air conditioner webFilmfestival vom 22. bis 30. September in Frankfurt am Main

Katharina Klein

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die 28. Ausgabe von Africa Alive präsentiert vom 22. bis 30. September das Filmschaffen des afrikanischen Kontinents mit Dokumentar-, Spiel- und Kurzfilmen. Das Festival findet auch dieses Jahr in etwas reduzierter Form im September statt, bevor es 2023 wieder regulär im Februar über die Bühne geht. Neben den Filmen im Kino des DFF und im Filmforum Höchst gibt es ein Konzert und ein Kinderfest.


Ein thematischer Schwerpunkt in diesem Jahr ist der 60. Jahrestag der Unabhängigkeit Algeriens, hinzu kommen Filme über Unabhängigkeitsbewegungen in weiteren afrikanischen Ländern wie Tansania und Angola. In den vergangenen Jahren haben sich in vielen Ländern Afrikas Künstler:innenkollektive herausgebildet, auch sie haben im Festivalprogramm Platz gefunden, ebenso wie einige aktuelle Produktionen, unter anderem aus Tunesien, Dschibuti und dem Tschad.


Themenschwerpunkt Algeriens Unabhängigkeit

Thematischer Schwerpunkt in diesem Jahr ist der 60. Jahrestag der Unabhängigkeit Algeriens. Zu sehen ist der restaurierte Klassiker CHRONIQUE DES ANNÉES DE BRAISE von Mohammed Lakhdar-Hamina, Gewinner der Goldenen Palme in Cannes 1975. Der Film macht deutlich, dass der Widerstand schon lange vor dem 1. November 1954, dem offiziellen Beginn des Algerienkrieges, begonnen hat. Ein verarmter Bauer zieht in die Stadt und wird dort mit dem Elend und der kolonialen Ungerechtigkeit konfrontiert.

Ein weiterer Klassiker, Assia Djebas Dokumentarfilm LA ZERDA ET LES CHANTS DE L‘OUBLI, kompiliert frühe französische Wochenschauen aus Algerien mit vorgetragenen Sprechgesängen und experimenteller Musik zu einem Abgesang auf die koloniale Gewalt.

Der erste Spielfilm des algerischen Regisseurs Djaffar Gacem, HELIOPOLIS, beruht auf wahren Begebenheiten. Anhand eines Konfliktes zwischen Vater und Sohn bezüglich der französischen Kolonialherrschaft zeigt der Film die Hintergründe, die zu der Demonstration vom 8. Mai 1945 führten. In Algerien ist der Siegestag der Alliierten der Tag der Massaker von Sétif, Guelma und Kherrata.

In dem Dokumentarfilm LEUR ALGÉRIE widmet sich Lina Soualem ihren Großeltern, die als junges Ehepaar von Algerien nach Frankreich emigriert sind, aber nie über Ihre Vergangenheit und die schmerzhaften Erinnerungen gesprochen haben.

Weitere Filme behandeln die Unabhängigkeitsbewegungen des afrikanischen Kontinents. Der Eröffnungsfilm VUTA N’KUVUTE thematisiert den Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft auf der Insel Sansibar anhand einer verbotenen Liebesgeschichte zwischen einer Inderin, die vor ihrem Mann davongelaufen ist, und einem jungen Revolutionär. Regisseur Amil Shivjiist ist zu Gast.

Der Befreiungskampf in Angola wird in zwei Filmen aufgegriffen. Der Dokumentarfilm INDEPENDÊNCIA des Filmkollektives Geração 80 porträtiert 40 Jahre nach der Unabhängigkeit die Generation, die an der Spitze des Kampfes stand, sowie dessen wichtigste Stationen und internen Konflikte.

Der neurestaurierte Klassiker SAMBIZANGA von Sarah Maldoror beschreibt die Anfänge der Unabhängigkeitsbewegung in Angola um 1960. Eine Frau, deren Mann für seine revolutionären Aktivitäten ins Gefängnis geworfen wurde, bekommt die Unterdrückung durch die portugiesische Kolonialmacht zu spüren.


Schwerpunkt Filmkollektive

In den vergangenen Jahren haben sich in vielen Ländern Afrikas Künstler:innenkollektive herausgebildet, die sich nicht nur dem Film, sondern auch anderen künstlerischen Ausdrucksformen wie Musik, Videoclips, Mode und Fotografie widmen. Sie organisieren sich jenseits etablierter Strukturen und wirken kunstübergreifend auf die Realität im sozialen und öffentlichen Raum ein.

