Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zwar war die Regisseurin Carla Simón angekündigt, aber als sie eine sehr interessante Ansprache von der Leinwand aus an die Premierengäste richtete und zudem von ihrem einmonatigen Baby sprach, waren alle zufrieden. Das war vor dem Film. Nach dem Film waren die Zuschauer und Zuschauerinnen einfach glücklich.
Dieser Film, der selbst voller Gefühle ist, läßt auch beim Zusehen die Emotionen purzeln. Die beiden Hauptdarsteller, Jordi Pujol Dolcet verkörpert den Ehemann Quimet, Anna Otín seine Frau Dolors, die nach Frankfurt gekommen waren, wurden zu Beginn vorgestellt, das Gespräch mit ihnen fand aber erst nach dem Film statt. Aber die Regisseurin begrüßte vorher und sprach über die Besonderheiten dieses Films, bei denen die Besetzung sicher das größte Wunder ist. Denn Carla Simón suchte lange nach einer Familie, die diese untergehende Welt repräsentieren könnte. Aber sie fand keine, sondern suchte dann nach den einzelnen Personen, ein regelrechtes Casting auf dem Lande, wobei diese Großfamilie aus vielen Mitgliedern besteht. Das Wunder liegt im Zusammenspiel dieser einzelnen, von denen man wetten möchte, daß sie eine wirkliche Familie seien. Sicher hat die lange Zeit, die die Regisseurin erst einmal den Mitspielern gab, sich kennenzulernen, ihren Anteil an der Selbstverständlichkeit, wie die einzelnen in ihren jeweiligen Familienrollen agieren und Intimität spüren lassen.
Carla Simón hatte zuvor von ihrer eigenen Familie gesprochen, die ebenfalls eine Obstplantage in Spanien bewirtschaftet, sie kennt die Gegend im Nordosten Spaniens und die Probleme, die durch die Industrialisierung in weiten Teilen eingetreten sind. Diese gesellschaftlichen Probleme sind die eine Seite, die andere die sehr komplexe menschliche Familienebene. DIE LETZTE ERNTE findet in einer weiten Landschaft ab, die gelbbraunen Boden hat, der die Pfirsichbäume gut hält und ihnen herrlich Früchte garantiert. Das wird in der Nachbesprechung eine Rolle spielen, denn die beiden Schauspieler berichten von ihren, ganz ähnlichen Erfahrungen, von der Lust und der Last der Arbeit in einer Obstplantage.
Der Zuschauer bekommt nur dessen ansehnlichen Teil mit, denn die reifen Früchte in den grünen Bäumen sehen einfach herrlich aus und die großen Kisten füllen sich schnell, weil alle mithelfen, alle Familienmitglieder auch und die helfenden Arbeiter, die der Vater frühmorgens bei den Arbeitssuchenden auswählt. Starke junge Männer. Die Zuschauer fragen, die beiden antworten, das alles auf Spanisch/Katalanisch, was übersetzt wird.
Alle arbeiten, aber den Hauptteil leisten die Männer, aber die Frau habe die eigentliche Macht, erzählen beide. Nach dem Ansehen des Films kann man das nachfühlen, denn die Familienstrukturen, in denen den Müttern immer die dominierende Rolle zukommt, weiten sich bei einer Arbeit wie in der Pfirsichplantage auf diese aus, da ja auch die ganze Familie beim Pflücken hilft.
Die Schauspieler haben auf Fragen der Zuschauer geantwortet, dass sich auf dem Land in den Familien der landwirtschaftliche Betrieb ( Aprikosenplantage) nicht vom Familienleben trennen lässt und genau so wie im Film auch das Familienleben sich abspielt. Das war für sie einfach darzustellen, weil alle Schauspieler denselben Hintergrund haben, auf dem Land in diesen Strukturen aufgewachsen und/oder beruflich dort eingebunden sind.
Was Ihnen am schwersten gefallen sei bei der Filmarbeit, war eine der Frage. Für Jordi Pujol Dolcet, den Vater Quimet, war es eindeutig das Weinen; für Anna Otín war es die Drehbuchanweisung, dem Vater eine Ohrfeige zu geben.
Ob sich ihr Leben verändert habe, war auch fragenswert und ob sie eine Schauspielkarriere anstrebten. Wenn Hollywood vor der Türe stehe, was aber nicht anzunehmen ist, nein, sie gehen nicht davon aus. Für die Kinder sei das etwas anderes, insbesondere Iris möchte Schauspielerin werden.
Mit großem Beifall wurden die beiden und ihr Übersetzer nach eineinhalb Stunden Gespräch verabschiedet. Der wirklich schöne Film läuft seit Donnerstag in den Kinos und natürlich auch im Cinema!
Fotos:
©Redaktion
Info:
ALCARRÀS
von Carla Simón, E 2022, 120 Min.
mit Josep Abad, Jordi Pujol Dolcet, Anna Otín
Drama / Start: 11.08.2022
Die Premiere fand statt am Montag, 8. August 2022.
©Redaktion
Info:
ALCARRÀS
von Carla Simón, E 2022, 120 Min.
mit Josep Abad, Jordi Pujol Dolcet, Anna Otín
Drama / Start: 11.08.2022
Die Premiere fand statt am Montag, 8. August 2022.