimmers aufbewahrt würde.
Alice wird von einem Arzt gebeten, eine Rede bei einer Veranstaltung für Alzheimer-Kranke zu halten. Durch die Anregung ihrer Tochter Lydia lässt sie ihre persönlichen Befindlichkeiten und Probleme in den Vortrag einfließen. Sie offenbart darin ihre Ängste, berichtet aber auch über Situationen, die sie am Leben festhalten lassen. Sie streicht dabei jeweils die Zeile an, die sie schon vorgelesen hat. Durch diesen Trick ist sie in der Lage, ihren Vortag zu halten, der ein voller Erfolg wird.
Alices Mann John, der als Arzt arbeitet, bekommt ein Jobangebot von außerhalb. Alice möchte aber nicht umziehen. Er lehnt das Angebot zuerst ab, wird es aber später annehmen und allein wegfahren. Da Alice nicht mehr allein im Haus bleiben kann, beschäftigt die Familie eine Haushälterin, die sich um sie kümmert. Beim Stöbern auf ihrem Computer stößt Alice auf die Botschaft ihres früheren Ichs, findet die Tabletten und versucht sie nach ihrer Anleitung in die Tat umzusetzen. Sie vergisst aber immer wieder einige der Schritte. Bevor sie jedoch die Tabletten im Bad schlucken kann, wird sie von ihrer Haushälterin überrascht und davon abgehalten.
Alices Zustand verschlechtert sich zusehends. Da Ehemann John seine Stelle außerhalb angetreten hat, ist es ausgerechnet Lydia, die von Los Angeles nach New York zieht und sich um ihre Mutter kümmern wird...
Der Film basiert auf der Romanvorlage Still Alice der US-amerikanische Neurowissenschaftlerin und Schriftstellerin Lisa Genova, den die Autorin zuerst 2007 im Selbstverlag veröffentlich hat. Hauptthemen sind der Umgang mit der Diagnose Alzheimer und die Veränderungen im Leben der Betroffenen und ihrer Familienangehörigen.
Regie führten Richard Glatzer & Wash Westmoreland nach ihrem eigenen Drehbuch. Richard Glatzer litt selbst an amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer schweren, fortschreitenden degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Sie behinderte ihn bereits während der Dreharbeiten so schwer, dass er nur noch über das Sprachprogramm auf seinem Computer kommunizieren konnte. Er starb am 10. März 2015 mit 63 Jahren in Los Angeles.
In diesem Film wird zwar eine Form von Alzheimer gezeigt, die extrem selten auftritt. In Deutschland leiden nur etwa 7000 Menschen an der von vererbbaren Gendefekten ausgehenden Form der Krankheit, die schon zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr ausbrechen kann. Trotzdem ist es ein sehr wichtiger Film, den man nicht so schnell vergisst. Er ist trotz des ernsten Themas ein wunderbarer Unterhaltungsfilm. Dies liegt besonders an der schauspielerischen Leistung von Julianne Moore, die den Verfall von Alices Persönlichkeit sehr eindrucksvoll verkörpert. Neben Moore zeigt vor allem Kristen Stewart als jüngere Tochter Lydia, dass sie als ernsthafte Schauspielerin akzeptiert werden will und muss.
Julianne Moore hat für die Darstellung der Alice 2015 zu Recht den Oscar als beste Hauptdarstellerin gewonnen. Zusätzlich wurde sie unter Anderem bei den British Academy Film Awards, den Golden Globes, den Screen Actors Guild Awards ausgezeichnet.
Insgesamt mag "Still Alice - Mein Leben ohne Gestern" konventionell inszeniert worden sein, aber der Film zeigt das Problem einer Alzheimer-Erkrankung in der richtigen Dosierung von Tragödie und leichtem Humor auf. Deshalb sollte man sich den Film auch unbedingt im Fernsehen ansehen.
Foto 1: Die Sprachwissenschaftlerin Alice Howland (Julianne Moore) ist an einer besonders schweren Form von Alzheimer erkrankt. © ZDF / JoJo Whilden
Foto 2: Alice (Julianne Moore) hält in Anwesenheit ihres Sohnes Tom (Hunter Parrish) einen Vortrag vor der Alzheimer-Gesellschaft ihrer Stadt. © ZDF / JoJo Whilden
Foto 3: Alices Töchter Lydia (Kristen Stewart, r.) und Anna (Kate Bosworth, l.) gehen unterschiedlich mit der Krankheit ihrer Mutter um. © ZDF / JoJo Whilden
Info
Still Alice - Mein Leben ohne Gestern (USA 2014)
Originaltitel: Still Alice
Genre: Drama, Alzheimer-Erkrankung
Filmlänge: ca.100 Min.
Regie: Richard Glatzer & Wash Westmoreland
Drehbuch: Richard Glatzer & Wash Westmoreland nach dem gleichnamigen Roman von Lisa Genova
Darsteller: Julianne Moore, Kristen Stewart, Alec Baldwin, Kate Bosworth, Hunter Parrish u.a.
FSK: ab 0 Jahren
Der Film wird am Freitag, 12.08.2022 um 20:15 Uhr bei ZDF Neo gezeigt.