Geração 80, ein Regiekollektiv von Kreativen aus Angola, die für eine neue innovative Generation stehen, wird von dem Regisseur Fradique repräsentiert, der zwei Filme persönlich vorstellt: Neben dem Dokumentarfilm INDEPENDÊNCIA wird der Spielfilm AIR CONDITIONER über die Stadt und das Leben nach dem Bürgerkrieg gezeigt. An einem besonders heißen Tag fallen auf mysteriöse Weise Klimaanlagen in der angolanischen Hauptstadt Luanda von den Gebäuden. Ein Wachmann steht vor der Herausforderung, seinem Chef innerhalb eines Tages eine neue zu besorgen.

Yes! That’s Us, ein Filmkollektiv aus Uganda, ist mit dem Film ABAABI BA BODA BODA vertreten, einen Film im Geiste Vittorio de Sicas LADRI DI BICICLETTE (1948). In Uganda sind es die Motorradtaxis, Boda Bodas genannt, die den Leuten ihre Existenz sichern.

Von The Nest Collective aus Kenia, einer multidisziplinären Gruppe, die sich 2012 in Nairobi zusammengetan hat, ist die vielfach prämierte queere Anthologie STORIES OF OUR LIVES zu sehen.

Das nigerianische Kollektiv Surreal16 setzt sich mit künstlerisch orientierten Filmen von der vorherrschenden Nollywood-Ästhetik und den -Produktionspraktiken ab. JUJU STORIES erzählt in drei Geschichten von drei Regisseuren von der religiösen Praktik ‚Juju‘ im zeitgenössischen Lagos.


Aktuelle Filme im Programm

In LINGUI erzählt Mahamat-Saleh Haroun von der alleinerziehenden Amina, deren 15-jährige Tochter schwanger wird und abtreiben möchte, in einem Land das die Abtreibung nicht nur aus religiösen Gründen verurteilt, sondern auch per Gesetz.

UNE HISTOIRE D’AMOUR ET DE DÉSIR erzählt von Ahmed, einem Franzosen algerischer Herkunft, der bei seinem Studium an der Sorbonne die Sinnlichkeit der arabischen Literatur entdeckt und sich in eine junge Tunesierin voller Energie verliebt.

Guled und Nasra verbindet in THE GRAVEDIGGER‘S WIFE eine starke Liebe. Sie leben mit ihrem Sohn am Rande der Hauptstadt von Dschibuti. Guled arbeitet bereits hart als Totengräber, damit die Familie über die Runden kommt. Doch Nasra benötigt dringend eine teure Operation.

 

Donnerstag  22.09.2022

18:00 Uhr

HANDSWORTH SONGS

Vereinigtes Königreich 1986. Black Audio Film Collective. 58 Min. Digital. OF
Original version
Filmreihe: 28. Africa Alive

HANDSWORTH SONGS ist eines der Hauptwerke des Black Audio Film Collective, das bis heute zu den einflussreichsten Kunstbewegungen des Vereinigten Königreichs zählt. Der dokumentarische Essay verbindet formale Ansätze der Avantgarde mit einer antikolonialistischen und antirassistischen Analyse von Gegenwart und Geschichte, Politik und Stadtraum sowie einer Erkundung des Lebens Schwarzer Menschen in Großbritannien. Mit Produktionsgeldern des Channel 4 nahm das BAFC in HANDSWORTH SONGS soziale Proteste und Unruhen in mehreren britischen Städten in den 1980er Jahren zum Anlass, anhand von Nachrichtenclips und Archivmaterialien verschiedene Facetten der diasporischen Erfahrung und rassistischer Kontinuitäten zu erkunden, gleichzeitig aber über neue Formen der Geschichtsschreibung und Identität nachzudenken.


20:15 Uhr

VUTA N’KUVUTE (TAG OF WAR)

Tug of War
Tansania/Südafrika/Deutschland/Katar 2021. R: Amil Shivji. D: Siti Amina, Gudrun Columbus Mwanyika, Ikhlas Gafur Vora. 93 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Zu Gast: Amil Shivji
Filmreihe: 28. Africa Alive

Die britische Kolonialherrschaft auf Sansibar neigt sich seit den 1950ern dem Ende zu. Der Widerstand er Bevölkerung gegen die Segregation und das Streben nach Unabhängigkeit sind nicht aufzuhalten. Der Regisseur Amil Shivji, dessen eigene Familiengeschichte eng mit Sansibar verwoben ist, erzählt in VUTA N’KUVUTE von dieser politischen Zeitenwende entlang einer komplexen Liebesgeschichte. Der Freiheitskämpfer Denge und die indisch-sansibarische Yasmin streben beide nach Freiheit von Unterdrückung und Fremdbestimmung. Nach dem gleichnamigen Roman von Shafi Adam Shafi.

Über weitere Filme berichten wir noch. 

Foto:
Air conditioner
©dff.de

Info:
Alle Programminformationen finden Sie auf africa-alive-festival.de/
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