wetterSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. August 2022, Teil 2

Claus Wecker

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Am Anfang stand eine Frage, die sich der polnischen Regisseurs Stanislaw Mucha und seine Co-Autorin Dorothea Braun stellten: Wie lebt ein Meteorologe in einer Wetterstation in der russischen Arktis, weitab der Zivilisation? Doch diesen Meteorologe machte die Einsamkeit zu einem alkoholabhängigen Wrack. Er musste abgelöst werden. Als die Dreharbeiten begannen, lebten drei Menschen in der Station: der Leiter Wladimir und die verheirateten Meteorologen Sascha und Alexander. Nebenan wohnte Wassili in einem stillgelegten Leuchtturm.

So ist aus dem Porträt eines Solitärs ein Kammerspiel mit vier Personen und einem Hund geworden. Der Hund Jack sollte vor Eisbären warnen, die auf noch vorhandenen Eisschollen an Land getragen werden und mit ihrem Hunger den Menschen sehr gefährlich werden können. Jack ist am Ende des Films verschwunden.

Mehrere Male reiste man nach Russland, um dort die jährlich wiederkehrenden Ereignisse zu dokumentieren. Kameramann Marcus Winterbauer hat die Stimmung der Jahreszeiten in beeindruckenden Bildern eingefangen, den vereisten Winter und den trostlos grauen Sommer. Und Regisseur Mucha hat die Berichte von Vorkommnissen in seiner Abwesenheit in den Film eingearbeitet.

Alle vier Protagonisten belasten unglückliche Lebensgeschichten, von denen Mucha aus dem Off berichtet. Der Chef Wladimir ist nach Frauengeschichten und dem rätselhaften Todesfall einer schwangeren Mitarbeiterin auf die Wetterstation abgeschoben worden. Von ihm behauptet Mucha, dass er sich mit Wolken auskenne und nach ihrem Aussehen das kommende Wetter bestimmen könne. Wolken seien wie Frauen, wenn sie sich verziehen, könne es doch noch schön werden.

Als Wladimir mit Sascha allein auf der Station geblieben ist, soll er sich ihr gewaltsam genähert haben. Danach verlässt er die Station, kehrt aber wieder mit dem Versorgungsschiff zurück. Mucha erzählt von einem Gespräch mit Wladimir und dessen Aussage, Sacha habe ihre Version und er seine. Auf die Frage, wie es weitergehen solle, sei seine Entgegnung gewesen: »Kann ein Urlaub zu dritt gut ausgehen?« Das ist alles, was wir über den Vorfall erfahren.

Sascha hat das schockierende Ende ihrer ersten Ehe zu verkraften: Ihr hochverschuldeter Mann erhängte sich vor ihren Augen und denen des gemeinsamen Kindes. Danach hat sie Alexander, der eine Ausbildung in Sibirien überstanden hat, geheiratet.

Nachbar Wassili war jahrelang Funker auf einem sowjetischen Atom-U-Boot. Nach einer Krebsdiagnose hat er seiner Familie den Rücken gekehrt und ist an die Stätte seiner Kindheit zurückgekommen. Hier hat er mit seinem Vater, dem Leuchtturmwärter, und seiner Mutter, auch sie eine Meteorologin, seine Kindheit verbracht. Hier soll sich der Kreis schließen.

Die sehnlich erwarteten Männer vom Versorgungsschiff bringen Vorräte für ein Jahr, nehmen aber die leeren, in einer eindrucksvollen Reihe dahinrostenden Ölfässer nicht wieder mit. Sonst kommen nur ein paar Ninzen auf ihren Schlitten zu Besuch. Diese letzten Angehörigen eines indigenen, arktischen Nomadenvolkes sind mobile Metzger für die Meteorologen. Wir sehen sie zusammen mit Sascha ein geschlachtetes Tier ausnehmen.

Der schon viele Jahre in Deutschland lebende Pole Stanislaw Mucha ist durch skurrilen Filme, wie etwa »Absolut Warhola« über die slowakischen Verwandten von Andy Warhol, bekannt geworden. Diesmal beschränkt sich seine Ironie auf den Titel des Films. Weder Wassili noch Sascha oder Alexander »machen das Wetter«, ja, es wird noch nicht einmal klar, ob ihre altertümlich anmutende Arbeitsweise tatsächlich für die Wettervorhersage von Nutzen ist. Aber gerade Muchas Ernsthaftigkeit macht seinen neuen Film empfehlenswert, auch wenn es um das Ansehen Russlands derzeit nicht gut bestellt ist.

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Info:
WETTERMACHER
von Stanislaw Mucha, D 2019, 92 Min.
Dokumentarfilm / Start: 18.08.2022